Immer mehr gefälschte Autoteile werden aus dem Verkehr gezogen, berichten deutsche Autobauer. Volkswagen beziffert den Wert der 2021 bei Razzien und Zollfällen beschlagnahmten Teile für die Marken Volkswagen Pkw und VW Nutzfahrzeuge auf etwa 14 Millionen Euro. 2020 waren es noch rund acht Millionen Euro, wie eine Sprecherin mitteilte. Im Jahr 2021 seien weltweit etwa 100 Razzien durch VW initiiert worden.
Auch bei anderen Herstellern wächst das Problem. Wenn die Markenschützerin Lita Silje Jänisch von ihrer Arbeit bei Mercedes-Benz erzählt, klingt sie wie eine Kriminalpolizistin. Sie spricht von Razzien, versteckten Produktionsstätten und organisierter Kriminalität. Von Fälschernetzwerken, Hintermännern und Beschlagnahmungen.
Die Volljuristin versucht, gefälschte Mercedes-Teile aufzuspüren und aus dem Verkehr zu ziehen. „Von Produktfälschungen geht ein erhebliches Risiko für die Kundinnen und Kunden aus“, sagt Jänisch und zählt Beispiele auf: Bremsteile mit minderwertigen Bestandteilen und längeren Bremswegen. Bremsbeläge mit giftigen Stoffen wie Blei und Arsen. Windschutzscheiben aus einfachem Fensterglas. Luftfilter, die nicht aus flammenhemmenden Material bestehen. Die Liste ist lang
Insgesamt 1,86 Millionen Produktfälschungen von Mercedes-Benz-Autoteilen seien im vergangenen Jahr in über 650 Razzien von Zoll- und Strafverfolgungsbehörden beschlagnahmt worden. Das entspreche einem Plus von sechs Prozent im Vergleich zu 2020.
„Es gibt fast nichts, was es nicht gibt“, sagt Markenschützerin Jänisch. Von Alufelgen über Airbags und Scheinwerfer bis hin zu Bremsteilen, Filtern oder Zündkerzen.
Produktfälschungen: Minderwertige Bauteile gefährden Verkehrsteilnehmer
Auch Prüfingenieur Thomas Schuster von der Überwachungsorganisation KÜS berichtet von einem steigenden Trend. Teils seien minderwertige Bauteile im Umlauf, die andere Verkehrsteilnehmer gefährden könnten. Andererseits gehe es auch um das Kopieren von Markenbauteilen, wie dem Mercedes-Stern, ohne Auswirkungen auf die Sicherheit – aber mit wirtschaftlichem Schaden für die Hersteller.
Ob nun mehr potenziell gefährliche Teile in den Autos verbaut werden und damit auch auf deutschen Straßen unterwegs sind, ist nicht so einfach zu ergründen. Zahlen liegen weder dem Bundeskriminalamt noch dem Kraftfahrt-Bundesamt vor. Es gebe dafür aber etliche rechtliche Hürden, sagt der Leiter der Technischen Prüfstelle für den Kfz-Verkehr in Bayern beim TÜV Süd, Philip Puls.
Die hohen Zahlen, von denen die Autobauer berichteten, deuteten eher darauf hin, dass schon vor der Montage mehr Fälschungen auffielen. „Wer viel kontrolliert, findet viel.“ Bei den Hauptuntersuchungen würden gefälschte Teile zudem schnell erkannt. Originalteile oder genehmigte Nachbauten seien mit entsprechenden Prüfnummern versehen.
KÜS-Prüfingenieur Schuster gibt jedoch zu bedenken, Hauptuntersuchungen seien montage- und zerlegungsfreie Untersuchungen. „Teile wie Luftfilter, Zündkerzen oder Bremsbeläge sind so verbaut, dass wir Fälschungen nicht ausmachen können.“ Gut erkennbar seien hingegen unzulässige Bauteile bei der Lichttechnik, den Rädern oder im Tuningbereich. Besonders anfällig für Fälschungen seien Felgen und Lichter. Gerade bei gefälschten Leuchten sei gefährlich, dass sie andere Autofahrer blenden könnten.
Dass versucht werde, nicht genehmigte Räder in Umlauf zu bringen, sei ein üblicher Fall, bestätigt auch TÜV-Mann Puls. „Da beschädigt man das Rad vielleicht am Bordstein und ist versucht, ein günstigeres Ersatzteil zu finden, verglichen mit dem Preis des Originalersatzteils.“ Gerade bei Rädern sei das aber sehr gefährlich. „Es gibt nur ganz oder kaputt.“ Ein Gewaltbruch bei höheren Geschwindigkeiten sei nicht mehr einzufangen.
Wer sparen will, sollte nur genehmigte Dritthersteller-Ersatzteile kaufen
Wer sich selbst um ein Ersatzteil für sein Auto kümmern und nicht versehentlich eine minderwertige Fälschung kaufen will, sollte aus Sicht der Experten vor allem einen Punkt beachten: „Dem Verbraucher sollte bewusst sein, dass bei größeren Preisunterschieden zu den Originalteilen etwas nicht stimmen kann“, sagt Schuster. Wer dennoch sparen wolle, ergänzt Puls, solle auf genehmigte Zubehörteile zurückgreifen.
Die Branche arbeitet intensiv daran, Produktfälschungen zu bekämpfen. Der Volkswagen-Konzern habe die Zusammenarbeit mit Behörden im In- und Ausland verstärkt, teilte eine Sprecherin mit. Mercedes-Markenschützerin Jänisch und ihr Team sammeln Hinweise, arbeiten mit den Zoll- und Strafverfolgungsbehörden zusammen, durchforsten Online-Marktplätze und unterstützen auch die Ermittlungsbehörden bei der Vorbereitung von Razzien.
Konkrete Zahlen veröffentlicht der Sportwagenbauer Porsche nicht. Doch auch Porsche gehe systematisch gegen Marken- und Produktfälschungen vor, teilte ein Sprecher mit. Online habe Porsche große Plattformen wie Ebay, Amazon und die Plattformen der Alibaba-Gruppe im Fokus. Offline setze Porsche insbesondere in China auf Razzien vor Ort und arbeite mit den Zollbehörden zusammen.
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