
Friedrichshafen Der Autozulieferer ZF Friedrichshafen lässt sich von der Staatsschulden-Krise und der schwächelnden Konjunktur nicht schrecken. Nach zwei Jahren mit Rekordumsätzen steuert ZF mit Vollgas auf die nächste Bestmarke von rund 16,5 Milliarden Euro Umsatz im kommenden Jahr zu, wie der im Frühjahr ausscheidende Vorstandschef Hans-Georg Härter am Donnerstag in Stuttgart sagte.
„Unser Wachstum ist durch Aufträge weitestgehend hinterlegt“, sagte der Manager von Deutschlands Branchendrittem inter Bosch und Continental. Die Auftragslage sei vor allem bei Automatikgetrieben gut, die eigenen Lieferanten hätten sich stabilisiert, zudem seien die Einkaufskosten für viele Rohstoffe gesunken. Die Mitarbeiterzahl werde auch 2012 weiter wachsen, rund 4500 neue Stellen will ZF weltweit schaffen. „Für den Fall, dass es zu einem freien Fall der Konjunktur kommen sollte, haben wir ausreichend Kreditlinien“, sagte Härter. Der im Besitz der Zeppelin-Stiftung befindliche Konzern ZF mit mehr als 72.000 Beschäftigten werde keinesfalls in die Abhängigkeit von Banken geraten und die geplanten Investitionen von 1,4 Milliarden Euro stemmen können. „Das wird uns strapazieren, aber nicht überstrapazieren“, sagte der Vorstandschef.
Zwei Jahre nach der durch den Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers ausgelösten Krise der Weltwirtschaft strotzt ZF vor Selbstbewusstsein: „Ich kenne kein Unternehmen in unserer Branche, dass ein größeres Wachstum als wir aufweisen kann“, zog Härter vorläufig Bilanz unter das Geschäftsjahr 2011. Der Umsatz werde am Jahresende voraussichtlich mit 15,5 Milliarden Euro 20 Prozent höher ausfallen als 2010. Auch beim Ergebnis sei daher 2011 mit einem „deutlichen“ Anstieg zu rechnen, sagte Härter. 2010 verbuchte ZF mit 443 Millionen Euro den zweitgrößten Nachsteuergewinn in der fast 100-jährigen Firmengeschichte.
Vor allem die Erholung des nordamerikanischen Automarkts kam ZF im zu Ende gehenden Jahr zupass, dort kletterten die Erlöse um mehr als 40 Prozent. In Asien habe ZF hingegen 2011 mit einem Umsatzplus von nur zehn Prozent eine „Wachstumspause“ eingelegt, sagte der ZF-Chef. In den nächsten drei Jahre werde ZF jedoch in China, Indien und anderen asiatischen Märkten dank neuer Aufträge für Pkw- und Lkw-Komponenten punkten und schneller als die Märkte wachsen. Damit könne 2012 der erwartete Einbruch der Nutzfahrzeug-Produktion in Europa um bis zu zehn Prozent ausgebügelt werden.
Nach zweijähriger Durststrecke werde auch der von der Lehman-Pleite gebeutelte Windkraft-Markt wieder auf Touren kommen, gab sich Härter überzeugt. Mit der Übernahme des belgischen Getriebeherstellers Hansen für rund 500 Millionen Euro bediene ZF nun sieben der zehn größten Windkrafthersteller weltweit. Nach dem größten Zukauf der vergangenen zehn Jahre ist der finanzielle Spielraum des Stiftungsunternehmens nun erst einmal ausgereizt. Die Fertigung von Windkraft-Getrieben mit „automobiler Präzision“ zahle sich bei den Kunden aus, sagte der ZF-Chef. Größter Kunde ist Vestas aus Dänemark.