Badezimmer Aus der Dusche werden wahre Wellness-Tempel

Im Badezimmer hält der Luxus Einzug. Daran verdienen auch deutsche Hersteller - mit gradliniger Eleganz für Europa und barocken Gold-Armaturen für Asien.

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Kleine Nasszellen sind out. Wer es sich leisten kann, macht sein Badezimmer zur Wellness-Oase. Quelle: Presse

Das kupferne Rohr führt die Wand entlang, macht eine korrekte 90-Grad-Kurve davon weg und mündet ein kleines Stück weiter unten in einen ebenfalls kupfernen Trichter. Das Gebilde aus Rohren, Muffen und Trichtern erinnert an feine Mechanik, an polierte Leitungen, an Industrie-Maschinen aus dem vergangenen Jahrhundert. Es ist aber nichts anderes als eine Dusche.

Die Dusche von morgen, wenn man das vom Armaturen-Hersteller Hansgrohe beauftragte Desgin-Trio Front fragt. Mit der verwinkelten Konstruktion der Kupferrohre machen die Designer das sichtbar, was sich normalerweise hinter weiß gekachelten Wänden versteckt. Die Wände des Badezimmers werden so aufgebrochen, neue Materialien, Farben, Technik halten Einzug.

Im Badezimmer ist der Luxus angekommen: Das Bad erlebt eine Wandlung, von der „Nasszelle“ zum „Wellness-Tempel“. Hotels mit Design-Badezimmern und immer üppiger ausfallenden Spa-Anlagen machen es vor, und auch in den eigenen vier verfliesten Wänden halten freistehende Badewannen, Regenduschen und Designer-Armaturen vermehrt Einzug – und das nicht nur im wohlhabenden Westen, sondern auch in aufstrebenden Schwellenländern. Davon profitieren auch die deutschen Hersteller.

So sehen die neuen Luxusbäder aus
Stimmungsvolles Licht und ein Wasserfall von oben: Die luxuriöse Dusche des Herstellers Grohe eignet sich auch für ältere Menschen - der Zugang ist ebenerdig und es gibt eine Sitzbank. Die klaren Glastüren lassen extra viel Licht hinein. Quelle: PR
Bei Burgbad bilden Badewanne und Waschtisch eine Insel mitten im Raum - bei Küchen hat sich dieser Trend bereits durchgesetzt. Quelle: PR
Villeroy und Boch setzt auf gerade Formen und schlichte Eleganz. Auch hier wird klares Glas verwendet, das lässt die Dusche besonders in kleinen Bädern nicht so wuchtig wirken. Der Einstieg ist barrierefrei. Quelle: PR
Natürliche Materialien wie Naturstein und Holz werden im Bad immer beliebter. Mit diesem Foto wirbt der Schweizer Hersteller Geberit. Hier fühlt man sich wie im Wellness-Bereich eines exklusiven Spas. Quelle: PR
Der Hersteller Dornbracht setzt auf Armaturen in Roségold- und Kupfer-Tönen. Quelle: PR
Lampe und Dusche in einem: Dieses Modell hat das japanische Designstudio Nendo für Hansgrohe entwickelt. Quelle: PR
Das schwedische Designertrio Front entwarf für Hansgrohe einen Duschkopf in der Optik eines Trichters - wie an einer Gießkanne. Quelle: PR

Bad-Branche im Aufwind

„Die Branche genießt international einen guten Ruf“, sagt Jens Wischmann vom Verband der Sanitärindustrie (VDS). Seit vier Jahren wächst der Umsatz der Branche, im vergangenen Jahr laut Schätzungen des Wirtschaftsforschungsinstitut ifo um 1,9 Prozent. Beim Exportgeschäft legte die Branche sogar um 2,8 Prozent zu. Rund 3,7 Milliarden Euro erwirtschaften die Hersteller durch den Export, sagt Wischmann. Burgbad, Dornbracht, Villeroy&Boch oder Grohe heißen die Marken, die sich in Edelhotels in Deutschland und auf der ganzen Welt wiederfinden.

Unternehmen wie Hansgrohe aus dem Schwarzwald und Duravit machen mittlerweile 80 Prozent ihres Umsatzes im Ausland. Sie suchen das Wachstum in Südamerika, Asien und auch Afrika. Denn gerade in den Ländern, in denen fließendes Wasser noch längst nicht in jedem Dorf Standard ist, gilt das Badezimmer als Ausdruck von Wohlstand.

Die Globalisierung verlangt Umdenken von den deutschen Ingenieuren: Die verschiedenen Nationalitäten haben nicht nur einen unterschiedlichen Geschmack, sondern auch unterschiedliche Gewohnheiten. Japaner reinigen sich gerne unter der Dusche, bevor sie in die Wanne steigen. Klopapier wird in Asien nicht genutzt, stattdessen setzt man sich in vielen Ländern auf das sogenannte Dusch-WC – und reinigt sich per Knopfdruck mit einem Wasserstrahl oder einem Wasserschlauch. Außerdem müssen die Ingenieure besonders bei der Konstruktion von Duschen darauf achten, dass Asiaten in der Regel kleiner sind als Europäer.

Die 30 deutschen Top-Luxus-Marken
Rang 30: Escada (15)* Escada erwirtschaftet nach Jahren der Krise wieder einen positiven Cashflow. 2009 hatte Megha Mittal, die Schwiegertochter des indischen Stahlmagnaten Lakshmi Mittal, das Münchner Modehaus aus der Insolvenz herausgekauft. Heute setzen Escadas Designer unter anderem auf kräftige Farben, große Blumenaufdrucke und Metalltöne. Kritiker loben die Stücke als prächtig und stylisch. Das Modehaus konzentriert sich zurzeit vor allem auf die Märkte USA, Deutschland, Spanien, Russland, Japan und China.Deutscher Luxusmarkenindex (max. 300): 116 (144)*Trend seit 2011: ⇘ ** * in Klammern: 2011 ** Trendanzeige ab 5 PunktenDer Luxusmarkenindex basiert auf einer Befragung von 163 Branchenexperten zu den drei Kriterien relativer Preisabstand des Luxusmarkenanbieters zu einem Mainstream-Markenanbieter, absolute Preishöhe und Anziehungskraft einer MarkeQuelle: Biesalski & Company und Brand Networks Quelle: dpa
Rang 29: Hotel Adlon (25) 1907 eröffnete das Hotel Adlon am Berliner Boulevard Unter den Linden und beherbergte im Laufe der Jahre viele berühmte Gäste, darunter Thomas Alva Edison, Henry Ford, John D. Rockefeller, Walther Rathenau, Gustav Stresemann und Aristide Briand. Durch die schlechte Finanzlage seines Investors, der Fundus-Gruppe, geriet das Hotel zuletzt oft in die Schlagzeilen. Laut einer Schätzung der Ratingagentur Moody’s sollte das Hotel am Brandenburger Tor im Vorjahr nur noch 182 Millionen Euro wert sein. Deutscher Luxusmarkenindex (max. 300): 117 (121)Trend seit 2011: NEU Quelle: dpa/dpaweb
Rang 28: Nymphenburg (-)Die Porzellan Manufaktur Nymphenburg kooperiert schon seit Jahren mit namhaften Künstlern wie dem Niederländer Joep van Lieshout, dem Franzosen Saâdane Afif oder dem deutschen Schmuckdesigner Patrik Muff. Er lässt Schriftsteller Texte zu seinen Porzellanvasen schreiben und gibt der traditionsreichen bayerischen Marke so ein hippes Image. Zählt doch die klassische Sammeltasse nicht zu den angesagtesten Objekten bei der Generation Facebook.Deutscher Luxusmarkenindex (max. 300): 118 (-)Trend seit 2011: NEU
Rang 27: Tobias Grau (-) Betriebswirt und Designer Tobias Grau ist bekannt für seine Leuchten in Tropfenform. 1984 entwickelte er seine erste Leuchtenkollektion, 1992 baute er sie zusammen mit seiner Frau Franziska zu einer Leuchtenmarke aus. 150 Mitarbeiter beschäftigt Grau heute. Rund 95 Prozent der Fertigung erfolgt heute in Deutschland, die Endmontage in der Nähe von Hamburg.Deutscher Luxusmarkenindex (max. 300): 119 (-)Trend seit 2011: NEU Quelle: Screenshot
Rang 26: Schloss Elmau (-) Dietmar Müller-Elmau, Chef des Hotels Schloss Elmau in Oberbayern, wurde 1954 auf dem Schloss geboren und führt heute das Fünf-Sterne-Hotel. Neben seiner Lage ist es bekannt für seine renommierten klassischen Konzerte. Über 17 Millionen Euro Umsatz machte das Nobelhotel 2010.Deutscher Luxusmarkenindex (max. 300): 120 (-) Trend seit 2011: NEU
Rang 25: Wempe (30) Als der gelernte Uhrmacher Gerhard Diedrich Wilhelm Wempe am 5. Mai 1878 mit 21 Jahren und einem Startkapital von 80 Mark den Schritt in die Selbstständigkeit wagt, ahnt er noch nicht, dass er den Grundstein für ein internationales Uhren- und Juwelen-Imperium schafft. Heute zählt Wempe über 700 Mitarbeiter, unterhält 30 Niederlassungen und ist einer der größten und umsatzstärksten Händler von Luxusuhren und Schmuck in Europa.Deutscher Luxusmarkenindex (max. 300): 125 (118) Trend seit 2011: ⇗ Quelle: Presse
Rang 24: Marktex (33) Die Möbelmanufaktur aus Kronberg im Taunus ist das Reich von Ettore Palmiota. Er ist Inhaber und kreativer Kopf von Marktex. Typisch für die Schränke und Sideboards sind grafische Elemente wie gerade Linien, Quadrate und Andreaskreuz. Palmiota bevorzugt Pinienholz, gerne im Kontrast zu Nussbaum, aber auch Kirschholz und Eiche. Bei den Polsterstoffen dominieren Naturmaterialien wie Wolle und Leinen.  Martex-Möbelhäuser gibt es in Berlin, Hamburg, Köln, Kronberg, Mannheim und München.Deutscher Luxusmarkenindex (max. 300): 126 (114) Trend seit 2011: ⇗ Quelle: Screenshot

Hansgrohe macht alleine in China 80 Millionen Euro Umsatz. In den kommenden Jahren soll die Zahl auf 100 Millionen Euro steigen, mit Hilfe von glänzenden Armaturen in Kupfer und Gold. Früher habe es geheißen, die Asiaten hätten am liebsten einen goldenen Buddha als Wasserhahn, erzählt der Hansgrohe-Vorstandsvorsitzende Siegfried Gänßlen. „Die zeigen ihren Wohlstand viel offener“, sagt er. Vor allem die Chinesen mögen es „blinky blinky“. Ähnlich verhält es sich in Südafrika oder Russland. „Die Russen sind einfach viel verspielter“, sagt der auf Badezimmer spezialisierte Inneneinrichter Thorsten Müller. „Da ist goldener Stuck ein Muss.“

Gemütlichkeit statt Prunk in deutschen Badezimmern

So viel Prunk ist in Deutschland nicht gefragt. Die Deutschen setzen stattdessen auf höherwertige Einrichtung, die auch über Jahrzehnte Bestand hat, sagt Verbands-Geschäftsführer Jens Wischmann. Zum Beispiel auf ebenerdige und große Dusch-Kabinen, die auch im Alter praktisch sind. Aber auch hierzulande geht der Trend zur Zweit-Brause: Über dem Kopf hängt der Regenfall-Duschkopf, an der Stange eine zweite Handbrause, mit der man sich die Seifenreste vom Körper spritzen kann.

Das Badezimmer wird farbenfroher, gemütlicher. Statt weißen Kacheln setzen Inneneinrichter heute auf Naturstein-Fliesen oder Holz. Auch ganz ungewöhnliche Wandverkleidungen wie Tapete aus getrocknetem Moos seien immer häufiger zu sehen, sagt Thorsten Müller. Als Inneneinrichter sorgt er im Badezimmer für das richtige Licht und exklusive Einrichtung. Der neueste Trend bei Armaturen: Kupfer- und Roségold-Töne. „Das bringt die Wärme zurück in den Raum“, sagt Müller.

Teurer Badespaß
35.000 Euro – so viel rechnet Müller für eine gehobene Ausstattung mit Badewanne und Regendusche mindestens ein. Tebartz-van Elst, der umstrittene Limburger Bischof, hat laut Prüfungsbericht für das Badezimmer im Bischofssitz 37.000 Euro ausgegeben – die Montage der Sanitäranlagen war in diese Summe nicht eingerechnet. Das Badezimmer im Bischofssitz in Limburg allerdings dürfte auch mehr Umfang gehabt haben als das deutsche Durchschnitts-Badezimmer mit seinen 7,8 Quadratmetern.

Teuerster Kostenpunkt im privaten Spa des Bischofs war dabei die freistehende Badewanne des Designers Philippe Starck, mit den Nackenstützen an beiden Enden. Wer die Wanne gleich noch mit Whirlpool ausstatten möchte, oder sich eine in der Dusche integrierte Dampfsauna wünscht, legt für sein Badezimmer 45.000 Euro auf den Tisch – Minimum. Bei anderen Herstellern wie der italienischen Marke Antonio Lupi kriegt man für diese Summe nur eine Badewanne. Die ist dann allerdings 2,5 Meter lang und aus Naturstein.

Nicht oft sind Menschen bereit, so viel Geld auszugeben. Und da liegt das Problem der Luxushersteller: Das Geschäft zieht nur, solange gebaut wird und die Menschen bereit sind zu investieren. In vielen wichtigen Absatzmärkten – in Spanien oder auch Italien – ist das nach der Krise nicht der Fall. „Nicht nur die Geschäfte im Luxussegment sind wichtig für uns, ebenso brauchen wir das Einstiegs-Segment für das Volumen", sagt Hansgrohe-Geschäftsführer Siegfried Gänßlen deshalb.

Mit Prestige-Projekten in Hotels und Stadien versuchen die Hersteller die privaten Kunden auf sich aufmerksam zu machen. Grohe ist stolz darauf, im WM-Stadion Estádio Jornalista Mário vertreten zu sein: Das Stadion in Rio de Janeiro verwendete ein in die Wand eingebautes Gerüst mit dem Namen Rapid SL, das zum Beispiel Spülkästen und Toiletten halten kann. Hansgrohe, der Konkurrent aus dem Schwarzwald, hat die Stadien in Porto Alegre und Curitiba mit den Kopfbrausen „Crometta 85 green“ ausgestattet – das wassersparende Modell. Die allerdings sind bei deutschen Internethändlern auch schon für 20 Euro zu erhalten.

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