Bahnmarkt China Chinas Züge rollen nach San Francisco

Früher kopierte China deutsche Hochtechnologie beim Zugbau. Heute exportiert es selbst in andere Länder. Der Zusammenschluss der beiden größten chinesischen Zugbauer wird die Expansion beschleunigen.

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Wer Straßen und Schienen am besten nutzt
Leere Gleise sind am 3. Juli 2007 im Hauptbahnhof von Frankfurt am Main zu sehen. Quelle: AP
Visitors tour a section of the Great Wall at Badaling north of Beijing, which has been decorated with dragon flags Quelle: REUTERS
North Korean soldiers march and carry a portrait of the late North Korean leader Kim Jong Il during a military parade at Kumsusan Memorial Palace in Pyongyang Quelle: dapd
Empty railway tracks are seen at a Brussels train station Quelle: REUTERS
Ein Skispringer bei der Nordischen Kombination am 16.12.2006 in Ramsau (Österreich) scheint auf einen fast schneefreien Gebirgszug zuzuspringen. Quelle: dpa
The Jungfrau mountain is illuminated by Swiss light artist Gerry Hofstetter to celebrate the 100 year jubilee of the Jungfrau mountain-railway Quelle: dpa
Sign shows direction to the departure of Alitalia and Iberia flights at Amsterdam Schiphol airport Quelle: REUTERS

Die Reise beginnt an einem ebenso gigantischen und wie penibel sauberen Bahnhof in Shanghai, den abzuschreiten eine halbe Stunde in Anspruch nehmen kann. Im Gegensatz zu den notorisch verspäteten Flugzeugen verlassen die Züge auf die Minute genau den Bahnhof. Ruhig, fast geräuschlos, beschleunigt der Zug auf 320 Kilometer pro Stunde. Er verlässt die Stadt und gleitet jetzt durch die zersiedelte Landschaft nördlich von Shanghai. Adrett gekleidete Stewardessen bieten den Reisenden Kaffee und Tee an. Eineinhalb Stunden später hält der Zug, exakt zwei Minuten am Bahnhof der Millionenstadt Nanjing, bevor er seine Fahrt nach Peking fortsetzt.

Es ist nur ein paar Jahre her, da nahm eine Zugreise von Shanghai ins 1200 Kilometer nördlich gelegene Peking einen ganzen Tag (und eine Nacht) in Anspruch. Seit 2011 braust der Gaotie, wie der chinesische Hochgeschwindigkeitszug heißt, dieselbe Strecke in fünf Stunden entlang. Eine Fahrkarte kostet rund 500 Yuan, 60 Euro, und damit nur halb soviel wie ein Flugticket. Die meisten der 37 Hochgeschwindigkeitszüge, die pro Tag den Bahnhof Richtung Peking verlassen, sind ausgebucht.

Kaum etwas verdeutlicht den Aufstieg Chinas besser als eine Fahrt mit diesem Zug, kaum etwas lässt Besucher aus dem Westen mehr staunen.

Bald schon sollen die chinesische Züge auch im Ausland fahren. Beschleunigen sollen die Expansion eine Fusion der beiden Zugherstellergiganten CSR und CNR (China Northern Locomotive and Rolling Stock Industry Group Corp) zu einem Unternehmen. Die Fusion gab der Staatsrat diese Woche bekannt. Die neue Firma soll so leichter gegen internationale Konkurrenten wie Kawasaki aus Japan und Siemens-Alstom aus Europa bestehen können. Damit ist den Chinesen das Kunststück geglückt, was ihnen in der Autoindustrie trotz zahlreicher Anläufe misslingt: Sich mit Hilfe von Gemeinschaftsunternehmen ausländische Hochtechnologie aneignen,  damit konkurrenzfähige Firmen aufbauen und schließlich selbst ins Ausland exportieren. Denn die Konkurrenten von heute kopierten die Chinesen noch vor wenigen Jahren.

Äußerlich hat die futuristische Anmutung der Züge schon Hollywood inspiriert: So tauchen der CRH-380A im Oskar-prämierten Zukunftsvision "Her" auf. Mit der schlanken Schnauze ist die Ähnlichkeit zum japanischen Shinkansen-Zug unverkennbar.

Das Innere dürfte wiederum deutschen Bahnreisenden vertraut vorkommen. Im "BordBistro" gibt es anstatt Currywurst und Gulaschsuppe zwar Reis und eingeschweißte Hühnerfüße, ansonsten aber ähnelt die Inneneinrichtung des "Gaotie" dem eines ICE's auf verblüffende Weise.

Die Ähnlichkeit ist kein Zufall. Im Frühjahr 2009 lieferte Siemens Züge für 750 Millionen Euro nach China. Der Jubel war damals groß, so groß, dass das Thema Technologie-Transfer unter den Tisch fiel: Denn auch dazu hatte sich Siemens verpflichtet. Ähnlich erging es den anderen nicht-chinesischen Zugherstellern Bombardier, Kawasaki und Alstom. Lieber gab man Hochtechnologie preis, als eine Chance im größten Wachstumsmarkt der Welt zu verpassen.

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