BASF Was hinter dem Machtwechsel steckt

Seite 2/3

Bock ist an seinen eigenen Ansprüchen gescheitert

In den vergangenen Jahren ist die Königin der Chemie immer weiter in die Defensive gerutscht. Der Konzern baut seit 150 Jahren auf das Verbundskonzept: BASF will so gut wie jede Chemikalie in seiner Wertschöpfungskette selbst herstellen. Der Konzern fördert mit der Tochter Wintershall sein eigenes Öl, verarbeitet es weiter zu Grundchemikalien und stellt daraus dann Kunststoffe oder Lacke her. Auch jedes Abfallprodukt bei diesen Prozessen soll weiterverwendet werden.

Das führt dazu, dass BASF heute so breit aufgestellt ist wie kein anderer Chemiekonzern. Im Rest der Welt hat sich die Chemiebranche längst dazu entschlossen, sich zu konzentrieren. Bayer etwa besteht nur noch aus zwei Sparten: Dem Pharmazweig und der Agrarchemie. Die Übernahme von Monsanto soll Bayer in der Agrarchemie zum unangefochteten Weltmarktführer machen. Und auch in Nordamerika, im mittleren Osten und in Asien bauen Chemiekonzerne um. So haben sich die beiden US-Giganten Dow und Dupont vereinigt, um sich dann in drei einzelne Konzerne aufzuspalten. Im Nahen Osten soll der weltgrößte Ölförderer Saudi Aramco mit Sabic zusammenarbeiten, um das Öl bald auch in Chemikalien weiterzuverarbeiten. Und in China sollen Sinochem und Chemchina fusionieren – zusammen würden die beiden Chinesen selbst BASF in ihrer Dimension noch übertreffen.

Rund um Ludwigshafen herum entstehen Konkurrenten, jeder mit einer eigenen Strategie. Das Ziel ist bei allen dasselbe: Sie wollen der Größte in ihrem Bereich werden, der Weltmarktführer. Damit greifen sie die Königin der Chemie direkt an. Doch bisher fehlte der BASF darauf eine schlagfertige Antwort.

Tatsächlich ist Bock an seinen eigenen Ansprüchen gescheitert. Nach wenigen Monaten im Amt des Vorstandschefs verkündete er im Herbst 2011 eine gewagte Prognose: Bis zum Jahr 2020 sollte der Umsatz von damals 73 Milliarden Euro auf 115 Milliarden Euro steigen. Tatsächlich stagnierten die Erlöse unter Bock lange und fielen dann – auch, weil sich die BASF von etlichen Gasgeschäften trennte – auf zuletzt rund 57 Milliarden Euro. Auch der Ebitda-Gewinn (vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) sollte sich nach Bocks Vision verdoppeln. Stattdessen ist der Gewinn seither gefallen.

Bock hat die BASF kaum vorangebracht und zu zögerlich agiert, sagen seine Kritiker. So ließ er 2014 die Chance verstreichen, das Unternehmen Dea, die Öl- und Gassparte der RWE, zu übernehmen. Weil Bock zu wenig bot, ging Dea an den russischen Investor Letter One. Vor wenigen Wochen kündigte Bock dann an, Dea von Letter One übernehmen zu wollen. Mittelfristig sollen die BASF-Tochter Wintershall und Dea dann an als eigenes Unternehmen an die Börse gebracht werden. Einen solchen Schritt empfehlen Finanzanalysten schon seit Jahren. Bock vollzieht nun ihre Idee. Doch eine größere Vision fehlt, wie die BASF nun in fünf, zehn oder gar zwanzig Jahren aussehen könnte.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%