BASF Eine Explosion und viele Fragen

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Immer wieder Störfälle in Ludwigshafen

Welche wirtschaftlichen Folgen hat das Unglück für BASF?

Zu dem genauen Ausmaß der wirtschaftlichen Schäden will sich das Unternehmen nicht äußern. Fest steht: Aus Sicherheitsmaßnahmen musste BASF rund zwanzig Anlagen in Ludwigshafen herunterfahren. "Das heißt natürlich, dass wir im Moment große Herausforderungen für unsere Produktion und die Logistik haben", sagte Standortleiterin Suckale.

Auch die beiden Steamcracker, die Herzstücke des Werk, mussten heruntergefahren werden. In den gigantischen Anlagen wird Rohbenzin mit Hilfe von Dampf in chemische Grundstoffe zerlegt. Wann die Anlagen wieder hochgefahren werden können, ist noch unklar.

Das Werk in Ludwigshafen zählt zu den größten der Welt, fast 40.000 Menschen arbeiten dort – und damit ein Großteil der Stadt Ludwigshafen. Entsprechend hoch sind die Kosten, die durch die Ausfälle im Werk entstehen. Inwieweit diese Kosten durch Versicherungen gedeckt sind, konnte BASF allerdings noch nicht beantworten. "Für uns standen erst mal die betroffenen Menschen im Vordergrund", sagt Vorstandsmitglied Suckale.

Im Norden von Ludwigshafen stauen sich mittlerweile Lastwagen. Eine Hauptstraße auf das Gelände führe direkt an der Unfallstelle vorbei. Die Straße und auch die Zufahrt über das Tor 15 muss deshalb gesperrt werden. Auch im Hafenverkehr muss BASF nach dem verheerenden Brand mit weiteren Einschränkungen rechnen.

Gibt es einen Zusammenhang mit anderen Störmeldungen bei BASF?

Das Unglück reiht sich ein in einer Reihe von Störfällen, die der Chemiekonzern in den vergangenen Monaten bekannt geben musste. So gab es noch am Morgen des Unglückstags eine Verpuffung in einem Werk im hessischen Lampertheim. Vier Menschen mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden.

In den Wochen davor musste BASF auch am Heimatwerk in Ludwigshafen immer wieder Störfälle bekannt geben. 15 Meldungen waren es insgesamt bereits in diesem Jahr, im vergangenen Jahr immerhin 13 Fälle.

Probleme gab es vor allem mit einer neuen TDI-Anlage, in dem Grundstoffe für Kunststoff und Schaumstoffe hergestellt wird. Erst verzögerte sich die Inbetriebnahme der Anlage um Monate, und dann kam es auch noch zu Störfällen.

Steamcracker

Nachdem im Juni aus der Sicherheitskammer der Anlage giftiges Phosgen-Gas austrat, schaltete sich das Landesumweltministerium ein und forderte eine Inspektion. Das Ergebnis der Untersuchung soll in der ersten Novemberhälfte vorliegen.

"Ein kausalen Zusammenhang zwischen den Ereignissen, die wir bisher in 2016 gesehen haben, sehe ich nicht", sagte Werksleiter Liebelt. Es seien keine "Muster erkennbar". Er betonte, dass sich die TDI-Anlage auch in einem ganz anderen Teil des Werks als die Rohrleitungen im Hafen befindet.

Wie groß ist das Unglücksrisiko in deutschen Chemiewerken?

In den vergangenen Jahren kam es immer wieder zu tödlichen Unglücken an Chemieanlagen. Erst vor zwei Jahren starben in Ludwigshafen zwei Menschen bei einer Explosion einer Hochdruckgasleitung an der Schnittstelle der Stadtteile Oppau und Edigheim. Dort hatten Bauarbeiter die Leitung ausgegraben, weil es bei Messungen Unregelmäßigkeiten gegeben hatte.

Im Ruhrgebiet kam es 2012 in dem Chemiepark in Marl zu einem verheerenden Unglück. Auf dem Werk des Chemiekonzerns Evonik explodierte ein Kessel mit organischen Stoffen. Zwei Mitarbeiter starben an den Folgen.

Trotzdem gilt die deutsche Chemie-Großindustrie als sehr sicher. In chemischen Werken kamen auf 1000 Mitarbeiter im vergangenen Jahr nur 3,54 meldepflichte Arbeitsunfälle, teilte die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) der WirtschaftsWoche mit. Damit liegt die Zahl der Arbeitsunfälle weit unter dem Durchschnitt der deutschen Industrie von 22,82 Unfällen je 1000 Arbeitnehmer. "Im internationalen Vergleich gilt die chemische Industrie in Deutschland als vorbildlich", erklärte ein Vertreter der BG RCI gegenüber der WirtschaftsWoche.

Mit Material von dpa.

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