Baustelle Bundeswehr Was bei unserer Armee alles schief läuft

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Die wahren Sorgen der Soldaten

Dass sich die Probleme in der Bundeswehr häufen, ist kaum zu leugnen. Sie haben sich über Jahre und Jahrzehnte aufgetürmt, beginnen schon bei den Kasernen. Etwa die Hälfte aller Bundeswehr-Unterkünfte hat Mängel, sechs Prozent seien sogar unbewohnbar, heißt es im jüngsten Bericht des Wehrbeauftragten aus dem Januar.

Wie desolat die Lage beim Material der Bundeswehr ist, zeigte sich im Herbst vergangenen Jahres. Ein Bericht der Bundeswehr legte offen, dass große Teile an Fahrzeugen und Fluggeräten nicht einsatzbereit sind und es allerorten an Ersatzteilen mangelt. Geändert hat sich daran bis heute wenig.

Braucht die Bundeswehr mehr Geld?

Nach eingehender Prüfung haben externe Experten der Bundeswehr ein miserables Zeugnis beim Umgang mit ihren großen Rüstungsprojekten wie dem Transportflieger A400M ausgestellt. Sie kosten Milliarden mehr als geplant und werden dennoch nicht fristgerecht ausgeliefert.

Anekdoten wie ein Nato-Manöver im Februar, bei dem Bundeswehr-Soldaten offenbar mit schwarz angestrichenen Besenstielen statt Waffenrohren auf ihren gepanzerten Fahrzeuge ins Scheingefecht zogen, leisten ihr übrigens, um am Ruf der Truppe zu kratzen.

Zugleich zeichnet sich ein gravierendes Personal-Problem für die Bundeswehr ab. Den Kampf um die besten und klügsten Köpfe verliert die Armee gegen die freie Wirtschaft. Das hat gravierende Folgen: Gerade einmal zwei der vier U-Boote der Marine sind derzeit einsatzbereit, weil für die übrigen die nötigen Fachkräfte fehlen. Die Abschaffung der Wehrpflicht hat die Situation noch verschärft. Deutschlands Armee verliert zunehmend den Kontakt zur Zivilbevölkerung.

Weißbuch der Bundeswehr

Auf all diese Probleme reagierte das Verteidigungsministerium im vergangenen Jahr mit einem Paket an Maßnahmen: Solderhöhungen, Bundeswehr-Kitas und Flachbildschirme auf den Stuben sollen die Bundeswehr attraktiver machen, Untersuchungen und Prüfberichte die Versäumnisse der Vergangenheit aufdecken. Auf die Mängel an den Kasernen reagierte von der Leyen mit dem Versprechen, Millionen für die Renovierung bereitzustellen.

Doch wieder seien es vor allem Maßnahmen, die die Verteidigungsministerin kurzfristig in einem guten Licht erscheinen lassen, aber in Wahrheit wenig Einfluss darauf haben, wie die Bundeswehr in Zukunft aufgestellt ist, sagen Kritiker. Es werde nur verwaltet. Eine energische Entscheidung fehle.

Wie wichtig die richtige Strategie und Ausrichtung der deutschen Armee ist, zeigt der Fall G36 im Kleinen. Neue Aufgaben erfordern eine angepasste Ausrüstung genauso wie eine neu ausgerichtete Armee.

Immerhin: Die Grundlage für die künftige Ausrichtung der Armee soll ein neues Bundeswehr-Weißbuch legen, das das zehn Jahre alte aktuelle strategische Grundlagendokument der deutschen Sicherheitspolitik ablösen wird. Es soll die Rolle der Bundeswehr in Zeiten von Ebola-Einsatz, der Bedrohung durch den Islamischen Staat und der Russland-Ukraine-Krise neu verorten.

An der Entwicklung der strategischen Grundlagen arbeitet das Verteidigungsministerium nicht allein, sondern in Kooperation mit dem Auswärtigen Amt, anderen Ministerien und externen Experten und Instituten.

Für Befürworter ist das der richtige Weg, gemeinsam eine Debatte anzustoßen. Skeptiker befürchten, dass durch die Beteiligung nur ein lauwarmer Konsens herauskommt. 2016 soll das neue Weißbuch vorgestellt werden. Pünktlich zum Auftakt des Wahlkampfes für die Bundestagswahl 2017.

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