Bayer AG Monsanto liefert sich einen Nervenkrieg mit Bayer

Seite 3/3

Eine Rechnung mit Unbekannten

Insbesondere gingen die Verkäufe des Pflanzenschutzmittels Glyphosat zurück, das Monsanto unter dem Markennamen Round-up vermarktet. Mit dem erzielt der Konzern fast ein Drittel seines Umsatzes. Der Wirkstoff steht im Verdacht, Krebs zu erregen, die EU-Kommission hat die Zulassung zuletzt um nur 18 Monate verlängert. „Bei Landwirten in Deutschland spüren wir Verunsicherung, das merken wir auch an den Absatzzahlen“, sagt Stefan Kocher, Deutschland-Geschäftsführer von Monsanto.

Bayer - mehr als 150 Jahre Unternehmensgeschichte
Bayer blickt zurück auf eine wechselvolle Geschichte. Der Konzern hat bahnbrechende Medikamente wie Aspirin erfunden, aber auch Heroin als Arznei verkauft. Bayer schuf bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts Wohltaten für die eigenen Mitarbeiter, gründete Sportvereine und Werksbüchereien - und rekrutierte andererseits als Teil der I.G. Farben während des Zweiten Weltkrieges Tausende Zwangsarbeiter, die unter menschenunwürdigen Bedingungen schufteten. Wie alles begann... Quelle: dpa
1863Am 1. August gründen der Kaufmann Friedrich Johann Bayer und der Färber Johann Friedrich Weskott die "Friedr. Bayer et comp.". Sitz der Gesellschaft ist Wuppertal, Zweck die Produktion von Farbstoffen. Quelle: Presse
1876Das junge Unternehmen expandiert rasch im Ausland. Erste Produktionsbetriebe entstehen – zunächst in Russland, später auch in Frankreich, England und den USA. Quelle: Presse
1898Das Unternehmen lässt sich Heroin als Warenzeichen schützen. Den Bayer-Chemikern gilt Heroin als ungefährliches, nahezu nebenwirkungsfreies Medikament, das die Atmung beruhigt. Nach der Einnahme sollen sich die Bayer-Arbeiter "heroisch" gefühlt haben - davon soll sich der Name Heroin ableiten. Bis 1915 produziert die Farbenfabrik jährlich eine knappe Tonne Heroin; das angebliche Medikament wird bald in 22 Länder exportiert. Erst 1931 stellte Bayer die Produktion ein. Quelle: Gemeinfrei
1899Unter der Nummer 36433 wird das Medikament Aspirin in die Warenzeichenrolle des Kaiserlichen Patentamtes in Berlin aufgenommen. Entdeckt wurde Aspirin von dem jungen Chemiker und Pharmakologen Felix Hoffmann, der seinem rheumakranken Vater mit einem Antischmerzmittel helfen wollte. Bis heute ist Aspirin das bekannteste Bayer-Produkt. Quelle: Creative Commons-Lizenz
1904Die Bayer-Arbeiter bekommen einen Sportverein. Der TuS 04 Leverkusen gründet sich – der Vorläufer des heutigen TSV Bayer 04 Leverkusen, der vor allem durch seine Fußball-Bundesligamannschaft bekannt ist. Quelle: Presse
1912Carl Duisberg wird Generaldirektor, Leverkusen Firmensitz. Der Standort Wuppertal ist zu klein geworden; Duisburg entwickelt einen Plan für ein neues Chemiewerk in Leverkusen. Die Wahl des neuen Hauptstandorts stößt nicht überall auf Begeisterung. Bayer-Arbeiter reimen ein Klagelied: "Kann er einen nicht verknusen, schickt er ihn nach Leverkusen. Dort, an diesem End der Welt, ist man ewig kaltgestellt." Quelle: Gemeinfrei

Grant macht weiter Druck

Zumindest in den USA kann Monsanto freilich auf einen Stamm treuer Kunden zählen: „Monsanto hat in meinen Augen das beste Saatgut“, erklärt Doug Sombke, der gemeinsam mit seiner Frau und drei erwachsenen Söhnen gut 600 Hektar in Conde, South Dakota, bewirtschaftet – einem einsamen Plätzchen in dem Präriestaat im Mittleren Westen. Gerade bei Mais und Soja bietet Monsanto besonders ertragsstarke Sorten.

Die Übernahme bleibt dennoch eine Rechnung mit vielen Unbekannten. Baumann will sie eigentlich unbedingt durchziehen. Sofern Bayer am Mittwoch gute Quartalszahlen vorlegt und finanzielle Solidität beweist, könnte er immerhin weitere Investoren überzeugen, dass Bayer den Deal stemmen kann.

Die größten Deals deutscher Firmen im Ausland
Bayer will Monsanto kaufen Quelle: AP
Bayer AG und Merck & Co Consumer Care Business Quelle: dpa
Eon Quelle: dpa
Eon Quelle: dpa
Linde und BOC Group Quelle: AP
Merck und Sigma-Aldrich Quelle: dpa
Heidelberg Cement Quelle: dapd

Monsanto-Chef Grant wird derweil wohl nichts unversucht lassen, um den Druck auf Bayer noch etwas zu erhöhen. Ende Juni ließ er durchblicken, dass er auch mit „anderen“ über mögliche Kombinationen rede. Wenig später kam das Gerücht auf, dass der US-Konzern Gespräche mit BASF über einen Kauf von deren Agrarsparte aufgenommen habe. BASF-Manager erwecken freilich nicht den Eindruck, dass sie sich von der durchaus profitablen Sparte trennen wollen.

Womöglich setzt der Monsanto-Chef darauf, dass Chemchina die Übernahme von Syngenta nicht gelingt. Im vergangenen Jahr hatte sich nämlich Monsanto um die Übernahme des Schweizer Agrarkonzerns bemüht. Nun scheint Grant wieder Morgenluft zu wittern, denn der Deal von Syngenta mit den Chinesen ist noch nicht in trockenen Tüchern. Ein Ausschuss der US-Regierung prüft etwa noch, ob der chinesisch-schweizerische Zusammenschluss die nationale Sicherheit der USA gefährdet.

Wer bei Bayer für Gewinn sorgt

Von einem höheren Angebot für Monsanto würde Grant übrigens auch privat profitieren: Beim Angebot von 122 Dollar je Aktie würde er mittels Aktienoptionen rund 73,5 Millionen Dollar erhalten. Bei 130 Dollar je Aktie wären es wohl sieben bis acht Millionen mehr. Einen Teil des Geldes könnte er in die Whiskydestillerie investieren. Wenn alles nach Plan läuft, können Anfang 2019 die ersten Flaschen abgefüllt werden. Monsanto gehört dann womöglich zu Bayer – und Grant hat viel Zeit für sein Hobby.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%