Bayer-Monsanto-Übernahme Diese Rolle spielt Werner Wenning im Mega-Deal

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Unabhängiger von Pharma

Als Wenning 2002 Vorstandschef wurde, stand sein Start im Schatten des größten Schocks der jüngeren Bayer-Geschichte. Beim Cholesterinsenker Lipobay traten fatale Nebenwirkungen auf. Bayer sah sich einer Klagewelle in den USA ausgesetzt, Schadensersatzklagen drohten das Unternehmen in Existenznot zu bringen. Letztlich kam Bayer relativ glimpflich davon. Doch für Wenning bleibt der Skandal ein Trauma. Seitdem, so heißt es in seinem Umfeld, achte er darauf, Bayer nicht allzu abhängig von der Pharmasparte zu machen.

Diese Deals schrieben Geschichte
Bayer kauft Monsanto Quelle: REUTERS
Platz 10: Royal Dutch kauft Shell Transport & Trading Quelle: dpa
Platz 9: Exxon kauft Mobil Quelle: AP
Platz 9: Exxon kauft Mobil Quelle: REUTERS
Platz 8: AT&T kauft Bell South Quelle: REUTERS
Platz 7: Pfizer kauft Warner-Lambert Quelle: AP
Platz 7: Pfizer kauft Warner-Lambert Quelle: AP

Wenning hat den Konzern durch Dutzende Zu- und Verkäufe radikal umgebaut. Als Helfer und Vollstrecker dabei an seiner Seite: Baumann, den er dafür eigens aus den USA zurück in die Zentrale holte. Als Wenning 2010 als Vorstandschef aufhörte, war seine Bilanz eindeutig: Seit den trüben Lipobay-Tagen hatte sich der Aktienkurs wieder verdoppelt.

Als es Anfang 2016 darum geht, einen Nachfolger für seinen eigenen Nachfolger Marijn Dekkers an der Bayer-Spitze zu bestimmen, setzt Aufsichtsratschef Wenning seinen Zögling Baumann auch gegen interne Widerstände durch. Dekkers selbst hätte das Schicksal des Konzerns wohl lieber Agrarvorstand Liam Condon anvertraut. Doch Wenning hat sich entschieden und kürt Baumann zum Chef.

Stationen des Bayer-Konzerns

Der Kauf von Monsanto macht Bayer nun unabhängiger von der erfolgreichen, aber für Rückschläge anfälligen Pharmasparte. Durch die Übernahme des US-Saatgutriesen wird das Agrargeschäft nun zum gleichwertigen Bestandteil des Konzerns. Die niedrigen Zinsen erleichtern die Finanzierung, die Monsanto-Aktie ist im Vergleich zu den Vorjahren günstig. So eine Chance kommt nicht wieder. Jetzt oder nie.

So sieht Wenning die Bayer-Welt. Seine Einschätzung aber teilen nicht alle. Der US-Konzern hat einen zweifelhaften Ruf, für Gegner der Gentechnik ist er das Feindbild Nummer eins. Zudem strapaziert der Deal die Finanzkraft von Bayer bis an die Grenzen. Wenning hat dennoch für diesen Deal gekämpft, mit hohem persönlichem Einsatz. Im Frühjahr etwa musste er persönlich schlichten, als der damalige Vorstandschef Dekkers und der damalige Finanzvorstand Baumann uneins über die Übernahme waren.

Schwache Agrargeschäfte

Neuchef Baumann schreitet seitdem auf dem Weg voran, den sein Mentor vorgezeichnet hat. Auch die Kritik von Investoren lässt ihn nicht einhalten oder gar umkehren. „Dem Unternehmen bleiben hohe Schulden, und der Aufwand für das Management, die Geschäfte zu integrieren, könnte leicht dazu führen, dass das Pharmageschäft vernachlässigt wird“, sagt Greg Herbert vom britischen Fondsmanager Jupiter, der mit 0,3 Prozent an Bayer beteiligt ist.

Zudem ist der Deal eine große Wette auf ein Comeback der Agrarmärkte. Derzeit stehen die Erträge nahezu aller Konzerne unter Druck. Die Bauern erzielen derzeit nur niedrige Preise für Weizen, Soja oder Mais; es fehlt ihnen an Geld für Pflanzenschutzmittel und Saatgut. Ab Mitte 2017, so hofft etwa Bayer-Agrarvorstand Condon, soll die Agrarkonjunktur anziehen. Dann sollen Bayer und Monsanto nach erfolgter Kartellprüfung startklar sein – und im Konjunkturschub durchstarten. Sicher ist das nicht – wie sich Ernten entwickeln, ist schwer im Voraus zu kalkulieren. Gemeinsam sollen Bayer und Monsanto nun aufblühen. Den Abschluss verkündete Baumann gemeinsam mit Monsanto-Boss Hugh Grant in New York. Konzernarchitekt Wenning genoss den Coup still.

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