Bayer Zehn Punkte, die Aktionäre am Monsanto-Deal kritisieren

Bayer Werk in Dormagen Quelle: Bloomberg

Nun haben auch die US-Behörden den Monsanto-Kauf genehmigt. Doch  Anleger klagen über  finanzielle Risiken durch die Monsanto-Übernahme. Kritische Aktionäre greifen den Konzern wegen Umweltschäden an. Ein Überblick.

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1. Zeitplan gerissen

Eigentlich sollten die Aktionäre längst Klarheit haben. Bayer-Chef Werner Baumann wollte die Übernahme eigentlich bis Ende 2017 abschließen. Doch dann hatten die Wettbewerbshüter, insbesondere in Brüssel, deutlich mehr Fragen als gedacht. Anders als früher betrachten die Behörden nicht mehr bloß den Status quo, sondern ziehen ebenso in Betracht, wie sich der Markt in 10,20 Jahren entwickelt und welche Folgen ein Zusammenschluss für die Innovationskraft der Unternehmen und deren Konkurrenten hat. Das macht die Prüfung deutlich komplexer.

Im Frühjahr hat die Europäische Kommission Bayer ihre Zustimmung zur Monsanto-Übernahme erteilt –  unter der Bedingung, dass sich Bayer von vielen Geschäften trennt. Auch aus Brasilien, Russland oder  Südafrika ist die Genehmigung inzwischen eingetroffen. Nachdem die US-Behörden nun den Kauf unter Auflagen genehmigt haben, steht nun noch das Plazet aus Kanada und Mexiko aus.  Bis zum 14. Juni muss der Kauf von Monsanto abgeschlossen sein. Andernfalls kann die Übernahme-Vereinbarung gekündigt werden.    

2. Höhere Kartellauflagen als gedacht

Um die Wettbewerbsbehörden von dem Deal zu überzeugen, muss sich Bayer von deutlich mehr Geschäft trennen als gedacht. Das Pflanzenschutzmittel Liberty, Saatgut für Gemüse, Soja, Raps und Weizen verkauft der Konzern aus Leverkusen nun auf Geheiß der Kartellämter an die BASF. Insgesamt trennt sich Bayer von Geschäften im Wert von 2,2 Milliarden Euro. Monsanto hingegen konnte sein Produktportfolio weitgehend zusammenhalten. Im fusionierten Agrargeschäft ist Monsanto künftig stärker als Bayer. Über die Hälfte des Umsatzes und Gewinns wird der US-Konzern künftig beisteuern.

3. Weniger Synergieeffekte als angekündigt

Ursprünglich wollte Bayer im dritten Jahr nach der Übernahme jährlich 1,5 Milliarden Dollar durch Synergien einsparen. Nun sind es nur 1,2 Milliarden Dollar geworden.  „Mit den Abverkäufen werden wir Kosten verschieben, dadurch verringert sich das Synergiepotenzial“, sagt Finanzvorstand Johannes Dietsch. Ebenso verringert sich durch die Verkäufe das Potenzial für Umsatzsynergien.  

4. Noch keine Ansage zur Kapitalerhöhung

Die gute Nachricht: Um die Übernahme zu finanzieren, werden die Aktionäre nicht so stark zur Kasse gebeten wie zunächst avisiert. Im Herbst 2016 hatte Bayer erklärt, rund 17 Milliarden Euro an Eigenkapital zu benötigen. Seither ist viel passiert: Der Verkauf seiner Chemie-Beteiligung Covestro brachte Bayer einige Milliarden in die Kasse. Temasek, der Staatsfonds von Singapur, zeichnete Anteile. Eine Wandelschuldverschreibung – das Angebot, Anleihen in Aktien umzutauschen – brachte rund vier Milliarden Euro ein. Für die Kapitalerhöhung, die Bayer von den Aktionären einfordert, könnten noch rund fünf bis sechs Milliarden Euro übrig bleiben. Die Bedingungen sind indes noch unklar – die dürften jedoch die Aktionäre sehr interessieren. Die Kapitalerhöhung wird Finanzvorstand Johannes Dietsch zufolge erst rund um das Closing gegen Ende des zweiten Quartals starten.

5. Hohe finanzielle Risiken

Durch die Übernahme von Monsanto steigen die Risiken für Bayer. Das schlechte Image von Monsanto – wegen ruppiger Geschäftsmethoden – könnte auf Bayer abfärben. Monsanto-Produkte sind in Verruf geraten. Das Monsanto-Präparat Glyphosat, das etwa im Pflanzenschutzmittel Roundup enthalten ist, gilt zumindest laut einer Studie des Krebsforschungsinstituts IARC als „wahrscheinlich krebserregend“. Etliche andere Wissenschaftler bezweifeln das. Inzwischen klagen  in den USA über tausend Amerikaner gegen Monsanto, die ihre Krebserkrankung auf Glyphosat zurückführen. Der erste Prozess dieser Art soll in wenigen Wochen beginnen. Die finanziellen Folgen solcher Gerichtsverfahren sind nicht absehbar – und werden für Bayer, nach geglückter Übernahme von Monsanto, zum Problem. Bei Pharma-Klagen in den USA hat Bayer sich häufig mit Klägern verglichen – und Millionen Dollar gezahlt. 

Mäßige Performance, sinkender Aktienkurs

6. Mäßige Performance

Die Bayer-Zahlen für 2017 fallen durchwachsen aus. Im vergangenen Jahr stagnierten Umsatz und Gewinn weitgehend. Das liegt zum Teil an dem schwachen Dollar, aber eben auch an hausgemachten Problemen. Das Geschäft mit rezeptfreien Mitteln, wozu etwa wie Aspirin und Canesten gegen Fußpilz gehören, hat deutlich an Fahrt verloren. Die Präparate, die Bayer 2014 vom US-Konzern Merck & Co. erwarb, sind unter den Erwartungen geblieben. Im Agrargeschäft leiden die Leverkusener darunter, dass 2017 die Verkäufe in Brasilien einbrachen. Auch bei Monsanto steht es nicht zum Besten, die Umsätze kommen nicht recht vom Fleck. Ein Aufschwung an den weltweiten Märkten für Saatgut und Pflanzenschutzmittel ist ebenfalls noch nicht in Sicht.

7. Sinkender Aktienkurs

Wegen der Unsicherheit über die Monsanto-Übernahme und den Problemen im operativen Geschäft hat sich der Bayer-Aktienkurs in den vergangenen zwölf Monaten abwärts bewegt. Immerhin erhöht Bayer die Dividende – von 2,70 Euro auf 2,80 Euro.

8. Schäden für die Umwelt

Die Weltbevölkerung nimmt zu, die Zahl der Ackerflächen ab. Mit neuen Technologien – Pflanzenschutzmitteln, Saatgut und digital gesteuerten Maschinen, wollen Bayer und Monsanto die Ernährung der Welt sichern. Kritiker argumentieren dagegen, dass die Präparate der Konzerne Ökosysteme, Böden und Grundwasser belasten. Laut zahlreiche Studien schädigt Glyphosat etwa Insekten, Würmer, Vögel, Säugetiere und Fische. Das Umweltbundesamt und das Bundesamt für Naturschutz machen das Mittel für das Artensterben mitverantwortlich. Wie stark Bayer-Produkte die Umwelt belasten, wird auf der Hauptversammlung breit diskutiert. Traditionell melden sich dort viele Öko-Initiativen zu Wort. Doch auch klassische Aktionäre wie etwa Fondsanbieter schauen immer stärker darauf, wie es Bayer mit der Nachhaltigkeit hält.      

9. Schäden für die Bienen

Die EU-Kommission hat kürzlich zwei Insektizide von Bayer für die Anwendung auf Feldern verboten. Die beiden Mittel, die zur Gruppe sogenannter Neonikotinoide gehören, sollen den Bienen schaden, indem sie ihnen etwa den Orientierungssinn rauben. Viele Öko-Kritiker machen die Pflanzenschutzmittel von Bayer auch für das Insektensterben verantwortlich. Dafür spricht durchaus einiges, gleichwohl gibt es auch andere Einflüsse. So haben Insekten immer weniger Raum zum Leben – nachdem Hecken und Blühstreifen in großer Zahl verschwunden sind. Die Varroa-Milbe, ein Parasit, hat sich in den vergangenen Jahren zum größten Feind der Bienen entwickelt.

10. Weniger Vielfalt, höhere Preise

Auch kirchliche Organisationen wie Misereor oder Brot für die Welt sehen die geplante Monsanto-Übernahme sehr kritisch. Die Konzentration im Agrargeschäft nehme dadurch zu, zumal sich auch andere Konzerne bereits zu größeren Einheiten zusammengeschlossen haben. Die Folge könnten höhere Preise für die Bauern in den Entwicklungsländern und weniger Vielfalt etwa beim Angebot von Saatgut sein.

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