Bayern Die Profiteure des Schneechaos

Schneechaos von Bayern: Diese Unternehmen profitieren Quelle: imago/Arnulf Hettrich

In Bayern arbeiten die Räumdienste seit Wochen im Dauerbetrieb. Für eine Branche, der milde Winter immer mehr zu schaffen machen, ist zumindest das eine gute Nachricht.

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Gesperrte Straßen, geschlossene Schulen, Katastrophenfall in fünf Landkreisen: Seit Anfang Januar halten Schneemassen die Menschen in Teilen Bayerns in Atem. Freiwillige haben mehr als tausend Häuserdächer von der Schneelast befreit, Winterdienste sind im Dauereinsatz – und mancher Unternehmer frohlockt.

Denn wer räumen will, braucht entsprechendes Gerät. Dass die Winter hierzulande immer milder werden, drückt aufs Geschäft der Hersteller von Schippen, Fräsen, Schneepflügen und Streugerät. In der Branche ist von einem schrumpfenden Markt die Rede. Das Schneechaos im Süden wirkt da wie ein winterliches Konjunkturpaket.

Erste Anzeichen liefert das Ersatzteilgeschäft. „Wir merken einen Effekt“, heißt es in der Geschäftsführung des Maschinenbauers Tuchel im Münsterland, der Schneeräumschilde für Räumfahrzeuge produziert. Etliche der 64 Mitarbeiter machten zurzeit Überstunden.

Schnee im Speisesaal

Ähnliches berichtet der in der derselben Region ansässige Konkurrent bema. Bedarf bestehe derzeit vor allem an den Schürfleisten aus Kunststoff, erzählt Verkaufsberater Stephan Brunneke. Die verschleißen auf Asphalt. Per Spedition liefere man derzeit fünfzig Prozent mehr Teile als üblich nach Bayern.

Frank Diedrich vom europäischen Verband der Kommunaltechnik-Hersteller sieht darin erst den Anfang. Seine Erfahrung: „Gibt es einen harten Winter, läuft das Geschäft in der Regel in der folgenden Saison besser.“ Denn Kommunen, die sich in den letzten Jahren bei Neuanschaffungen zurückgehalten haben, dürften im Herbst investieren, erwartet Diedrich: „Die werden sich sagen: Wenn noch mal sowas passiert, müssen wir besser darauf vorbereitet sein.“

Darauf hoffen Mittelständler ebenso wie das Großunternehmen Kärcher. Dort warte man ab, „ob die Kommunen ihre Planung für den nächsten Winter anpassen und damit eine erhöhte Nachfrage einhergeht“, heißt es auf Anfrage. Kärcher ist mit einem Umsatz von 2,5 Milliarden Euro Weltmarktführer in Sachen Reinigungstechniken aller Art – und das Geschäft mit dem Schnee ein Sortiment unter vielen.

So handhaben es inzwischen auch mittelständische Spezialisten. Ein alleiniger Fokus auf den Winterdienst sei „ein zu hohes Risiko“, heißt es auf Seiten der Händler. Wetterextreme dürften zwar zunehmen. Aber die sind eben kaum kalkulierbar.

Mittelständler haben sich längst breiter aufgestellt, nicht zuletzt durch Zukäufe kleinerer einheimischer Betriebe und im Verbund mit ausländischen Wettbewerbern. Nicht selten sind sie zum Rundumanbieter in Sachen Kommunaltechnik von der Straßenreinigung bis zur Grünpflege geworden, um ihren Geschäftserfolg nicht länger vom Wetter abhängig zu machen.

Städte und Gemeinde sind oftmals Hauptabnehmer von Unternehmen wie Küpper Weisser. Taumittelsprühanlagen kommen von dem 160 Mitarbeiter starken Mittelständler aus dem Schwarzwald, aber auch Räum- und Streufahrzeuge produziert die Firma. 14.000 Fahrzeuge der Marke Küpper Weisser sind nach Angaben von Geschäftsführer Paul Rosenstihl allein auf deutschen Straßen in diesem Winter unterwegs.

Auch Rosenstihl hat zuletzt einen „gigantischen Anstieg“ in der Nachfrage nach Ersatzteilen erlebt, die Firma bietet ihren Service rund um die Uhr an. Im „Sieben-Jahre-Takt“, hat Rosenstihl beobachtet, schlägt der Winter hierzulande zu wie jetzt. Zu wenig für Spezialisten wie Küpper Weisser, deren Auftragsbücher selten so voll sind wie zurzeit.

Bei dem Unternehmen, das mit Winterdienst groß geworden ist, beträgt der Anteil des ursprünglichen Geschäfts noch 70 Prozent am Umsatz – „und er wird sich weiter verringern“, sagt der Geschäftsführer. Kehrmaschinen sind das Geschäft von morgen.

Ähnlich ist es bei Aebi Schmidt. Das Unternehmen ist ebenfalls im Schwarzwald ansässig, gehört aber inzwischen zu einer Schweizer Unternehmensgruppe. Neben Kehrmaschinen setzt man bei Aebi Schmidt auf das Ausland: Die Firma will nun amerikanische Flughäfen als Kunden gewinnen. Denn deren Winterausrüstung gilt als veraltet. Das verspricht, anders als im gesättigten und nur noch bei Extremschneefällen verheißungsvollen deutschen Markt, gute Wintergeschäfte.

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