Begehrter Standort Wird Mexiko das neue China?

Deutsche Unternehmen siedeln sich zunehmend in Mexiko an. Die Rahmenbedingungen sind gut, teilweise besser als in China - verliert die Volksrepublik ihre Spitzenposition als globaler Produktionsstandort?

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Grafik: Autofabriken in Mexiko

Wie sich die Nachrichten gleichen: Egal ob BMW, Daimler oder Audi – alle großen deutschen Oberklassehersteller haben in den vergangenen Monaten angekündigt, massiv in Mexiko zu investieren. Insgesamt wollen sie dort 2013 und 2014 zehn Milliarden US-Dollar in neue Fabriken stecken. Keine Frage: Mexiko ist bei der internationalen Automobilindustrie derzeit sehr beliebt.

Das weiß auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, der am Donnerstag einen dreitägigen Besuch in Mexiko beginnt. Zum Auftakt trifft er in der Hauptstadt José Antonio Meade. Doch Steinmeier reist nicht alleine: Begleitet wird er von einer Wirtschaftsdelegation, gemeinsam will sich die Gruppe mehrere Betriebe und Projekte von deutschen Konzernen wie BMW, Beiersdorf und Schaeffler ansehen.

Berechtigter Stolz

Auch Staatschef Enrique Peña Nieto kann seinen Stolz über die aktuelle Entwicklung nicht verbergen, weil sich BMW "nach einer Standortanalyse auf der ganzen Welt" für Mexiko entschieden habe. Sein Stolz ist berechtigt, denn die Regierung hat zu der Entscheidung einiges beigetragen. Sie schafft die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, damit sich die internationalen Unternehmen wohlfühlen.

Von Überfallen oder Drogenproblemen bekommen deutsche Unternehmen vor Ort wenig mit. Auch die Deutsch-Mexikanische Industrie- und Handelskammer beruhigt. Ihres Wissens nach habe noch kein einziges deutsches Unternehmen das Land aus Sicherheitsgründen verlassen. Stattdessen gibt es viel Lob - auch von Experten.

Länderprofil Mexiko

"Das Land überzeugt mit einer gut ausgebauten Infrastruktur, einem hohen Ausbildungsniveau und vergleichsweise niedrigen Arbeitskosten", sagt Galina Kolev, Referentin für Außenwirtschaft am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Mit diesen Faktoren hat sich Mexiko in den vergangenen Jahren zum neuen Lieblingsstandort vieler deutscher und internationaler Konzerne entwickelt, egal ob Miele, der Verpackungsmaschinenhersteller Multivac oder Cola-Cola. Der amerikanische Getränkeriese verkündete am Mittwoch, bis 2020 insgesamt mehr als 8,2 Milliarden Dollar in Mexiko investieren zu wollen - knapp 1,2 Milliarden Dollar jährlich. Zum ersten Mal seit fast 20 Jahren sieht es so aus, als ob Mexiko ernsthaft mit China als Produktionsstandort konkurrieren könne.

Auf Chinas Kosten

Bislang ist die Volksrepublik der weltweit größte Exporteur von Industrieprodukten. Doch Mexiko holt auf - auf Kosten von China. 40 Prozent des Zuwachses der mexikanischen Industriewaren-Produktion 2010 bis 2012 geht laut einer Berechnung des Internationalen Währungsfonds (IWF) zulasten von China.

Schon bald könnte die Volksrepublik einen weiteren Pluspunkt einbüßen – die günstigen Lohnkosten. Sie sind in den vergangenen Jahren geradezu explodiert. Damit sind mexikanische Arbeiter mit aktuell 6,50 Dollar nur noch einen halben Dollar pro Stunde teurer als ihre chinesischen Kollegen.

Diese Volkswirtschaften hinken hinterher
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Zudem steigen in China auch die Produktionskosten. "China hat geboomt, befindet sich jetzt aber in einer Konsolidierungsphase, so dass die Zahlen aktuell eher stagnieren," sagt Oliver Groll, Geschäftsführer im Bereich Internationales bei der IHK im Saarland. Insbesondere deutsche Automobilkonzerne seien gut beraten, Produktion in Mexiko aufzubauen, sagt IW-Expertin Kolev. "Die Automobilindustrie floriert, das Zulieferer-Netzwerk ist bereits gut ausgebaut."

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