Bergbaukonzern Vale wusste von erhöhter Dammbruch-Gefahr

Die Überreste des gebrochenen Damms. Quelle: REUTERS

Aus einem internen Bericht des Bergbauriesen Vale ist ersichtlich, dass der brasilianische Konzern schon Monate vor der Katastrophe in einem Bergwerk vom erhöhten Bruchrisiko wusste.

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Dem brasilianischen Bergbauriesen Vale war das erhöhte Risiko eines Damm-Einsturzes nach Reuters-Informationen bereits Monate vor der tödlichen Katastrophe in seinem Bergwerk bewusst. In dem internen Bericht vom 3. Oktober 2018, den die Nachrichtenagentur Reuters einsehen konnte, ist davon die Rede, dass die Gefahr eines Zusammenbruchs des Damms in Brumadinho im Bundesstaat Minas Gerais doppelt so groß sei wie die internen Richtlinien das zuließen. Er ist der erste Beweis, dass Vale-Mitarbeiter selbst Zweifel an der Sicherheit hatten. Trotzdem wurde etwa eine Kantine für die Arbeiter direkt unterhalb des Damms nicht geräumt. Die Konstruktion sollte eigentlich außer Betrieb genommen werden.

Bei dem Dammbruch waren im Januar mindestens 165 Menschen ums Leben gekommen. Der deutsche TÜV Süd hatte den Damm im August 2018 geprüft und eine Reihe von Maßnahmen zu dessen Stabilisierung angeregt.

Vale erklärte, der Bericht sei von Fachingenieuren erstellt worden, die bei der Risikobewertung strenge Verfahren befolgen müssten. „Uns ist aber kein Bericht bekannt, aus dem die Gefahr eines unmittelbar bevorstehenden Einsturzes von Damm 1 der Mine Corrego do Feijao hervorgeht. Im Gegenteil, einheimische und ausländische Spezialisten haben dem Damm alle Sicherheits- und Stabilitätszertifikate bescheinigt.“

Die in New York gehandelten Vale-Aktien weiteten am Montag (Ortszeit) ihre Verluste aus. Sie gaben um bis zu 2,6 Prozent auf 11,10 Dollar nach.

Die eigenen Vale-Experten stuften den Damm in Brumadinho im Oktober als einen von zehn Dämmen ein, die besonders überwacht werden müssten. Sie warnten, ein Dammbruch könne das Unternehmen 1,5 Milliarden Dollar kosten und mehr als hundert Menschen in den Tod reißen. Bereits im November 2017 hatten Vale-Experten in einem anderen Bericht vorgeschlagen, alle Fälle dem Vorstand vorzulegen, in denen das Risiko eines Dammbruchs mindestens auf eins zu 10.000 geschätzt wurde. In Brumadinho lag es danach bei eins zu 5000. Der Konzern erklärte, die Empfehlung sei geprüft, aber nie umgesetzt worden.

Die Ursache für den folgenschweren Riss in dem Damm werde noch ermittelt, erklärte Vale. Der Bergbaukonzern hatte mehrfach auf die Untersuchung des TÜV Süd verwiesen, der wenige Monate vorher den Damm für stabil erklärt hatte. In dessen Prüfbericht, der Reuters ebenfalls vorlag, heißt es zwar, der Damm erfülle die Mindestanforderungen. Die TÜV-Techniker äußern daran aber Sorgen vor allem über die Entwässerung des Damms und seine Überwachung. Sie machten 17 Verbesserungsvorschläge, um die Sicherheit rund um den Damm zu erhöhen, unter anderem ein Überwachungssystem, das auch kleinste Bodenbewegungen registriert. Vale erklärte, man habe alle Empfehlungen umgesetzt.

In dem internen Bericht wurden aber noch im Oktober – also nach der Untersuchung durch den TÜV – eine Bodenverflüssigung und interne Erosion als die größten Risikofaktoren für den Damm genannt. Ein Mitarbeiter der staatlichen Umweltbehörde sagte Reuters, alle Anzeichen deuteten darauf hin, dass der Dammbruch durch eine sogenannte Bodenverflüssigung ausgelöst wurde, wie sie bei der Erschütterung wassergesättigter, sandiger Böden entsteht. Sie war auch der Grund für den Bruch eines in der Nähe gelegenen, ebenfalls von Vale betriebenen Damms im Jahr 2015, der bisher größten Umweltkatastrophe in Brasilien überhaupt.

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