Nun wird wahrscheinlich nicht jeder, der in Berlin seine Kollektionen zeigt, gleich 100 Kunden finden…
…nein, schon allein deshalb nicht, weil die Fashion Week doch in Wahrheit unter Ausschluss der relevanten Öffentlichkeit stattfindet. Die Einkäufer der wichtigen, internationalen Modekaufhäuser sind nun mal zu der Zeit in Paris unterwegs und nicht in Berlin.
Dafür herrscht aber stets ein ziemlicher Auflauf?
Wenn man aber genauer hinschaut, dann stehen dort eh nur die üblichen C-Prominenten herum und trinken Champagner – für die Designer aber kommt nicht viel Geschäft dabei heraus. Für viele heißt es bloß: Außer Spesen nichts gewesen. Die Designer kratzen mitunter ihre Ersparnisse und die ihrer Freunde und Verwandten zusammen, um überhaupt eine Schau stemmen zu können. Und da hilft es ihnen nun einmal nicht weiter, wenn dann am Laufsteg in der ersten Reihe irgendwelche Darsteller aus Vorabendserien sitzen, die das alles gar nicht wirklich interessiert. Das fördert doch nur den Eindruck, dass Kreative hier vor den PR-Karren gespannt werden für große Marken. Sie sind die Hofnarren, die für den Spaß sorgen. Und am Ende wird das Buffet abgebaut, und sie stehen traurig vor den Resten.
Immerhin gibt es in Deutschland aber große Textilunternehmen – tun die nicht genug für den Nachwuchs?
Nein, tun sie nicht. Sie könnten ja jungen Kreativen eine Chance geben, indem sie sie für sich arbeiten und sie nebenbei noch ihre eigenen Projekte verwirklichen ließen. Das geschieht aber nicht. Stattdessen hat man den Eindruck, dass diese Unternehmen gar keine Designer wollen, sondern eher Produktmanager, die immer noch mehr vom gleichen herstellen. Das wird aber in Zukunft nicht mehr reichen, um sich vom Wettbewerb abzusetzen. Und der wird immer härter.
Wie oft kommt es denn bei Ihnen vor, dass sich ein Kunde tatsächlich für die Hose von der unbekannten Marke entscheidet?
Das stimmt schon – auch der Kunde, der 400 Euro für eine Hose ausgeben kann oder 2000 Euro für einen Blazer wird sich in den meisten Fällen wohl eher für die bekanntere Marke entscheiden. Gerade in Deutschland spüren Kunden doch noch immer den Druck, sich rechtfertigen zu müssen, wenn sie für so etwas scheinbar Vergängliches wie Mode Geld ausgeben. Das steckt bei den meisten leider so drin. Und wenn jemand schon Geld ausgibt, dann will er auch auf Nummer sicher gehen und kauft zumindest den Distinktionsgewinn mit ein.
Fällt es bei anderen Dingen denn leichter?
Ja klar, bei Uhren oder Autos ist das anders. Hier gibt es einen rationalen Grund, hier liefert beispielsweise neue Technologie das Argument, mit dem der Kunde die Anschaffung auch vor sich selbst rechtfertigen kann. Bei Autos und Küchen wird selten über den Preis diskutiert. Bei Mode schon. Dabei haben die deutschen Verbraucher ausreichend Geld gespart – sie bringen es nur so ungern in Umlauf.