Betriebsrat-Streit Präsidium des VW-Aufsichtsrats berät am Dienstag über Konzernchef Diess

Ob es zu einer Entscheidung über den Verbleib von Herbert Diess an der Konzernspitze gibt, ist unklar. Womöglich sind weitere Beratungen nötig.

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Ob es bereits zu einer Entscheidung über Diess’ Verbleib an der Konzernspitze kommt, ist unklar. Quelle: imago images/rheinmainfoto

Im Machtkampf zwischen Betriebsrat und Volkswagen-Chef Herbert Diess wird Insidern zufolge an Details für eine Einigung gefeilt. „Im Moment sieht es so aus, dass sich die Fäden zusammenfügen“, sagte eine Person mit Kenntnis der Beratungen der Nachrichtenagentur Reuters am Montag.

Ziel sei ein Gesamtpaket aus mehreren Vorstandspersonalien, Beschäftigungsperspektiven für die Arbeitnehmer und Investitionszusagen für die kommenden Jahre, erläuterten zwei weitere Eingeweihte. Damit könnte der Burgfrieden erneuert werden, der Diess nach den Turbulenzen um eine von ihm verlangte Vertragsverlängerung vor einem Jahr den Verbleib an der Konzernspitze ermöglicht hatte. Das würde bedeuten: „Es geht weiter mit Diess“, sagte einer der Insider. In diese Richtung neige sich derzeit das Pendel.

Insidern zufolge soll der Führungskreis des Aufsichtsrats am Dienstag über den Streit beraten. Es sei ungewiss, ob dabei bereits eine Entscheidung über Diess' Verbleib an der Konzernspitze getroffen werde. Womöglich seien weitere Beratungen nötig. Ein weiterer Insider bestätigte den Termin. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hatte zuvor über die Präsidiumssitzung am Dienstag berichtet.

Mehrere Eingeweihte gingen davon aus, dass noch im Laufe dieser Woche eine Einigung erzielt werde. So soll die Frist für die Einladung zur entscheidenden Aufsichtsratssitzung am 9. Dezember gewahrt werden. Dann will das Kontrollgremium den Investitionsplan für die kommenden fünf Jahre beschließen, zu dem auch die Belegung der Werke mit Fahrzeugen gehört.

Teil der Planung ist auch eine neue Autofabrik außerhalb der bisherigen Werksgrenzen in Wolfsburg, in der VW ab 2026 die neue Elektro-Modellreihe „Trinity“ bauen will. Über den vom Betriebsrat geforderten Zuschlag für die Produktion eines E-Autos schon vor diesem Zeitpunkt in Wolfsburg verhandeln Betriebsrat und Unternehmensleitung derzeit. Auch darüber soll der Aufsichtsrat Anfang Dezember entscheiden.

Der nach dem erneut aufgebrochenen Streit über den Führungsstil von Diess vor kurzem eingesetzte Vermittlungsausschuss mit Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), Betriebsratschefin Daniela Cavallo und IG-Metall-Chef Jörg Hofmann habe am Freitag erneut beraten, sagte eine der Personen mit Kenntnis der Abläufe.

Für eine Einigung seien weitere Gespräche nötig. Eine Vereinbarung in den nächsten Tagen sei wahrscheinlich. Volkswagen und die Porsche SE, über die die Familien Porsche und Piëch die Stimmrechtsmehrheit an dem Wolfsburger Autokonzern halten, äußerten sich nicht zu den Informationen.

Wichtigere Rolle für VW-Markenchef Ralf Brandstätter

Als Teil der Einigung solle VW-Markenchef Ralf Brandstätter in den Konzernvorstand berufen werden, berichten mehrere Insider. Dort soll der 53-jährige Wirtschaftsingenieur offenbar die Leitung der wichtigen Markengruppe Volumen übernehmen, zu der VW, Skoda, Seat und die VW-Transportersparte gehören. Diese Gruppe fällt bisher in den Zuständigkeitsbereich von Diess als Konzernchef.

Diess hatte nach den Turbulenzen um seine Kritik wegen undichter Stellen im Aufsichtsrat im Sommer 2020 bereits die Führung der größten Marke des Konzerns an Brandstätter abtreten müssen. Davor war Brandstätter schon für das operative Geschäft der Marke mit dem VW-Logo zuständig.

Diess hatte vergangene Woche eine Neuordnung angekündigt. In einem internen Video-Interview sagte er auf Arbeitnehmerfragen: „Wir werden die Konzernsteuerung grundsätzlich überdenken.“ Ziel sei eine bessere Zusammenarbeit in den jeweiligen Markengruppen. „Der Konzern wird sich stark aus dem operativen Geschäft zurückziehen.“ Dadurch sollten Hierarchie-Ebenen abgebaut und die Geschwindigkeit von Entscheidungen beschleunigt werden.

Brandstätter ließ nun erkennen, dass er sich auf die Leitung der Markengruppe einstellt, die für rund 80 Prozent der Auslieferungen des Konzerns steht. Auch er sagte, Synergien sollten künftig besser genutzt werden. Dafür müssten die Positionierung der Marken, die Produkte und die Technologie optimal aufeinander abgestimmt werden. „Mir ist in diesem Zusammenhang ganz wichtig: Jede Marke muss und soll sich erfolgreich entfalten können.“

Neben der Personalie Brandstätter soll der Aufsichtsrat auch die lange erwartete Berufung einer IT-Vorständin beschließen. Für die scheidende Rechtsvorständin Hiltrud Werner wird weiterhin eine andere Verwendung gesucht.

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