Der kriselnde Bau- und Dienstleistungskonzern Bilfinger hat einen neuen Vorstandschef gefunden. Der Aufsichtsrat habe den bisherigen Linde-Vorstand Thomas Blades zum neuen Vorstandsvorsitzenden bestellt, teilte das Unternehmen am Dienstag mit. Die Linde AG habe zugestimmt, seinen Vertrag vorzeitig aufzulösen. Blades soll den Posten nach dem überraschenden Ausscheiden des Norwegers Per Utnegaard Ende April spätestens im dritten Quartal antreten. Die Grundsatzentscheidung über die Zukunft des Bau- und Immobilienservicegeschäftes, dessen Verkauf seit Jahresbeginn geprüft wird, dürfte damit ohne ihn fallen. Hier sollte bis zur Hauptversammlung am 11. Mai Klarheit herrschen.
Bilfinger steckt seit fast zwei Jahren in der Krise. Ausgangspunkt war der Einbruch im Kraftwerksgeschäft, wo der Mannheimer Konzern für Energieversorger Anlagen konstruiert, baut und modernisiert. Die Energiewende und Managementfehler ließen die Aufträge einbrechen. Der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch musste nach mehreren Gewinnwarnungen den Posten des Bilfinger-Chefs im Sommer 2014 räumen. Die verlustreiche Sparte steht seit dem vergangenen Jahr zum Verkauf.
Blades wird einschließlich der Übergangschefs Herbert Bodner und Axel Salzmann, dem jetzigen Finanzchef, der vierte Chef seit Kochs Abtritt. Der 59-jährige Brite habe als Industrie-Experte breite Erfahrung in wichtigen Kundenbranchen von Bilfinger, erklärte Aufsichtsratschef Cordes. "Er hat in seiner Karriere mehrfach bewiesen, dass er komplexe Führungsaufgaben bestens meistern und Firmen erfolgreich neu ausrichten kann", ergänzte er. Blades hat in seiner Karriere häufig den Arbeitgeber gewechselt: Bei Siemens, Halliburton und Schlumberger war er im Öl- und Gasgeschäft tätig.
Das ist der Bilfinger-Konzern
Bilfinger vollzieht seit Jahren den Wandel vom Bauunternehmen zum Dienstleiter für Wartungen rund um Industrieanlagen, Kraftwerke und Immobilien. Der Mannheimer MDax-Konzern mit seinen rund 56.000 Mitarbeitern hat das Vertrauen des Marktes immer wieder erschüttert: Gewinnwarnungen in Reihe, Entlassungen, der Rücktritt Roland Kochs als Vorstandschef - und nun geht mit Per Utnegaard auch der aktuelle Mann an der Spitze.
Hohe Abschreibungen und Kosten für den Konzernumbau sorgten 2015 für einen Verlust von 489 Millionen Euro.
Koch hatte eine Zentralisierung vorangetrieben - gegen interne Widerstände. Zuletzt stieß Bilfinger immer mehr Bereiche ab, etwa die Wassersparte. Fokussierung auf das Kerngeschäft lautet die Strategie.
Der schwedische Finanzinvestor EQT ist Insidern zufolge als einziger ernsthafter Bieter noch im Rennen für das Bau- und Immobilienservicegeschäft. Ein Verkauf wird "ergebnisoffen" geprüft, seit zu Jahresbeginn einige Offerten in Mannheim eingingen. Die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat sträubt sich dagegen, denn das kleinere der zwei verbleibenden Geschäftsfelder ist derzeit die Stütze des Unternehmens. Das Industrieservice-Geschäft schwächelt unter anderem wegen der niedrigen Ölpreise, die Ölkonzerne wie Bilfingers wichtigstem Kunden Statoil mit Investitionen knausern lassen.
Blades soll neben dem Vorstandsvorsitz auch die Leitung der Industriesparte übernehmen. Sein Vorgänger Utnegaard hatte überraschend nach gerade mal elf Monaten im Amt hingeworfen. Aufsichtsratschef Cordes hatte das mit rein persönlichen Gründen erklärt. Differenzen über die Strategie von Bilfinger habe es nicht gegeben.