Bilfinger Neue Strategie soll Vertrauen zurückbringen

Wieder einmal erfindet sich Bilfinger neu. Nun soll Tom Blades das Unternehmen auf Vordermann bringen: Bald stellt er seine neue Strategie vor - und die muss den Finanzmarkt überzeugen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Das Logo des Dienstleistungskonzerns Bilfinger Quelle: dpa

Nach dem Verkauf des Tafelsilbers, einem Rekordverlust 2015 und zahlreichen Führungswechseln will Bilfinger-Chef Tom Blades den Industriedienstleister neu aufstellen. Seine Strategie samt detailliertem Umsetzungsplan soll wieder mehr Ruhe in den kriselnden Industriedienstleister bringen. Mit dem Abschied vom Baugeschäft und dem Verkauf der Immobiliendienstleistungen hatte der Traditionskonzern zuletzt einen scharfen Wandel vollzogen.

Den Finanzmarkt und die eigenen Mitarbeiter muss Blades mit der neuen Strategie überzeugen. Die Einschnitte bei Bilfinger waren zuletzt gewaltig. Die Zahl der Mitarbeiter schrumpfte von 57 500 im Jahr 2014 - allerdings noch in der alten Konzernform - auf zuletzt rund 38 400. Eine klare und dauerhafte Strategie zeichnete sich angesichts von zahlreichen Chefwechseln längere Zeit nicht wirklich ab. Viele Mitarbeiter waren nach dem Stellenabbau der vergangenen Jahre und den Strategieschwenks tief verunsichert. Blades muss nun Vertrauen zurückgewinnen.

Zuletzt hatte der ehemalige Linde-Manager Einschnitte in der Konzernzentrale in Mannheim angekündigt. Dort solle die Zahl der Mitarbeiter von zuletzt 280 auf 220 sinken, kündigte er Ende Dezember in einem Interview mit dem „Mannheimer Morgen“ an. Durch Spartenverkäufe sei Bilfinger deutlich geschrumpft. Derzeit gehe es weniger um Wachstum, sondern um die Stabilisierung des Konzerns, erklärte er.

Vor rund 100 Tagen wurde der frühere Linde-Vorstand Tom Blades Chef des krisengequälten Bilfinger-Konzerns. Die Zwischenbilanz fällt gemischt aus. Aber der Kurs steigt unter Blades wieder über die 30-Euro-Marke.
von Harald Schumacher

Commerzbank-Analyst Norbert Kretlow rechnet bei der Vorstellung der Strategie an diesem Dienstag (14. Februar) in Mannheim mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen, klaren Zielen und Aussagen, wie diese erreicht werden sollen. Das laufende Jahr dürfte ein weiteres Übergangsjahr für den Konzern werden. Bilfinger werde zu einem reinen Industriedienstleister.

Blades will nun nicht nur eine neue Strategie vorstellen, sondern auch einen konkreten Umsetzungsplan. Wie detailliert dieser ausfallen wird, ist derzeit aber noch offen. Experten rechnen mit zahlreichen Maßnahmen.

Die zuletzt auferlegte Beschränkung auf Europa dürfte dabei ebenso fallen wie die vollständige Abkehr vom Kraftwerksgeschäft. Die Krise bei den großen Versorgern hatte den Markt zuletzt fest im Griff. Der ursprüngliche Plan eines Verkaufs des Gesamtgeschäftes scheiterte. Nun könnten Teile davon im Industriedienstleistungsgeschäft aufgehen.

Strategische Herausforderungen

Wieder einmal will sich Bilfinger also neu erfinden. Zuletzt hatte der Konzern seine profitabelste Sparte abgestoßen. Mit den Bau- und Industriedienstleistungen ging ein Herzstück des einst stolzen Baukonzerns über den Tisch. Dahinter steckt die Hoffnung, dass Teile des Unternehmens mehr wert sind als das große Ganze. Gewerkschafter kritisierten den Schritt, Aktionäre beklagten eine fehlende Strategie.

Der Verkauf der Sparte war ein Punktsieg für den einflussreichen Finanzinvestor Cevian, der 2011 bei Bilfinger eingestiegen war. Die Schweden halten 26 Prozent der Anteile. Damit können sie wichtige Entscheidungen blockieren. Die Beteiligungsgesellschaft gilt als Investor, der sich aktiv in die Firmengeschicke einmischt. Das gilt wohl auch für die zahlreichen Chefwechsel in jüngster Zeit.

Der Konzern steckt seit Jahren im Umbruch. Der Wandel vom Bau- zum globalen Dienstleistungskonzern rund um Kraftwerke, Industrieanlagen und Gebäude war lange die zentrale Strategie. Doch die Abkehr vom zyklischen und mit hohen Projektrisiken verbundenen Bau und der Ausbau der Dienstleistungen durch Zukäufe brachte nicht die erhoffte Stabilität. Auch Einsparungen und Zusatzgeschäfte gingen nicht auf.

Finanzvorstand Axel Salzmann hört zum Ende des Monats beim Industriedienstleister Bilfinger auf. Der frühere Osram-CFO Klaus Patzak soll sein Nachfolger werden.

Die Zurückhaltung der Stromkonzerne nach der Energiewende in Deutschland, gekappte Investitionen in der Öl- und Gasindustrie im Zuge des Ölpreisverfalls sowie hausgemachte Probleme im Projektmanagement machten die hochfliegenden Pläne endgültig zunichte. 2015 verbuchte Bilfinger einen Rekordverlust von fast einer halben Milliarde Euro und strich die Dividende.

Der Chefsessel war ein Schleudersitz: Eine Gewinnwarnungsserie hatte Hessens Ex-Ministerpräsidenten Roland Koch 2014 den Chefposten gekostet. Viele Hoffnungen hatten auf ihm geruht. 2011 hatte er das Ruder in Mannheim übernommen und ließ kaum einen Stein auf dem anderen. Doch die Zahlen sahen schlecht aus. Sein Vorgänger und Nachfolger Herbert Bodner hatte als Interimschef nur einen Kurzauftritt. Dann kam Per Utnegaard. Doch der ging nach nicht einmal einem Jahr Ende April 2016 wieder. Nach ihm war Finanzchef Axel Salzmann übergangsweise am Ruder. Seit Juli führt nun Blades den Konzern. Die Zahlen für 2016 sind angesichts der strategischen Herausforderungen am Dienstag wohl eher eine Nebensache.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%