Boeing Dreamliner : Die Vereinten Nationen des Himmels

Boeing 787

Es begann mit einer guten Idee. Weil neue Flugzeugmodelle in der Regel später kommen und deutlich teurer ausfallen als geplant, wollte Boeing das Risiko mindern. Also ersann der damalige Chef des zivilen Flugzeuggeschäfts Alan Mulally ein komplexes System mit Zulieferern aus aller Welt. „Es ist so etwas wie die Vereinten Nationen der Lüfte“, so der Hamburger Luftfahrt-Experte Heinrich Großbongardt. Die Konstruktion schonte nicht nur die Boeing-Konzernkasse, die die Lieferanten als Risikopartner ihre nötigen Neuerungen für den Dreamliner selbst bezahlen mussten. Die vielen Teilhaber aus aller Welt sollten auch dafür sorgen, dass die Maschine in vielen Ländern quasi als heimisches Produkt gelten sollte – und die Airlines den Jet kaufen.

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Trump-Opfer Dreamliner

Das mit dem Verkauf klappte zunächst. Noch vor dem Erstflug 2009 war Boeing mehrere hundert Maschinen losgeworden. Derzeit sind es mehr als 1200 Flugzeuge.

Doch die Sache mit dem Risiko ging komplett daneben. Trotz der Arbeitsteilung summierten sich die Mehrausgaben für Boeing auf geschätzte fast 20 Milliarden US-Dollar. Und das könnte erst der Anfang sein, wenn der neue US-Präsident Donald Trump seine geplanten Handelsbeschränkungen wie angekündigt in Kraft setzt. Die Strafzölle oder Einfuhrverbote treffen Boeing härter als andere, weil der Konzern für seine Jets die Hälfte aller Teile importiert. Beim Vorzeigemodell Dreamliner 787 ist der Anteil sogar bei fast zwei Dritteln. Und schon ein fehlendes Teil kann die Auslieferung einer Maschine gefährden – und Boeing hohe Schadensersatzforderungen von Airlines bescheren.

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Triebwerk (Großbritannien) Rolls Royce unterm Flügel

Am leichtesten tut sich Boeing auch bei strengen Handelsregeln noch beim Triebwerk. Das liegt nicht nur daran, dass es von den beiden zugelassenen Motorenlieferanten für die 787 mit GE immerhin eine US-Alternative zu Rolls Royce aus Großbritannien gibt. Denn auch wenn Boeing die Flugzeugmotoren streng gesehen beschafft und an die Flügel hängt: Den wertvollsten Teil der Jets kaufen rein rechtlich die Airlines. Und denen kann Boeing die Wahl nicht vorschreiben.

Bild: Pressebild / Rolls-Royce

Batterien (Japan) - brennendes Risiko

Zu den wichtigsten technischen Neuerungen bei der Boeing 787 gehörte, dass die Kraft innerhalb des Flugzeugs statt über Hydraulik vor allem elektrisch übertragen wurde. Das sparte Gewicht, verlangte aber stärkere Batterien als Kraftreserven. Die lieferten die hoch verdichteten Lithium-Aggregate des bis dahin vor allem im Kfz-Bereich tätigen japanischen Herstellers GS Yuasa.  Die Pakete sorgten für das wohl größte Risiko in der Geschichte der Luftfahrt. Denn wegen eines für die bis dahin üblichen Kontrollen unsichtbaren Fehlers entzündeten sich die Aggregate – wie beim Samsung-Handy Galaxy Note 7 – und waren nicht zu löschen. Zum Glück für alle Reisenden passierte dies jedoch nur am Boden. So bekam die 787 ein Flugverbot, bis Boeing eine Lösung hatte: sie packte die Batterien in eine Art dicke feuerfeste Hülle.

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Passagiertüren (Frankreich, Schweden ) – Hightechverschlüsse  vom Rüstungskonzern

So einfach sie aussehen - Türen gehören zu den komplexeren Systemen an Bord. Sie müssen nicht nur dicht halten, egal ob bei normalem Luftdruck oder in der extrem dünnen Atmosphäre auf einer Flughöhe von gut 12.000 Metern. Die Konstruktion muss so leicht und quasi idiotensicher sein, dass auch zierliche Flugbegleiter und notfalls unkundige Passagiere sie zuverlässig öffnen und schließen können. Zu den führenden Anbietern gehört hier Latecoere aus Frankreich. Dazu sorgt der börsennotierte schwedische Rüstungskonzern Saab – eine ehemalige Konzernschwester des Autoherstellers - für den richtigen Verschluss der Fracht-Räume.

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Unterhaltungssysteme (Frankreich) – der Blick in die Welt

Auch wenn am Ende die Airlines ihre Inneneinrichtung wählen, so bestimmt Boeing doch in vielen den Rahmen, weil die Systeme mancher Hersteller besser passen als andere.  Die für Passagiere augenfälligste Änderung im Flugzeug sind die Unterhaltungssysteme. Während Sitze und Gepäckfächer zumindest von außen fast unverändert blieben, sind in den vergangenen 60 Jahren des Jet-Zeitalters die Sitzrückseiten vom Polster zum Hightech-Fenster in die Welt mutiert. Und Thales aus Frankreich baut in Europa die meisten Unterhaltungssysteme in der 787.

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Unterbodenstreben (Indien) – die Basis für alles 

Die Streben, auf denen die Kabine oberhalb des Frachtraums gehalten wird, sind ein anspruchsloser Teil. Da Boeing unbedingt einen Zulieferer aus Indien wollte, das Land aber im Flugbereich wenig Hightech auf Niveau der 787 zu bieten hatte, ging der Auftrag an TAL Manufacturing Solutions in Nagpur, einer Tochter des Autokonzern Tata Motors. 

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Beleuchtung (Deutschland) – fränkisches Stimmungslicht

Der wichtigste Wohlfühlfaktor an Bord ist – neben den Sitzen -das Licht. Wer wie früher üblich unter grellen Neonröhren sitzen muss, empfindet auch das beste Essen als schlaff und entspannt sich auch in den bequemsten Polstern nur schwer. Dagegen setzte der Dreamliner als erstes Flugzeug auf ein eigenes Licht-Programm. Wie das vom Nürnberger Diehl-Konzern gebaute Mood Lighting bereits im Namen verspricht, unterstützt es die Stimmungen. Beim Essen lässt ein kräftiges Rot die Speisen lebendiger wirken, bei der Entspannung helfen tiefe Blautöne und an der Decke sorgt eine Art Sternenhimmel für ein kleines Abenteuergefühl.

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Heckflügel (China) – Steuerung aus Fernost

Weil Boeing seine Maschine nicht zuletzt in China als größtem Wachstumsmarkt der Flugbranche loswerden wollte, brauchte der Konzern auch dort Zulieferer. Das war jedoch kitzlig, weil die dortige Regierung eine eigene Flugbranche aufbauen wollte und Boeing die kommende Konkurrenz nicht durch allzu viel Schützenhilfe stützen wollte. So kommen aus dem Reich der Mitte eher unkritische Teile an der Heckflosse: der Seitenruder genannte bewegliche Teil von der Chengdu Aircraft Industrial Group und die vordere Kante von der Shenyang Aircraft Group.

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Flügel (Japan) Auftrieb von den Heavies

Auch wenn sich die Form der Flügel auf den ersten Blick seit den ersten Jets in den fünfziger Jahren kaum geändert hat, sind die Tragflächen vom Design her der anspruchsvollste Teil. Denn hier gilt es mit immer leichteren und festen Materialien für mehr Auftrieb bei weniger Luftwiderstand sowie mehr Flexibilität bei unruhigen Flugsituationen zu sorgen. Den Job übernahmen die Heavies, wie Branche die mit dem Zusatz Heavy Industries genannten Abteilungen der Konglomerate Kawasaki, Fuji und Mitsubishi nennt.

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Flügelspitze (Korea) – Hyperkritisch sparsam

Wohl nichts hat im Laufe der Jahre so sehr die Form geändert wie die Flügelspitzen. Denn so banal sie auch aussehen, so wichtig ist ihre Funktion: durch das richtige Design verhindern, das Wirbel am Flügelende den Luftwiderstand erhöhen. Das spart pro Flug oft mehrere Tausend Liter Sprit. Waren lange Jahre scharfe Sharklets genannte Zacken das Nonplusultra, so sind es nun langgezogene Enden mit sanften Spitzen am Ende eines hyperkritischen Flügels, wie die Branche die leicht nach oben gezogene Form nennt. Nachdem lange Jahre FACC aus Ried beim österreichischen Salzburg einer der Toplieferanten waren, so sind es bei der 787 vor allem Spitzen von der Flugzeugbau-Abteilung von Korean Air.

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Fahrwerk (Großbritannien-Frankreich ) – britische Stützen

Das Fahrwerk muss neben der Triebwerksaufhängung die größten Belastungen am Flugzeug aushalten. Denn bei der Landung mit 250 Stundenkilometern und mehr lasten darauf mehrere 100 Tonnen. Zu den Topherstellern gehört die deutsch-schweizerische Liebherr. Der Dreamliner ruht dagegen auf Produkten von Messier-Dowty, einer im britischen Gloucestershire ansässigen Tochtergesellschaft des französischen Safran-Konzerns. 

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