Borgward kommt nach Bremen Ein Werk voller Nostalgie

Borgward kommt zurück nach Bremen. In der Hansestadt will die wiederbelebte Traditionsmarke ein Montagewerk eröffnen. Damit könnte der Autobauer versuchen, sein China-Image abzustreifen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Borgward-Chef Ulrich Walker will den SUV BX7 auch in Bremen montieren lassen. Quelle: AP

Düsseldorf Den Standardweg haben die Manager von Borgward schon lange verlassen. Erst beleben sie eine längst begrabene Marke wieder, dann suchen sie sich Chinesen als Partner. Und nun das: Ausgerechnet im Hochlohnland Deutschland soll eine Produktion kommen.

Nach 55 Jahren Abwesenheit plant die Borgward Group ein Montagewerk in Bremen für den sportlichen Geländewagen, den die Firma derzeit in China produziert. Am Standort Bremen werden nach Unternehmensangaben in der Anfangsphase 50 bis 100 Arbeitsplätze entstehen. Im ersten Schritt sei eine Fertigung mit einer Jahreskapazität von bis zu 10.000 Fahrzeugen geplant. Dazu werde eine Fertigungshalle mit rund 10.000 Quadratmetern Fläche gebaut.

Das Premierenmodell aus Bremer Fertigung werde ein Borgward BX7 mit „vollelektrischem Antrieb“ sein. Wo genau das Werk in Bremen entsteht, soll sich in den kommenden Wochen entscheiden. Nach Informationen des „Weser-Kuriers“ werde Bremerhaven als Standort favorisiert

Die Anfangsinvestitionen belaufen sich laut Borgward auf einen „zweistelligen Millionenbetrag“. Es wäre die erste Autoproduktion, die in Deutschland errichtet wird, seit BMW und Porsche vor mehr als zehn Jahren in Leipzig neue Werke bauten.

Die Rückkehr des Autobauers weckt in der Hansestadt Emotionen. „Das war ja eine tote Marke, und es ist schon ein riesiger Unterschied, dass Borgward jetzt wirklich wieder produziert. Das ist großartig“, sagt Marion Kayser, Vize-Vorsitzende des Borgward-Clubs Bremen.

Die 42-Jährige war erst kürzlich mit einer kleinen Truppe weiterer Borgward-Enthusiasten und vier Borgward-„Isabellas“ in China, wo sie auf Einladung der Firma auch das Werk in Peking besichtigen konnte. Die Oldtimer wurden von Deutschland nach Asien verschifft. Sie sollten den Chinesen die lange Tradition der Marke verdeutlichen.

Borgward gehörte einst zu den bekanntesten Autoherstellern Deutschlands und ging 1961 pleite. Im heutigen Daimler-Werk in Bremen-Sebaldsbrück rollten bis Anfang der 1960er Jahre jährlich bis zu 100 000 Fahrzeuge vom Band. Borgwards Enkel Christian belebte die Marke 2015 wieder, seit diesem Jahr werden die Autos verkauft.

Hauptaktionär ist der chinesische Lastwagenbauer Foton. Mittelfristig will Borgward mehr als eine halbe Million Autos jährlich absetzen. 2017 sollen die Geländewagen in der Elektrovariante in Europa angeboten werden - bald auch mit dem Label „made in Germany“.


Eine außergewöhnliche Idee

Laut Radio Bremen könnten die fertigen Fahrzeugteile aus China zum Werk verschifft und dort zusammengebaut werden – „Completely Knocked Down“ (CKD) nennt man eine solche Produktion. Üblicherweise umgehen Autohersteller mit der CKD-Produktion hohe Einfuhrzölle.

Im Fall von Borgward hat die Strategie wohl andere Gründe. Zwar sind die Transportkosten für Autoteile vergleichsweise niedrig, erklärt Willi Diez vom Institut für Automobilwirtschaft der Hochschule für Wirtschaft in Nürtingen-Geislingen. Schwerer dürfte indes wiegen, dass sich ein in China gebautes Auto schlechter verkaufen könnte.

„Die Idee an sich ist schon außergewöhnlich“, meint Diez. Die GM-Tochter Opel und Ford unterhalten zwar noch ihre jahrzehntealten Standorte. Doch kein anderer ausländischer Hersteller denkt laut dem Importeursverband VDIK daran, ausgerechnet im Hochlohnland Deutschland Autos aus Einzelteilen wieder zusammenbauen zu lassen.

„Das Image „made in Germany“ wird Borgward helfen“, sagt Peter Fuß, Autoexperte bei der Unternehmensberatung Ernst & Young. „Aus Kostengründen wird keine Produktion in Deutschland angesiedelt. Da schlägt das Markenargument das Kostenargument.“

Es entsteht kein ganzes Werk mit tausenden Beschäftigten. Bei einer angepeilten Produktionsmenge von 10.000 Fahrzeugen dürften Experten zufolge aber zumindest um die 200 Menschen dort Arbeit finden. Das war Mitte des vorigen Jahrhunderts anders, als die Borgward-Gruppe mit den Marken Borgward, Lloyd, Goliath und Hansa und mit bis zu 23 000 Mitarbeitern noch der größte Arbeitgeber Bremens war.

Der Zwei-Städte-Staat an der Weser sieht sich bereits als Schwergewicht in der Autobranche. So spielt Bremerhaven in Sachen Autoverschiffung seit langem in der ersten Liga - die Seestadt gehört zu den größten Autodrehscheiben der Welt. Der Logistikdienstleister BLG Logistics schlägt dort über zwei Millionen Fahrzeuge im Jahr um. An der Bremerhavener Stromkaje gibt es 18 Schiffsliegeplätze für Autocarrier, 14 Bahnrampen und vier Lkw-Eingangstore.

Bei der Autoproduktion kann Bremen bereits mit einem Superlativ aufwarten. Dort, wo früher Borgward-Autos mit dem Rauten-Emblem entstanden, werden heute Daimler-Pkw gebaut - im Mercedes-Benz-Werk in Sebaldsbrück. 2015 wurden dort 324.000 Pkw hergestellt, mehr als an jedem anderen Mercedes-Standort. Mit knapp 13.000 Beschäftigten ist Mercedes heute größter privater Arbeitgeber der Region - wie vor Jahrzehnten Borgward.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%