Bosch auf der CES Roboter statt Zündkerzen

Mykie, Kuri und die Cloud: Bosch sieht seine Zukunft bei Assistenzsystemen und der Vernetzung von Geräten und Maschinen. Auch aus Eigennutz: Intelligente Systeme sollen Hunderte Millionen pro Jahr sparen.

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Kuri soll Ende 2017 in den USA auf den Markt kommen. Quelle: obs

Las Vegas Der Weg in die Zukunft führt für Bosch über Mykie und Kuri. Sie zeigen, welche neuen Produkte der Stuttgarter Konzern demnächst seinen Kunden anbietet. Mykie – „My kitchen elf“ – ist Boschs digitale Küchenfee. Sie weiß, was im Kühlschrank liegt, wie das Wetter wird oder wie lange der Braten im Ofen noch braucht.

Kuri hingegen ist ein 50 Zentimeter großer Roboter für zu Hause. Er wird von Mayfield Robotics entwickelt, einem Silicon-Valley-Start-up von Bosch. Kuri wird Ende 2017 für 699 Dollar (circa 660 Euro) in den USA auf den Markt kommen. Ausgestattet mit Lautsprecher, Mikrofon, Kamera und mehreren Sensoren bewegt er sich sicher im Wohnraum umher.

Kuri plaudert mit den Bewohnern und reagiert beispielsweise auf die Mutter anders als auf Kinder. Wenn sie nach Hause kommen, schickt er den Eltern eine SMS oder liest den Kindern Bücher vor. Aber eine Aufgabe wird Kuri laut Bosch nicht übernehmen: Er macht nicht die Hausaufgaben.

Die Beispiele zeigen: Getrieben durch digitale Vernetzung, mobiles Internet, Big-Data-Analyse und Maschinenlernen entstehen intelligente Systeme, die eigene Entscheidungen treffen und Menschen beraten können. „Viele Menschen wollen das“, meint Bosch-Geschäftsführer Werner Struth. Sie wollen ihr Zuhause vom Auto aus steuern und sie wollen mehr Sicherheit für sich und die Familie. „Unser Ziel ist es, 100 Prozent unserer Produkte zu vernetzen“, sagte Struth.

„Connectivity is the name of the game“ – der Vernetzung gehört die Zukunft – erklärte Struth in seiner Rede auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas. Die Idee des „intelligenten Hauses“ geistert zwar schon seit vielen Jahren durch alle Diskussionen. Aber jetzt schreitet die Realisierung mit schnellen Schritten voran.

Und mittendrin will Bosch seinen Platz finden – für seine Kunden der digitale Lebensbegleiter im Auto und zu Hause werden. Dabei möchte sich der Autozulieferer nicht mit der Macht von Google Home, Amazons Alexa, Microsofts Cortana oder Apples Siri anlegen. Bosch führt den Kampf im Hintergrund: Die Deutschen wollen eine Plattform auf den Markt bringen, auf der auch die digitalen Superassistenten der großen US-Konkurrenten aufgesetzt werden können – dank „Open Source“. Damit bezeichnet man eine Software, deren Quelltext auf Wunsch alle einsehen können. Wer das dennoch ablehnt, kann auch direkt auf die Apps von Bosch zurückgreifen.

Von der Zündkerze in die Wolke: Bosch versucht damit, seine Vergangenheit in die Zukunft umzumünzen. Heimelektronik, Haushaltsgeräte und Automobil sind die Bereiche, in denen der Konzern über Jahrzehnte große Expertise aufgebaut hat. Dazu ist Bosch einer der führenden Hersteller von Sensoren weltweit. Diese Expertisen gilt es jetzt im Konzern zusammenzuführen und in eine Cloud-Plattform umzusetzen, die sich rund um die Person und das Leben des Kunden dreht.


Freie Parkplätze über die Bosch-Cloud

Von der CES in die Garage des Bosch-Entwicklungszentrums im kalifornischen Silicon Valley: Dort stehen dicht gedrängt zwei umgebaute Teslas und ein BMW. Sensoren, Kameras und seltsame Aufbauten verraten, was hier passiert. Boschs selbstfahrende Autosysteme werden erprobt und serienreif gemacht. Die Autohersteller werden in Zukunft komplette Systeme von Bosch bestellen können, vom automatisierten Fahren über In-Car-Entertainment bis zur Vernetzung mit dem „intelligenten Zuhause“.

Im kalifornischen RTC-Forschungszentrum wird zudem mit Hochdruck an neuen Akku-Materialien gearbeitet und an Technologien, um die Leistungsdichte bestehender Akkus zu erhöhen.

Der Konzeptwagen, den Bosch auf dem Messestand bei der CES in Las Vegas zeigt, hat haptische Touch-Displays mit fühlbarer Rückmeldung an den Fahrer und eine innovative Gestensteuerung. Die gesamte Kommunikation im Auto wird über zentrale Bosch-Knotenpunkte realisiert. Die Verbindung zur Außenwelt entsteht über eine Bosch-Internet-Cloud.

Intelligente Parkplatz-Suchsysteme erkennen über Fahrzeugkameras im Vorbeifahren freie Parkplätze und geben sie an ein Zentralsystem im Internet weiter, auf das alle Fahrer zugreifen und sich einen Parkplatz anzeigen lassen können.

Nicht nur im täglichen Leben der Menschen, sondern auch bei den Unternehmen will Bosch das Sammeln der Daten in der Cloud verstärken. Unternehmen könnten mit den vielen Daten, die sie von ihren Produktionsmaschinen in jeder Sekunde erhalten, ihre Produktivität und Effektivität erhöhen. Das IIoT, das „Industrial Internet of Things“, in Deutschland „Industrie 4.0“ genannt, ist ebenfalls längst ein großes Standbein für Bosch.

„IIoT-Anwendungen ermöglichen uns eine Reduzierung der Lagerhaltung um 30 Prozent“, sagte Struth im Gespräch mit dem Handelsblatt im Silicon Valley. Bosch selbst werde bis 2020 durch das IIoT in seiner globalen Produktionskette „Hunderte Millionen Dollar pro Jahr“ einsparen.

Das Internet der Dinge sorgt also nicht nur dafür, dass die Wohnung warm ist, bevor man nach Hause kommt und die Kaffeemaschine weiß, wann der Kaffee ausgehen wird. „Besonders in Ländern mit hohen Kosten wie Deutschland ermöglicht uns das IIoT, unseren Wettbewerbsvorteil zu bewahren“, meint Struth. Und selbst wenn es dadurch dazu kommt, dass die Zündkerze in die Wolke sendet, wie es ihr gerade geht und im Zweifel die Werkstatt anruft.

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