Richtig überrascht hat die Nachricht niemanden mehr – im Gegenteil: Die meisten hatten damit gerechnet, dass das Bosch-Joint Venture mit dem koreanischen Elektronikkonzern Samsung zur Batteriefertigung für Elektroautos schon früher gegen die Wand fahren würde. Schon im Herbst vergangenen Jahres zeichnete sich ab, dass es in der Partnerschaft schwer kriselt. Nun ist es amtlich: Das Gemeinschaftsunternehmen SB LiMotive wird aufgelöst – die Koreaner übernehmen die Unternehmensteile in ihrer Heimat, Bosch die in Deutschland und den USA.
Was ist schief gelaufen bei der mit so vielen Vorschusslorbeeren und so großen Hoffnungen versehenen deutsch-koreanischen Firmen-Ehe? Der Hauptgrund ist offenbar der gleiche wie bei den meisten gescheiterten Beziehungen und genauso profan: Die Partner hatten unterschiedliche Erwartungen, und sie haben vor der Eheschließung offenbar nicht ausführlich genug über diese Erwartungen gesprochen.
Während Bosch als Autozulieferer ganze Batteriesysteme – also zu Batteriepacks kombinierte Zellen, den dafür notwendigen Rahmen mit der Kühlung und die dazugehörige Steuerelektronik – entwickeln und produzieren will, wollte Samsung sich auf seine Kernkompetenz beschränken und nur Zellen liefern. Batteriezellen, die im Prinzip so auch in Kameras oder Laptops eingebaut werden könnten. Mit der Bosch-Idee, die gemeinsame Batteriefertigung auch auf den Nutzfahrzeugsektor und auf stationäre Anwendungen – etwa als Stromspeicher für alternative Energieerzeugung – auszubauen, konnte sich Samsung darum nicht anfreunden.
Verstärkt wurden die Missverständnisse über die unterschiedlichen Ziele durch kulturelle Unterschiede: auf der einen Seite der 125 Jahre alte, urdeutsche Traditionskonzern Bosch mit seinem Schwerpunkt im Business-to-Business-Geschäft, auf der anderen Seite der erst gut 40 Jahre alte Elektronikgigant mit seiner Konzentration auf die internationalen Konsumgütermärkte. Bei Bosch wird langfristig geplant und entwickelt – und manchmal wohl auch gedacht.
Im Autozuliefer- und im Industriegeschäft mit seinen mehrjährigen Planungs- und Produktionszyklen mag das in Ordnung gehen, doch sogar der neue Konzern-Chef Volkmar Denner hat in seiner Antrittsmail die Mitarbeiter ermahnt, dass mehr Tempo und eine neue Grundeinstellung notwendig sind, wenn der Riese nicht irgendwann ins Hintertreffen geraten soll.
Bosch muss die Batterien nun alleine produzieren
Bei Samsung ist die Denke anders: Das internationale Elektronik-Konsumgütergeschäft hat extrem kurze Entwicklungszyklen. Wer da erst jahrelang alles bis ins Detail planen will, kann kein Geschäft machen. Genau diese beiden Welten sind in dem Bosch-Samsung-Joint Venture aufeinander geprallt und das sollte – unabhängig von der unterschiedlichen strategischen Ausrichtung der beiden Konzerne vor allem den Bosch-Verantwortlichen zu denken geben.
Immerhin ist die Scheidung der beiden Ex-Partner einigermaßen zivilisiert abgelaufen. Der Zugewinnausgleich ist so geregelt, dass Bosch – was die für die Elektromobilität elementare Batterietechnik angeht – nicht mit leeren Händen da steht. Die bei LiMotive entwickelten Patente kann Bosch weiter nutzen. Damit und mit der in Eisenach erfolgreich gestarteten Pilotfertigung von Lithium-Ionen-Batterien für Schiffe sollten für Bosch die Voraussetzungen gegeben sein, eine Batteriefertigung in Eigenregie aufzuziehen.
Doch das allein wird auf Dauer nicht reichen. Lithium-Ionen-Batterien sind zwar im Moment State-of-the-Art – aber die Entwicklung geht weiter. Lithium-Luft-Stromspeicher dürften der nächste Schritt sein. Aber bevor diese neue Technologie erstmals irgendwo praktisch genutzt werden kann, ist noch viel Forschungsarbeit notwendig. Ein Aufwand, den Bosch jetzt ohne Samsung stemmen muss – nicht nur technologisch sondern auch finanziell.
Was teuer werden dürfte. Die 400 Millionen Euro im Jahr, die Bosch bisher für Forschung und Entwicklung der Elektromobilität ausgibt, dürften da bald nicht mehr ausreichen. Das Unternehmen muss nachlegen – und das in einer schwierigen Zeit, wo Geschäft und Gewinn unter der Eurokrise und der schwächeren Weltkonjunktur leiden.
Ganz allein wollen die Stuttgarter das Batteriethema darum nicht in Angriff nehmen.
Sie suchen nach neuen Partnern, für die Forschung an den Hochschulen, für die Fertigungstechnologien in der Industrie. Die zu finden, sollte nicht allzu schwer sein: Bosch ist trotz aller Probleme immer noch eine gute Adresse.
Eines dürfte allerdings klar sein: Ein Joint Venture wird sich daraus wohl nicht mehr ergeben. Gebranntes Kind scheut das Feuer.