Brand im Dreamliner Risiko für das Elektroauto

Boeing trifft die jüngste Problemserie ihres Hoffnungsträgers 787 Dreamliner hart. Die Forschung nach den Ursachen könnte auch weitreichende Auswirkungen auf die Autoindustrie haben.

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Aus Dreamliner-Batterien steigt Rauch auf
14. Januar 2014Und wieder qualmen die Batterien des Superfliegers. In Tokio wurde in einer Maschine der Japan Airlines während der Vorbereitungen auf den Flug Rauch entdeckt. Ursache sind wohl einmal mehr die acht Batteriezellen. Die nach den massiven Problemen vorgenommenen Verbesserungen verhinderten aber wohl ein Ausbreiten des Problems. Passagiere waren noch keine an Bord. Anfang des vergangenen Jahres hatte es wegen gravierender Probleme mit Batteriezellen ein Flugverbot für das Modell gegeben. Die Boeing-Aktie erholte sich zuletzt etwas von ihren frühen Verlusten von mehr als zwei Prozent, führte aber immer noch die Verlierer-Liste im Dow Jones mit einem Abschlag von gut einem Prozent an. Quelle: dpa
23. November 2013Die japanische Fluggesellschaft Japan Airlines (JAL) ersetzt 787-Dreamliner nach einer Boeing-Warnung vor Eisbildung auf zwei Strecken durch andere Maschinen. Der US-Flugzeugbauer hatte seine Kunden über ein Problem mit der Bildung von Eiskristallen in Triebwerken informiert, die - wie bei einem Teil der 787-Dreamliner - von General Electric (GE) hergestellt sind. Maschinen, die mit diesen Triebwerken ausgerüstet seien, sollten sich daher bei Flügen in großer Höhe von Gewittern fernhalten, die eine solche Kristallbildung begünstigen könnten, zitierte Bloomberg aus einer Boeing-Erklärung. JAL entschied sich vorsichtshalber, vorläufig auf den Strecken von Tokio nach Neu Delhi sowie Singapur auf Dreamliner zu verzichten. Quelle: REUTERS
4. November 2013Schon wieder gibt es Probleme bei Boeings Flaggschiff - diesmal riss eine Windschutzscheibe und ein Bremssystem sendete einen falschen Alarm. Der Flug von London ins indische Delhi am Montag habe wegen blinkender Warnleuchten in der Boeing 787 notlanden müssen, sagte eine Sprecherin der betroffenen Fluggesellschaft Air India. Doch tatsächlich seien die Bremsen des Langstreckenfliegers in Ordnung gewesen. Am Tag zuvor war ein Riss in einer Windschutzscheibe eines Dreamliners der gleichen Fluggesellschaft entdeckt worden. Ein Ersatzglas sei zum Landeflughafen in Melbourne in Australien gebracht worden, sagte die Sprecherin weiter. Quelle: AP
16. OktoberEine Boeing 787 hat in Indien während des Flugs von Delhi nach Bangalore unbemerkt eine Rumpfplatte verloren, wie jetzt bekannt wurde. Die Zeitung „Mumbai Mirror“ berichtete, nach der Landung am Samstag habe ein drei Quadratmeter großes Loch zwischen dem Fahrgestell im Rumpf geklafft. Die Piloten und 148 Passagiere hätten nichts bemerkt. Erst als das Flugzeug für den nächsten Start vorbereitet wurde, sei der Schaden aufgefallen. Und trotz einer groß angelegten Suchaktion habe die Platte zunächst weder an der Startbahn in Delhi noch an der Landebahn in Bangalore gefunden werden können. „Eine herausfallende Platte ist bedenklich“, zitiert die Zeitung „Bangalore Mirror“ den Flugexperten Vipul Saxena. Die Stabilität des Flugzeugs könnte dadurch beeinträchtigt werden. Laut den Berichten hätten sich die Nieten gelöst, deswegen sei die Platte wahrscheinlich während des Flugs abgefallen. Im Innenraum habe es keine Beschädigung gegeben. Die indische Flugaufsichtsbehörde ordnete eine Untersuchung des Vorfalls an. Quelle: dpa
10. OktoberWegen einer defekten Toilettenspülung hat eine Boeing 787 auf dem Flug von Moskau nach Tokio umdrehen müssen. Wie die Fluggesellschaft Japan Airlines (JAL) bekanntgab, hob der Dreamliner mit 151 Passagieren und Besatzungsmitgliedern an Bord am späten Vorabend in Moskau ab. Rund 2200 Kilometer nordöstlich der russischen Hauptstadt seien dann die Probleme mit den Toiletten und auch mit Heizgeräten für die Speisen entdeckt worden. Daraufhin kehrte die Maschine wieder um. Ursache für die Probleme sei wohl das Elektrizitätssystem. Ein Zusammenhang mit den Batterien des Flugzeuges gebe es aber nicht. Eine weiterer Dreamliner von JAL musste am selben Tag schon bald nach dem Start zum kalifornischen Flughafen San Diego International Airport zurückkehren, weil ein Alarmsignal einen Ausfall der Enteisungsanlage an den rechten Triebwerken angezeigt hatte. Quelle: REUTERS
29. SeptemberEin Dreamliner der polnischen Airlines LOT musste auf dem Weg von Toronto nach Warschau einen außerplanmäßigen Stop in Island einlegen. Die Maschine landete in Reykjavik, nachdem Norwegen das Durchqueren seines Luftraums untersagt hatte, weil die Maschine Probleme mit dem Identifikationssystem hatte. Dieses System sendet Informationen an die Fluglotsen, die den Luftverkehrsraum überwachen. LOT musste die gestrandeten Passagiere mit zwei anderen Flugzeugen weitertransportieren. Die polnische Airline hat fünf Dreamliner in Betrieb. Wegen des monatelangen Verzögerungen und anhaltenden Probleme ist die Airline bereits in Gesprächen mit Boeing über Kompensationszahlungen. Jeder Ausfalltag kostet die Polen 50.000 Dollar. Quelle: REUTERS
6. SeptemberFür den Billigflieger Norwegian sind mit dem Dreamliner aller schlechten Dinge vier. Der Discounter aus Oslo musste am Wochenende seine Boeing 787 am Boden lassen. Schuld waren abermals Probleme mit einer Hydraulik-Pumpe. Wegen ähnlicher Schwierigkeiten durfte der Dreamliner in New York kürzlich nur mit weniger Gewicht starten und musste 70 Passagiere am Boden lassen. Zwei Woche zuvor saßen zwei weitere Maschinen des Leichtbaufliegers wegen Problemen mit der Elektrik tagelang in Oslo und Stockholm fest. Einen Unterschied gibt es es freilich: Erstmals fordert Norwegian offen eine Entschädigung vom Hersteller Boeing. „Wir haben noch nicht alles zu Ende gerechnet“, kommentiert der Sprecher den Schaden. „Aber wir erwarten, dass Boeing seinen Anteil daran trägt.“ Die geringe Zuverlässigkeit des Fliegers sei einfach nicht akzeptabel.Foto: Norwegian Quelle: Presse

Wenn sich Boeing-Chef James McNerney eine Woche nicht gewünscht hätte, dann sicher die vergangene. Nach nicht weniger als fünf Zwischenfällen mit dem Dreamliner 787 entschloss sich die amerikanische Zulassungsbehörde FAA, den neuen Wundervogel des weltgrößten Luftfahrtkonzerns genauer unter die Lupe zu nehmen. Die Tests reichen von der Bordelektronik über die grundlegende Konstruktion bis zu den einzelnen Teilen der Produktion.

Bei einem relativ neu zugelassenen Flugzeug ist das ein ungewöhnlicher Schritt. Dabei war die Erprobungszeit des - je nach Zählweise - bis zu vier Jahren verspäteten Flugzeugs wegen der vielen anderen technischen Probleme und der vielen technischen Neuerungen bereits deutlich länger und gründlicher als bei jedem anderen Flugzeug zuvor.

Nur wenig wirklich Beunruhigendes

Zwar klangen alle Fälle dramatisch wie die Risse in der Frontscheibe, der Ölaustritt und auch die Lecks in der Spritleitung. Die Benzin- und Öllecks sind sicher nicht ungefährlich, doch in der Regel von den Piloten zu beherrschen.

Wirklich beunruhigend war dagegen das Beinahe-Feuer am vergangenen Montag. Denn in einem Flugzeug sind wenig schlimmere Dinge vorstellbar als ein Feuer. Nicht zuletzt wegen des Qualms gibt es in der Regel kein Entkommen und die Zeit wird so knapp, dass Brände fast immer mit einem spektakulären Absturz enden, wie etwa der Crash von Valuejet in den Everglades–Sümpfen Floridas im Mai 1996 und der Swissair im September 1998 ins Meer vor Kanada. 

Maschinen bleiben im Dienst

Nun haben alle Beteiligten, angefangen beim Leiter des Boeing Zivilgeschäfts Ray Conner, über den FAA-Chef Michael Huerta bis zum US-Verkehrsminister Ray LaHood der 787 ihr Vertrauen ausgesprochen. Schließlich hat der Vogel statistisch gesehen weniger Probleme als alle anderen neuen Modelle vor ihm. Darum bleiben auch alle rund 50 ausgelieferten Maschinen weiter im Dienst. Immerhin hat die Maschine bereits gut 1,3 Millionen Betriebsstunden ohne Zwischenfall. "Doch wir sind besorgt", sagt Conner.

Kein Wunder. Denn wenn die 787 wankt, wankt Boeing. Der Hersteller will noch mehr als 1000 Exemplare des Fliegers ausliefern, nicht zuletzt um die bis zu 20 Milliarden Dollar hohen Entwicklungskosten zu decken. Noch ist unklar, was genau zu dem Feuer führte. Gewiss ist: es ging in der Nähe eines großen Lithium-Ionen-Akkus los. 

Akkus könnten Schuld am Feuer sein

Elektroautos, die zu haben sind
VW e-Up! Quelle: Volkswagen
Porsche Panamera S E Hybrid Quelle: Porsche
Renault FluenceMarke: Renault Modell: Fluence Preis: ca. 25.950 Euro plus Batteriemiete von 79 €/Monat Reichweite (in km): 185 km Leistung (kw/PS): 70kW/95 PS Quelle: Presse
Mercedes SLS ed Quelle: Daimler
Renault TwizyMit futuristischem Design und ohne echte Türen kommt der Twizy daher. Der Zweisitzer ist besonders klein und wendig und für den Stadtverkehr konzipiert. Er kann an jeder Haushaltssteckdose aufgeladen werden. Marke: Renault Modell: Twizy Urban Grundpreis (inkl. MwSt): ab 6990 Euro, zusätzlich fallen mindestens 50 Euro Batteriemiete pro Monat an Reichweite (in km): 100 Höchstgeschwindigkeit (km/h): 80 Stromverbrauch (kWh/100km): 6,3 Quelle: dapd
Smart ed Quelle: Daimler
Kangoo RapidDer Elektro-Kangoo soll den städtischen Lieferverkehr sauberer und leiser machen. Er bietet mit bis zu 3,5 Kubikmetern Laderaum soviel Platz wie sein konventioneller Dieselbruder. Das ist möglich, weil die Batterien im doppelten Ladeboden verschwinden. Mit 60 PS ist der Elektro-Kangoo ausreichend schnell.  Marke: Renault Modell: Kangoo Rapid Z.E. Grundpreis (inkl. MwSt): 15.100 (+ 86 Euro monatlich fürs Batterie-Leasing) Reichweite (in km): 160 Höchstgeschwindigkeit (km/h): 130 Stromverbrauch (kWh/100km): nicht bekannt Quelle: Presse

Damit trifft das Feuer eine der zentralen Neuerungen des Dreamliners. Zwar verweisen Boeing und alle Gesellschaften, die das Flugzeug betreiben, immer darauf, dass der Vogel dank der Leichtbauweise mit Verbundwerkstoffen statt Metall  besonders leicht ist und darum sparsamer fliegt. Doch ebenso wichtig ist der Dreamliner als "all electric aircraft". Die 787 erledigt viele Dinge mit Hilfe von Strom und Elektromotoren, die bei anderen Flugzeugen mit Hilfe der Triebwerksenergie Hydraulik oder Druckluft übernahmen. Dazu zählt etwa die Klimaanlage oder die Heizung gegen eine Vereisung der Flügel. Die nötige Energie liefern große Akkus, die in allen Teilen des Flugzeugs stecken.

Boeing verwendet derzeit Lithium-Akkus. Diese sind nur halb so schwer und brauchen weniger Platz als etwa Nickel-Batterien. Doch sie sind auch etwas gefährlicher. Sie sind schwerer zu löschen, weil bei der Stromerzeugung Sauerstoff entsteht, der die Flammen füttert. Wohl auch deshalb brauchten die Feuerwehrleute beim Brand in Boston gut 40 Minuten, um das Feuer unter Kontrolle zu bringen.

Akkus könnten auch Elektroauto Probleme machen

Wie groß die Gefahr wirklich ist, wollen nun die US-Aufsichtsbehörde FAA und die nationale Transportsicherheitsbehörde NTSB herausfinden. Noch ist die Sache offen. Klar ist jedoch, dass die FAA bereits früher Bedenken gegen die Lithium-Akkus geäußert hat. Die Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen. Dabei geht es zum einen darum, in welchem Maß künftig Flugzeuge durch den Einsatz von elektrischen Systemen statt Hydraulik Gewicht sparen dürfen.

Doch auch die Autokonzerne dürften die Sache gespannt verfolgen. Denn die Lithium-Akkus stecken auch in modernen Elektroautos. Zwar testen die Konzerne die E-Tanks gründlich. "Wir machen damit Dinge, die ihr euch nicht vorstellen könnt", erklärte Dan Akerson, Chef des Autoriesen General Motors. Doch sollten Lithium Akkus als nicht sicher genug für Flugzeuge gelten, könnte auch ihr Einsatz im Auto in Frage stehen. Auch wenn heutige Benzinfahrzeuge in ganz seltenen Fällen brennen, Feuergefahr in einem E-Mobil könnte die Akzeptanz der ganzen Sparte gefährden.

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