Brauereien Budweiser Budvar kennt keine Krise

Auch in der Coronakrise der Deutschen liebstes Importbier: Budweiser aus Tschechien. Quelle: PR

Die deutschen Brauer jammern, die großen Biermarken verlieren. Warum ausgerechnet das tschechische Budweiser in der Coronakrise zweistellig wächst.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Holger Sydow ist zufrieden. Seit 2015 ist der studierte Diplom-Kaufmann und ehemalige Warsteiner-Manager Vertriebschef der deutschen Budweiser Budvar Importgesellschaft in Erfurt – und seitdem läuft es. Budweiser ist in Deutschland mit rund 375.000 Hektoliter Jahresabsatz die Importbiermarke Nummer 1.  Bereits 1895 als „Tschechische Aktienbrauerei“ gegründet, setzt Budweiser Budvar die über 750 Jahre alte Brautradition in Budweis fort und exportiert die tschechische Biermarke heute in über 70 Länder weltweit. Trotz der Covid19-Krise konnte das in der südböhmischen Stadt České Budějovice (Budweis) gebraute Pils seine Bedeutung auf dem deutschen Markt kräftig ausbauen. Dabei profitiert die tschechische Import-Marke seit Jahren schon vom Trend zu internationalen Biermarken in Deutschland, die vor allem durch viele ausländische Craft-Beer-Marken befeuert wird. Zum anderen litt Budvar während des Lockdowns kaum unter den wochenlangen Schließungen von Kneipen, Bars oder Restaurants. 

Der Fassbieranteil von Budvar ist mit rund fünf Prozent deutlich kleiner als bei Brauereien wie Krombacher, Warsteiner oder Veltins, die auf 15 und mehr Prozent kommen. „Den Schwerpunkt im Bereich Fassbier hatten neben der gehobenen Speisewirtschaft viele Jahre vor allem Objekte mit tendenziell tschechischer Küche, sogenannte Schwejks“, sagt Sydow. Heute sei Budvar mit Fassbier im gut-bürgerlichen Landgasthof ebenso vertreten wie in der Kiezkneipe oder im KaDeWe,  „unserem größten Fassbierkunden in Deutschland.“  

Geringer Fassbieranteil hilft in der Krise

Von Beginn an verwendet die tschechische Staatsbrauerei die Bezeichnung „Budweiser“ für ihre Produkte und ist nicht zu verwechseln mit der amerikanischen Anheuser-Busch Inbev und deren gleichlautendem US-Gebräu. Der Exportanteil lag im Jahre 2019 bei knapp 70 Prozent beziehungsweise bei 1.154.000 Hektolitern. Wichtigstes Exportland ist Deutschland mit einem Absatz von rund 375.000 Hektolitern. Auf den weiteren Plätzen folgen die Slowakei, Polen und Österreich. 

Sydow sieht einen wichtigen Erfolgsfaktor auch darin, dass die Brauerei nie Kompromisse bei der Qualität gemacht habe. Jede Brauerei behaupte zwar, nur die besten Zutaten zu verwenden. „Aber bei uns stimmt es“, behauptet Sydow. „Wir verwenden ausschließlich Saazer Doldenhopfen, mährisches Gerstenmalz sowie Wasser aus einer eigenen, eiszeitlichen Quelle unterhalb der Brauerei.“  Budweiser Budvar werde ausschließlich an einem Ort, eben im südböhmischen České Budějovice gebraut. Es gebe keine Lohnabfüllungen oder Lizenzen.

Rekordmarken im Visier

Stand die tschechische Marke vor zehn Jahren noch für rund 200.000 Hektoliter Absatz in Deutschland, wird er in diesem Jahr doppelt so hoch ausfallen. Schon im Vorjahr konnte Budweiser hierzulande rund 375.000 Hektoliter absetzen. Beim Umsatz wollen die tschechischen Brauer in Deutschland erstmals die 50-Millionen-Euro-Marke nehmen, nach rund 45 Millionen Euro im Vorjahr.

Mit Gründung der Budweiser Budvar Importgesellschaft im Jahre 2004 sei die vorhandene Struktur von sechs regionalen Importeuren abgelöst worden. Damit sollte eine bessere nationale Betreuung von Großkunden aus dem Lebensmitteleinzelhandel und den Getränkefachmärken sichergestellt werden. Offenbar mit Erfolg. Sydow: „In den vergangenen zehn Jahren konnte die Zusammenarbeit derart intensiviert und professionalisiert werden, dass Budweiser Budvar die Nummer 1 bei den internationalen Bieren im Handel werden konnte.“ Hart auf den Fersen sind den Tschechen die Niederländer: Heineken legte im ersten Halbjahr 2020 um mehr als 40 Prozent auf rund 180.000 Hektoliter zu. Echte weiße Flecken auf der Landkarte gebe es laut Sydow in Deutschland nicht mehr, da Budvar in der Regel bei allen wesentlichen Handelsunternehmen national gelistet sei. 

Während die deutschen Biermarken einen starken Preisverfall durch Aktionen im Handel beklagen und kaum noch ein Bierkasten im Supermarkt oder Getränkefachhandel regulär für zehn oder mehr Euro verkauft wird, habe sich der Ladenverkaufspreis von Budvar „in den vergangenen Jahren stetig nach oben entwickelt“, sagt Sydow. Sei der Kasten 2012 noch für durchschnittlich rund 15 Euro verkauft worden, so stehe er heute in der Regel für einen Preis zwischen 17 und 18 Euro im Handel. Dennoch habe sich die Zahl der Preisaktionen auch für Budweiser Budvar in den vergangenen Jahren erhöht, sagt Sydow, da das Segment der internationalen Biere für den Handel attraktiver geworden sei. „Hier werden dem Konsumenten Preisabschläge um die 20 Prozent gewährt, was noch als vergleichsweise ‚gesund‘ bezeichnet werden kann.“

Harter Preiswettbewerb

„Die Vermarktung von Bier in Deutschland ist seit Jahren sehr preisgetrieben“, sagt Sydow. Es vergehe keine Woche, in der nicht eine der sogenannten „TV-Marken“ preislich um die zehn Euro angeboten werde. Der Konsument müsse sich nur noch entscheiden, in welchen Laden er gehe, um sein Lieblingsbier zum Aktionspreis zu bekommen. „Das Segment der internationalen Biere steht dabei noch nicht ganz so stark im Fokus“, sagt Sydow. 


Das interessiert WiWo-Leser heute besonders


Douglas ist kein Einzelfall

So schummels sich Ikea, Karstadt & Co. am Lockdown vorbei


„Doppelt so lang schwätzen, halb so viel verdienen“

Warum VW-Händler keine E-Autos verkaufen wollen


Curevac-Gründer Ingmar Hoerr

„Ich dachte, der KGB hätte mich entführt“


Was heute wichtig ist, lesen Sie hier



Jahrelang hatten sich die tschechische Traditionsmarke aus Südböhmen und die US-Brauerei Anheuser-Busch wegen der Markenrechte vor verschiedenen Gerichten gegenüber gestanden – einem der langwierigsten und umfassendsten interkontinentalen Markenstreitigkeiten. Vor sieben Jahren dann fällte der Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg ein Urteil. Die Amerikaner erhielten das alleinige Recht, die Kurzbezeichnung „Bud“ für ihr Bier in der EU zu verwenden.

Anders verhält es sich mit dem kompletten Namen „Budweiser“: Der gehört weiterhin den Tschechen. Bereits 2010 hatten die EU-Richter entschieden, die tschechische Brauerei habe das ältere Recht an der Bezeichnung. Dieser Name bleibt somit in der EU dem Bier aus Tschechien vorbehalten, in grüner Flasche mit roter Schrift auf weißem Etikett.

Mehr zum Thema: Highway to Helles – einst der Deutschen liebstes Pils, verliert Warsteiner seit Jahrzehnten Absatz und Umsatz. Die Brauerei liefert ein Lehrstück, wie sich ein Marktführer durch Managementfehler in die Bedeutungslosigkeit verabschiedet.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%