Brexit-Folgen Düstere Prognosen für deutsche Autozulieferer

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Teure Handelsschranken

Würden die Handels- und Zollvorteile zwischen der EU und Großbritannien wegfallen, sei mit höheren Kosten zu rechnen, die den Preis für das mit deutschen Komponenten hergestellte Auto erhöhen. Zwar würden wegen des niedrigeren Pfund-Kurses wohl auch Autos aus britischer Produktion im Preis steigen, aber nicht ganz so deutlich wie der BMW, Audi oder Polo aus deutscher Produktion. Schließlich sei zu erwarten, dass viele britische Automobilhersteller stärker auf heimische Automobilzulieferer zurückgreifen.

Für ein auf der Insel produziertes Fahrzeug mit einem Preis von 26.500 Euro vor dem Brexit, würden nach dem Brexit so 13 Prozent mehr fällig, kalkuliert Deloitte auf Basis der erwarteten Aufschläge für höhere Materialkosten, umfangreichere Zollformalitäten und Zölle. Ein Auto, das in Deutschland vom Band rollt, würde für die Briten aber 21 Prozent teurer. Die Folge: Die Briten würden dann wohl weniger Autos mit deutschen Bauteilen kaufen.

Deloitte geht davon aus, dass aufgrund der möglichen Preissteigerungen deutsche und europäische Automobilproduzenten etwa 650.000 Fahrzeuge weniger im Vereinigten Königreich absetzen. Auch die britische Automobilindustrie würde rund 120.000 Autos weniger produzieren. Der Umsatz der deutschen Autozulieferer könnte so 2019 um 23 Prozent auf 12,6 Milliarden Euro einbrechen – das entspricht einem Rückgang von rund fünf Prozent an den Gesamtumsätzen.

Auch wenn die Zahlen gravierend sind, ist nicht davon auszugehen, dass deutsche Unternehmen ihren britischen Kunden besondere Zugeständnisse machen werden. „Die Integrität des europäischen Binnenmarktes hat klar Vorrang. Das Risiko, dass der europäische Binnenmarkt zerfasert, wollen die deutschen Unternehmen nicht eingehen,“ meint Börsch. 

Die beiden britischen Minister David Davis und Philip Hammond, die am Mittwoch für eine Charmeoffensive nach Deutschland gefahren waren und sich dort mit Vertretern der Wirtschaft getroffen haben, dürften es also schwer haben, die deutschen Unternehmer auf ihre Seite zu ziehen. Das macht auch Brexit-Gegnern in Großbritannien Sorgen.

Wenn Großbritannien den europäischen Binnenmarkt und die Zollunion verlasse, werde das den Großteil der britischen Automobilindustrie zu einem „raschen und katastrophalen Abstieg verdammen“, kritisiert die EU-freundliche Abgeordnete Alison McGovern, die der oppositionellen Labour-Partei angehört.

In den vergangenen 20 Jahren habe die britische Autobranche nicht zuletzt dank der Unterstützung der EU einen Aufschwung erlebt. Es sei ein komplexes und hocheffiziente Lieferketten aufgebaut worden, die auf der Freiheit und der Flexibilität des Europäischen Binnenmarktes und der Zollunion basierten. „Wenn wir diese verlassen, könnte das all den Fortschritt zunichtemachen“.   

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