Bundesliga in Coronazeiten Diese Labore kontrollieren die Gesundheit der Fußballprofis

Die Abstriche für den Coronatest kann jeder Mannschaftsarzt selbst durchführen – und auch die Analysekapazitäten der Labore reichen aus. Dennoch: Eine Restunsicherheit bleibt. Quelle: dpa

Die Deutsche Fußball Liga scheint gut vorbereitet für den Neustart der Liga. Doch die Labore, die die Corona-Tests der Spieler durchführen, betonen ihre Unabhängigkeit – falls die Tests anderweitig gebraucht werden.

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Es sollte der Tag der Entscheidung sein, der letzte Spieltag der Fußball-Bundesliga. Stattdessen findet am 16. Mai nun ein Versuch statt: Es wird der Samstag, an dem die Proficlubs den Spielbetrieb nach der Coronapause unter besonderen Sicherheitsbedingungen wieder aufnehmen wollen. Das haben die Vereinsvertreter und der Ligaverband DFL beschlossen.

Die Zeit drängt. Die weggebrochenen Erlöse, gerade die ausbleibende letzte Rate für die Übertragungsrechte, haben viele Clubs in Existenznot gebracht. Und am 30. Juni laufen traditionell die Spielerverträge aus, laut DFL-Chef Christian Seifert in diesem Jahr allein bei den Erstligisten mehr als 100. Also kommt – nun doch überraschend schnell – das Konzept der „Task Force Sonderspielbetrieb/Sportmedizin im Profifußball“ zum Einsatz. Das hatte die DFL nach Kritik von Politikern Ende April noch einmal leicht verschärft. Die 51 Folien lange Präsentation legt genau fest, welche Quarantäne-, Abstands- und Testregeln die Bundesligisten einhalten müssen. Eine besondere Rolle kommt dabei fünf Firmen zu, die sonst weniger im Rampenlicht stehen. Es sind die Labore, die die regelmäßigen Covid-19-Tests auswerten, die das Konzept für die Berufskicker vorsieht.

Sie heißen Sonic Healthcare, LADR, Labor Berlin, Synlab und Dr. Wisplinghoff und sind Mitglieder im Verband Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM). Die Unternehmen sitzen in Berlin, Geesthacht, Augsburg und Köln, haben aber Dutzende Labore in ganz Deutschland. Die Bundesliga-Standorte von Bremen bis München, von Mönchengladbach bis Leipzig breit abzudecken und dabei die Organisation möglichst einheitlich zu halten, sei „ein wichtiger Teilaspekt des Wunsches seitens der DFL“ gewesen, sagt Jan Kramer, der ärztliche Leiter und Geschäftsführer von LADR.

Das Konzept der DFL scheint ausgereift zu sein, nur der Praxistest steht noch aus. Die Kritik, es würden dringend benötigte Testkapazitäten für junge, überbezahlte Fußballer verplempert, können Liga und Labore inzwischen leicht entkräften. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bezifferte die bundesweiten Testkapazitäten auf etwa eine Million pro Woche. Derzeit zählt der ALM-Verband deutschlandweit wöchentlich rund 300.000 Tests, die Kapazitäten sind also bei weitem nicht ausgereizt. Für die 36 Clubs der 1. und 2. Liga sind aktuell 40 Testungen pro Verein vorgesehen, und das zweimal in der Woche. „Wir sprechen hier von weniger als 0,4 Prozent der wöchentlichen Kapazität“, teilt Labor Berlin auf Anfrage mit. Das sei „guten Gewissens“ vertretbar.

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Was er darüber denkt, dass Bundesregierung und Ministerpräsidenten dem Fußball diese Möglichkeit gestattet hat, will Jan Kramer nicht verraten. Es gebe „diesen Wunsch in der Öffentlichkeit, in der Politik sowie bei den Vereinen und der DFL“, aber die „Sinnhaftigkeit eines Spielbetriebes oder Nachvollziehbarkeit eines Wunsches“ kommentiere er nicht.

„In der gegenwärtigen Phase“ werde das Potenzial eben nicht ausgeschöpft, so Labor Berlin, das jeweils zur Hälfte der Berliner Charité und dem Vivantes-Konzern gehört. Aber was, wenn sich die gegenwärtige Phase ändert?

Sowohl Kramer als auch die Firma aus der Hauptstadt betonen, dass die Versorgung der Bevölkerung absolute Priorität habe. „In keinem Fall wird durch die Testung für die DFL die reguläre Diagnostik blockiert“, so Labor Berlin. Sollte es zu Engpässen kommen, werde „die Testung für die DFL ganz oder teilweise ausgesetzt“.

Was die fünf Laborfirmen für ihre Dienste bekommen, sei vertraulich, betonen sie. Die Vergütung liege aber im Rahmen der Gebührenordnungen der gesetzlichen (GKV) und privaten Krankenkassen. Die Vereinbarung beinhalte keine Mindestabnahme und keinen Pauschalpreis, sagt Kramer. Der PCR-Test, das gängigste Verfahren mittels Polymerase-Kettenreaktion, liegt mit 59 Euro an der oberen Preisgrenze im GKV-Katalog. Für Überprüfungen im Labor zahlen gesetzliche Krankenkassen sonst zwischen 15 und 60 Euro.

Das Geschäft der Labore

Die Mitarbeiter analysieren Genmaterial und Blutproben und unterstützen pathologische Institute. Zwei Drittel aller ärztlichen Diagnosen beruhen heutzutage auf Labordiagnostik. Ein lohnendes Geschäft: Rund 6,5 Milliarden Euro setzt die Branche in Deutschland jährlich um. LADR machte 2018 78 Millionen Euro Umsatz, Labor Berlin 24,5 Millionen. Deutlich größer ist Marktführer Synlab mit zuletzt 2,1 Milliarden Euro. Synlab gehört dem britischen Finanzinvestor Cinven. Sonic Healthcare hat einen australischen Mutterkonzern.

Mit dem Bundesliga-Deal werden die Labore nicht reich. Anders als bei Sonic und Synlab führen die beiden Mediziner Jan Kramer und Bruder Tobias Kramer LADR in dritter Familiengeneration. Für sie sei Patientenversorgung kein Geschäftsmodell, sondern „eine Tradition“, sagt Jan Kramer.

Ungewissheit bleibt

Das Geschäftsmodell Bundesliga geht also auch dank Kramers Hilfe weiter. Streiks von hochbezahlten Spielern, die um ihre eigene Gesundheit und damit einen Verfall ihres Marktwerts fürchten, gab es bislang noch nicht.

Doch völlig absurd wäre das nicht. Das Risiko in Folge einer Infektion sei für einen Berufsathleten hoch, sagt der Mediziner Wilhelm Bloch von der Sporthochschule Köln. Der Professor warnt davor, „dass eine Infektion das Karriereende sein kann“. Das Virus könne die Lungenkapazität dauerhaft senken. Das wäre für die Karriere eines Profisportlers fatal.

Was genau passiert, wenn sich ein halbes Team infiziert, und was das wiederum für die ausstehenden Partien bedeuten würde, dazu hält sich DFL-Geschäftsführer Seifert bedeckt. Er betont immer wieder, dass die Entscheidung über Quarantäneanordnungen und Absagen bei den lokalen Gesundheitsbehörden liege.

Um die Ansteckungsgefahr im privaten Umfeld zu minimieren, waren zunächst 14 Tage Quarantäne vor dem Re-Start angedacht gewesen. Daraus sind nun sieben geworden. Anders wäre der 16. Mai nicht realisierbar gewesen. Die Spieler müssen sich also an diesem Wochenende während des laufenden Trainingsbetriebs privat in Quarantäne begeben – und hoffen, dass die Testkapazitäten weiter so komfortabel bleiben. Auch wenn ein Restrisiko bleibt.

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