Cannabis Legalisierung light ist besser als gar nichts

Quelle: imago images

Der ganz große Wurf ist es nicht geworden. Trotzdem sind die Cannabis-Pläne der Regierung sinnvoll. Denn die bisherigen Verbote haben auch wenig gebracht. Ein Kommentar.

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Es wird auf absehbare Zeit keinen generellen, freien Cannabis-Verkauf in Deutschland geben. Stattdessen sollen Cannabis-Clubs entstehen, Modellprojekte zum legalen Anbau und Verkauf starten; Eigenanbau in bestimmten Gramm-Grenzen ist ebenfalls möglich.

Was die Ampel nun plant und nun in Berlin vorstellte, wird die Dealer nicht in Scharen von öffentlichen Plätzen vertreiben. Es ist eher eine „Legalisierung light“ geworden. Mehr war wohl aufgrund der strengen EU-Regeln nicht zu machen.

Es ist aber besser als gar nichts.

Das vorgestellte Eckpunktepapier kann der Einstieg in eine neue Cannabis-Politik werden, die nötig ist, nachdem die bisherige Verbotspolitik zu wenig geführt hat. Denn die Ziele einer Legalisierung  bleiben ja richtig: Schwarzmarkt eindämmen, Polizei und Gerichte entlasten, Jugendliche schützen – auch durch bessere Qualitätskontrolle und weniger Verunreinigungen. 

Deutschland ist das erste Land in der EU, dass sich an ein solches Projekt wagt. Die Niederlande sind da eher kein Vorbild – sie sehen lediglich von Strafverfolgung ab, der Stoff stammt aber in der Regel aus illegalem Anbau.

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von Volker ter Haseborg

In Deutschland bleiben allerdings viele Fragen offen: Wie genau soll man sich die Cannabis-Clubs vorstellen? In Spanien und auf Malta, wo es „Social Clubs“ gibt, ist die Rechtslage unklar. Wo finden die Modellprojekte statt? Und was wird nach fünf Jahren aus den Projekten, nachdem womöglich die Regierung gewechselt hat? Wieviel THC, dem das Cannabis vor allem seine Wirkung verdankt, darf im staatlichen Stoff sein?

Um am sogenannten Markt konkurrenzfähig zu sein, wäre ein hoher THC-Gehalt sinnvoll. Um Jugendliche und junge Erwachsene vor Gehirnschädigungen zu bewahren, ist ein niedriger THC-Gehalt angezeigt. Vor allem aber wird es wichtig, sicherzustellen, dass die nun geplante Entkriminalisierung nicht den Konsum von illegalem Stoff fördert. Die Gefahr besteht, darauf deuten Erfahrungen in Kalifornien hin.

Noch im April könnte der Gesetzentwurf stehen, Ende des Jahres der Konsum innerhalb der genannten Grenzen legal sein, verkündete Ernährungsminister Cem Özdemir. Angesichts der vielen offenen Fragen erscheint das reichlich ambitioniert.



Falls es 2023 wird, hätte Bundesfinanzmister Christian Lindner immerhin Wort gehalten. Denn der hatte vergangenes Jahr im Kifferjargon ausgerufen: „Bubatz 2023 legal“. Besser wäre es allerdings, wenn sich die Regierung bei dem sensiblen Thema im Zweifel mehr Zeit nehmen würde.

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