
Die Zeit, in der Carsharing noch eine Alternative für Ökos und Studenten war, ist lange vorbei. Spätestens mit dem Einstieg der großen Autobauer hat sich der Markt gewandelt. In keinem anderen Land in Europa nutzen mehr Menschen alternative Mobilitätsmodelle als in Deutschland. 1,26 Millionen Deutsche sind mittlerweile bei den Carsharing-Diensten registriert, meldete zuletzt der Bundesverband Carsharing. Hinzu kommen Hunderttausende, die Ridesharing-Angebote wie Mitfahrzentralen nutzen. Doch bisher sind es weiterhin überwiegend junge Menschen, die eine Alternative zum eigenen Auto suchen.
Das soll sich ändern. Damit das Geschäft auch Gewinne abwirft, sollen neue Kundenschichten erschlossen werden. „Die Branche hat noch sehr großes Wachstumspotenzial", so Marco Gerrits, Partner von BCG. Vor allem, weil Carsharing am urbanen Mobilitätsmix derzeit noch einen Anteil von 0,1 Prozent hat. In einer Studie gehen die Unternehmensberater davon aus, dass der Wachstumskurs sich fortsetzen wird. Im Jahr 2021 rechnen sie mit etwas mehr als zwei Millionen registrierten Nutzern allein in Deutschland. Mit rund 3000 Fahrzeugen ist Berlin schon heute die Carsharing-Hauptstadt Europas. Deutschlandweit sind rund 16.100 Fahrzeuge in 537 Städten im Einsatz.
Technische Hintergründe zu Akkus
Eine Batterie hat die Aufgabe, beim Aufladen möglichst viele Elektronen aufzunehmen und diese mit möglichst wenigen Verlusten zu speichern. Beim Entladen gibt sie die Elektronen dann wieder ab, um mit diesem Strom zum Beispiel einen Elektromotor oder ein Handy zu betreiben.
Im Akku übernehmen die sogenannten Lithium-Ionen diese Speicheraufgabe: Diesen Atomen fehlt ein Elektron. Daher sind sie elektrisch positiv geladen. Beim Aufladen strömen negativ geladene Elektronen in den Akku und sammeln sich in einem dichten Geflecht aus dem leitfähigen Kohlenstoff Graphit. Dorthin wandern dann auch die positiv geladenen Lithium-Ionen. Jedes von ihnen bindet ein Elektron – man könnte auch sagen, dass jedes Ion ein Elektron festhält, um die Ladungsneutralität zu gewährleisten. Beim Entladen des Akkus verlassen die Elektronen das Graphit nach und nach wieder. Damit wandern auch die positiv geladenen Lithium-Ionen aus dem Graphit-Netzwerk heraus. Später kann der Ladezyklus dann von neuem beginnen.
Je mehr Lithium-Ionen in einen Akku hineinpassen, umso mehr Elektronen und damit Energie können auf gleichem Raum gespeichert werden. Daher arbeitet Bosch schon länger unter anderem daran, den Graphit-Anteil zu reduzieren oder ganz auf das Graphit zu verzichten. Dies würde die Energiedichte des Akkus deutlich steigern. Das scheint jetzt dem Start-up Seeo, das Bosch gekauft hat, gelungen zu sein.
Die Branche wird erwachsener – das spüren auch die Riesen. „Wir denken darüber nach, wie wir neue Modellreihen in die Flotte integrieren können“, sagt Roland Keppler, Chef von Daimlers Carsharing-Tochter Car2go. Bisher vermieten die Schwaben vor allem Smarts und einige B-Klassen. Marktführer DriveNow von BMW hat bereits 11 verschiedene Modelle im Angebot, die kurzfristig angemietet werden können - vom Mini Cabrio, über den elektrischen BMW i3 bis zum 2er Active Tourer. Für die Hersteller sind die Töchter eine geeignete Möglichkeit, um potentiellen Kunden die neuen Modelle nahezubringen. Im Schnitt wird ein Carsharing-Fahrzeug alle zwölf Monate ausgetauscht.
Während sich Riesen wie DriveNow und Car2go derzeit darauf konzentrieren, ihre Flotten und Geschäftsgebiete stärker an den Bedarf anzupassen und auf Rendite zu trimmen, gibt es in einigen Segmenten Impulse für neues Wachstum.
Insbesondere die Vermietung von Privatautos hat 2015 eine enorme Entwicklung genommen. Marktführer Drivy will das Angebot dieses Jahr noch erweitern – und so neue Kundenkreise erschließen. Seit Dienstag testen die Franzosen eine neue Technologie, die bald flächendeckend zum Einsatz kommen soll.
Mit welchen Hindernissen Elektroautos kämpfen
Noch sind die reinen E-Autos deutlich teurer als ihre Benzin-Pendants. Ein Beispiel: Der E-Golf von Volkswagen ist ab 35 000 Euro zu haben. Ein Golf mit vergleichbarer Ausstattung kostet nur 24 150 Euro. Doch das könnte sich ändern. Laut Berechnungen des Ingenieurbüros P3 sind Elektrofahrzeuge ab dem Jahr 2018 beim Preis wettbewerbsfähig, wenn nicht sogar im Vorteil. Dabei werden neue Batterien zu Grunde gelegt, die einen höheren Nickelanteil vorweisen.
Die Batterietechnologie, die für den Preis verantwortlich ist, ist auch der Grund für einen weiteren Knackpunkt: Für den E-Golf gibt Volkswagen eine Reichweite zwischen 130 und 190 Kilometern an. Für eine Fahrt in den Urlaub dürfte das kaum reichen, zumal die Zahl der Ladepunkte in Deutschland im Vergleich zu den herkömmlichen Tankstellen noch klein ist. Auch das dürfte sich aber mit der Weiterentwicklung der Batterietechnologie ändern.
Vor allem auf dem Land kann die geringe Reichweite zum Problem werden. Deutschland liegt laut der Nationalen Plattform Elektromobilität mit 4800 Ladepunkten an 2400 Standorten im internationalen Mittelfeld. Nach dem Willen der EU Kommission sollen bis 2020 in Deutschland 150 000 öffentlich zugängliche Ladestationen entstehen. Zum Vergleich: Laut ADAC lag die Zahl der herkömmlichen Tankstellen 2013 bei 14 328.
Smart-Chefin Annette Winkler spricht sich schon lange offen für eine Förderung von E-Autos aus. Das müssen nicht unbedingt finanzielle Anreize sein: Der Bundestag erlaubte jüngst Städten und Gemeinden, kostenlose Parkplätze für E-Autos zu reservieren und ihnen die Nutzung von Busspuren zu erlauben. Ob das ausreicht, zweifelt unter anderem VDA-Präsident Matthias Wissmann an. Er fordert finanzielle Impulse - wie zum Beispiel Sonderabschreibungsregeln für Firmenwagen. In anderen Ländern wie den USA, China oder Frankreich bekommen Käufer Cash vom Staat beim Kauf eines E-Autos.
Nach Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) rollten Ende 2014 knapp 19 000 reine E-Autos auf deutschen Straßen. Die Zahl der sogenannten Plug-In-Hybride, die die Bundesregierung zu den E-Autos zählt und die sowohl an der klassischen Tankstelle als auch an der Steckdose betankt werden, lag bei 108 000. Insgesamt waren 44,4 Millionen Pkw in Deutschland unterwegs. Das Ziel der Bundesregierung von einer Million elektrisch betriebenen E-Autos bis 2020 liegt damit noch in weiter Ferne. An der Auswahl kann es nicht liegen: Im vergangenen Jahr kamen laut Verband der Automobilindustrie (VDA) 17 neue Serienmodelle mit Elektroantrieb auf den Markt. 2015 sollen noch einmal zwölf weitere hinzukommen. Selbst der elektroskeptische Porsche-Chef plant offenbar mit einem E-Auto: Zuletzt schloss Müller nicht mehr aus, dass das bis Ende des Jahrzehnts geplante nächste Porsche-Modell rein elektrisch betrieben wird.
Mit einer eingebauten Box sollen Privatautos sich künftig auch per Smartphone anmieten lassen – wie ein Auto von Car2go oder DriveNow. Im Laufe des Jahres soll die Anmietung mit wenigen Klicks möglich sein. Flexibilität ist wichtig, um wohlhabendere Kunden zu gewinnen. „Besonders Geschäftsreisende machen einen großen Anteil des Mietmarktes aus“, sagt Drivy-Chef Heiko Barnerßoi im Gespräch mit dem Handelsblatt.
Die Professionalisierung des Marktsegments, das jahrelang von vergleichsweise kleinen Start-ups beherrscht wurde, ist in vollem Gange. Mit CarUnity ist auch der Autobauer Opel in den Markt eingestiegen. Das Modell, das zunächst im Rhein-Main-Gebiet beworben wurde, soll nun auch deutschlandweit wachsen.