Chemiekonzern BASF soll schneller grüner werden - Milliardeninvestitionen geplant

Bis 2030 will der Chemiekonzern seine CO2-Emissionen im Vergleich zum Jahr 2018 um ein Viertel reduzieren. Dazu sollen bis zu vier Milliarden Euro investiert werden.

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Derzeit erzeugt der Konzern 80 Prozent seines Energiebedarfs selbst, alle großen Standorte haben dafür entsprechende Kraftwerke. Quelle: dpa

BASF-Chef Martin Brudermüller will beim Klimaschutz Tempo machen und plant dafür Milliardeninvestitionen. Bis 2030 soll der weltgrößte Chemiekonzern seine CO2-Emissionen um ein Viertel im Vergleich zum Jahr 2018 senken – bislang lautete das Ziel, bis 2030 klimaneutral zu wachsen, also ohne zusätzliche Emissionen.

„Damit drücken wir jetzt auf die Tube“, sagte Brudermüller der Nachrichtenagentur Reuters in einem am Freitag veröffentlichten Interview. „Der Weg hin zur Klimaneutralität in der Industrie führt generell über die Chemie, denn sie steht am Anfang der Wertschöpfungsketten.“

BASF bekannte sich erstmals auch dazu, ab 2050 klimaneutral sein zu wollen und folgt damit nicht nur den Rivalen Dow und DuPont, sondern einer ganzen Reihe anderer Unternehmen, die sich dieses Ziel schon längst gesetzt haben.

„Ich war da ein bisschen zögerlich in der Vergangenheit, weil mich eigentlich die letzten Meter der Wegstrecke weniger interessieren, sondern eher die ersten“, gestand Brudermüller ein. „Unseren Schwerpunkt legen wir darauf, was wir bis 2030 machen.“ Zu dem neuen Klima-Fahrplan von BASF gehören auch Investitionen von bis zu vier Milliarden Euro.

Bis zu eine Milliarde davon sind bis 2025 geplant, weitere zwei bis drei Milliarden bis 2030. Zum Vergleich: Im laufenden Jahr plant der Konzern mit 3,6 Milliarden Euro Sachinvestitionen.

BASF will Fördergelder beantragen

Für einzelne Projekte wolle BASF auch Fördergelder beantragen, sagte Brudermüller. „Das sind riskante neue Dinge. Da ist es dann auch in Ordnung, wenn die Gesellschaft und Politik diesen Auftrag an uns gibt, dass sie dann auch die ersten Schritte mit fördert.“

2018 lagen die weltweiten Emissionen von BASF bei 21,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente, etwa halb so viel wie im Jahr 1990. Mit dem neuen Emissionsziel 2030 wird eine Verringerung von rund 60 Prozent gegenüber 1990 angesteuert. Brudermüller setzt dafür verstärkt auf den Einsatz erneuerbarer Energien statt fossiler Energieträger wie Erdgas und will neue CO2-freie Verfahren für die Herstellung von Chemikalien entwickeln.

Eines des wichtigsten Projekte ist dabei die Entwicklung eines elektrischen beheizten Steamcrackers. Steamcracker, mit denen wichtige Grundbausteine der Chemie hergestellt werden, werden bisher mit Erdgas befeuert, um die benötigte Hitze zu erzeugen. Mit dem saudischen Petrochemiekonzern Sabic und Linde will BASF eine Demonstrationsanlage am Stammsitz Ludwigshafen bauen, die 2023 in Betrieb gehen könnte.

Der Konzern arbeitet zudem an Verfahren zur CO2-freien Herstellung von Wasserstoff, ein wichtiger Einsatzstoff für viele chemische Herstellprozesse, und plant den Einsatz elektrischer Wärmepumpen, um aus Abwärme CO2-frei Dampf zu erzeugen. Dabei kooperiert BASF mit Siemens Energy.

„Der Strom muss billiger werden“

Derzeit erzeugt der Konzern 80 Prozent seines Energiebedarfs selbst, alle großen Standorte haben dafür entsprechende Kraftwerke. Durch die Umstellung auf klimaneutrale Produktionsverfahren wird der Strombedarf von BASF allerdings stark ansteigen: Bis 2035 voraussichtlich auf das mehr als Dreifache als derzeit.

Der Strombedarf soll schrittweise auf erneuerbare Quellen umgestellt werden, dazu strebt BASF auch Investitionen in Windenergieanlagen an. Denkbar seien etwa Co-Investitionen in einen neuen Offshore-Windpark oder der Bau lokaler Solarflächen. „Es wird sehr viele Maßnahmen weltweit geben, wir bauen uns da ein Energieportfolio auf.“

Brudermüller sprach von einer langen Reise, in der viele Maßnahmen nötig seien und es auch viele Hürden gebe. „Was wir natürlich brauchen, damit es erfolgreich wird, ist auch die Unterstützung der Politik.“ BASF hoffe auf positive Rahmenbedingungen, diese seien für die Umstellung unerlässlich. Man brache ein völlig neuen Ansatz mit dem Ziel, Abgaben und Umlagen auf Strom zu reduzieren, „vor allem die EEG-Umlage muss weg, der Strom muss am Ende billiger werden.“

Für die BASF bedeute dieser Weg ein „Riesenkraftakt“. „Das ist natürlich kein „walk in the park“, denn wir wachsen ja. Das heißt, wir haben einen sehr starken Volumenzuwachs und der erzeugt mit jeder Tonne produzierter Chemikalie auch wieder CO2 – in Zukunft aber eben immer weniger.“

BASF reagiere damit auch auf die Anforderungen seiner Kunden. „Ich bekomme einen Brief nach dem anderen von unseren Kunden, die uns sagen, bis zu diesem oder jenem Zeitpunkt müssen Eure Produkte CO2-neutral sein.“

Aber auch immer mehr Investoren legen Wert auf eine nachhaltige Kapitalanlage, was auch BASF zu spüren bekommt, wie Brudermüller sagte. „Da entsteht schon auch ein Marktdruck und gleichzeitig auch ein Investorendruck. Schafft es dieses Unternehmen in eine CO2-freie-Zukunft oder nicht? Wenn nicht, lassen sie ihr Geld darin? Vermutlich nicht.“

„Kleines Fragezeichen“ hinter Ausblick

Nach einem guten Jahresstart bleibt Brudermüller beim Ausblick für 2021 weiter vorsichtig . Bei einer Entspannung der Corona-Pandemie dürfte im zweiten Halbjahr vor allem das Dienstleistungsgewerbe von einer wirtschaftlichen Erholung profitieren und weniger die Industrie, sagte er.

Bisher sei das Jahr weltweit „gut angelaufen“. „Was im Moment passiert: Die Verbraucher kaufen relativ viele Dinge, es wird das Zuhause verschönert, sie kaufen neue Möbel, neue Küchen, sie streichen und kaufen Fitnessgeräte. Das führt natürlich auch zur Nachfrage nach Chemieprodukten.“

Für 2021 hat sich BASF bei seinen Zielen wegen der hohen Unsicherheiten angesichts der Pandemie viel Spielraum gelassen. Der Umsatz soll auf 61 bis 64 Milliarden Euro steigen, das wäre ein Plus von bis zu acht Prozent. Der bereinigte operative Gewinn (Ebit) soll auf 4,1 bis 5,0 Milliarden Euro klettern, ein Zuwachs von 14 bis 39 Prozent im Jahresvergleich.

Brudermüller hatte im Februar gesagt, mit der breiten Spanne berücksichtige BASF das Risiko von erneuten Unterbrechungen der weltweiten Lieferketten sowie die damit verbundenen negativen Folgen für die Weltwirtschaft. Der Konzern sei aber zuversichtlich, ohne solche negativen Auswirkungen ein Ergebnis am oberen Rand der Prognose erzielen zu können.

„Wir sind ja etwas vorsichtig im Ausblick, weil ich schon glaube, wenn die Lockdownphase beendet sein wird, dann werden die Leute ihre Geldausgaben umschichten“, sagte Brudermüller nun. „Investitionen dürften dann wieder mehr in Freizeitaktivitäten fließen wie Urlaube, Restaurantbesuche und Kultur. Man muss daher davon ausgehen, dass ein Teil der aktuellen Nachfrage vorgezogen war und es ein bisschen schwächer wird in der zweiten Hälfte. Darum haben wir auch ein kleines Fragezeichen hinter unserem Ausblick.“

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