Chemieriese Evonik-Börsengang vor dem Aus

Der größte für dieses Jahr geplante Börsengang ist offenbar gescheitert. Innerhalb der RAG-Stiftung konnte man sich weder auf eine Preisspanne für die Aktien einigen, noch auf das Emissionsvolumen.

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Evonik-Konzernzentrale in Essen. Ein schneller Börsengang des Chemiekonzerns wird immer unwahrscheinlicher. Quelle: dpa

Die am 25. Juni geplante Platzierung von bis zu 30 Prozent an dem Spezialchemiekonzern Evonik ist so gut wie gescheitert. Das Kuratorium der RAG-Stiftung, die knapp 75 Prozent der Anteile an dem Konzern hält, konnte sich am Sonntag weder auf eine Preisspanne für die Aktien einigen, noch auf das Emissionsvolumen. In einer Telefonkonferenz wurden diese Entscheidungen vertagt – auf den Montag nach der Griechenland-Wahl.

Die möglichen Marktturbulenzen nach dem Urnengang in Athen sind jedoch vorgeschoben. Tatsächlich geht es darum, dass die Stiftung den Preis, für den sie die Aktien losschlagen will, derzeit nicht erzielen kann. Dazu nämlich müsste Evonik vom Markt mit 15 Milliarden Euro bewertet werden.

Während die Investmentbanken den Konzern zunächst auf 17 bis 20 Milliarden Euro taxierten, gehen mögliche Investoren eher von um die zwölf Milliarden Euro aus. Wegen dieser Diskrepanz ist nun ein Streit zwischen der Stiftung und den Banken entbrannt.

"Eine Art Nagelprobe"

Der Termin für den Urnengang in Athen war jedenfalls auch schon in der letzten Kuratoriumssitzung am 21. Mai bekannt. Dennoch sagte der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Wilhelm Bonse-Geuking, damals laut Protokoll: „Meine Ausführungen sollen schon auf unsere Sitzung am 10. Juni hinführen, auf der dann über die Preisspanne und das maximale Emissionsvolumen zu entscheiden ist.“

Bonse-Geuking hatte den Kuratoren am 21. Mai unter Berufung auf die federführenden Investmentbanken Deutsche Bank und Goldman Sachs versichert, dass ein halbes Dutzend internationaler Großinvestoren an einer Zeichnung der Papiere interessiert sei. Laut dem Protokoll der Sitzung hatte auch der Finanzvorstand der Stiftung, Günter Schlatter, gesagt, dass am 10. Juni „von den sogenannten Cornerstone-Investoren bindende Zusagen für ihre Aktienzeichnung einschließlich Preisvorstellungen vorliegen sollen“. Der Stiftungsvorstand, so Schlatter damals, „betrachtet diese Zusagen als eine Art Nagelprobe“.

Eckinvestoren geben keine Zusagen

Ob der Chemiekonzern Evonik trotz der Turbulenzen an den Finanzmärkten den Sprung an die Börse wagt? Das Scheitern des Börsengangs wird derzeit immer unsicherer. Quelle: dpa

Tatsächlich aber gibt es keine Eckinvestoren, die verbindliche Zusagen gegeben hätten, versichern Manager und Berater des Konzerns. Wohl auch deswegen hatte der Stiftungsvorstand dem Kuratorium am Sonntag noch nicht einmal einen Vorschlag für eine Preisspanne vorgelegt.

Längst hat deshalb im Hintergrund die Suche nach den Schuldigen begonnen. So wirft die Stiftung den Investmentbanken vor, die Stimmung an den Märkten bezüglich Evonik völlig falsch eingeschätzt zu haben.

Goldman Sachs und die Deutsche Bank hätten den Konzern mit kleineren Spezialchemie-Unternehmen wie Victrex, Symrise oder Umicore verglichen und deswegen mit dem bis zu Neunfachen des Gewinns bewertet.

Möglichkeit hätte schon im März bestanden

Stattdessen sieht der Markt Evonik offenbar in einer Reihe mit BASF, Lanxess oder DSM – allesamt Konzerne, die an der Börse nur mit dem etwa Fünffachen ihrer Gewinne notieren.

Die Banken dagegen werfen der Stiftung vor, den Börsengang viel zu spät angepeilt zu haben. Die Aktienemission sei schon im März möglich gewesen, allerdings war die Stiftung damals mit dem Streit um die Nachfolge von Bonse-Geuking praktisch lahmgelegt.

Angesichts des Streits wurde dessen Vertrag Ende März um ein Jahr verlängert. Zudem seien Bonse-Geukings wiederholte Äußerungen, Evonik müsse nicht an die Börse, wenn der gewünschte Preis nicht erzielt werde, von Investoren nicht gut aufgenommen worden.

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