China und Indien wachsen Autohersteller brauchen Asien

Die großen Automobilhersteller können auf das Asien-Geschäft nicht mehr verzichten. Von dort kommt das Wachstum, das es in anderen Regionen der Welt nicht mehr gibt. Der deutsche Markt verliert klar an Bedeutung.

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Alle Autohersteller – hier Volkswagen – setzen auf China. Asien bringt die Wachstumsraten, die es in anderen Teilen der Welt nicht mehr gibt. Quelle: AFP

Düsseldorf Ohne Asien käme die Autoindustrie in ernste Probleme. Vor allem die riesigen Absatzmärkte in China und Indien sorgen dafür, dass die Branche auch in diesem Jahr wieder wachsen kann. Mehr als 80 Millionen Pkw werden 2016 nach Berechnungen des CAR-Instituts an der Universität Duisburg-Essen verkauft. Gegenüber dem Vorjahr entspricht das einem Zuwachs von zwei Millionen Autos oder 2,5 Prozent, heißt es weiter in der Studie, die dem Handelsblatt exklusiv vorliegt.

„China ist und bleibt die Wachstums-Lokomotive“, unterstreicht Ferdinand Dudenhöffer, der Leiter des CAR-Instituts. Mehr als 20 Millionen Neuwagen finden in China jährlich einen Käufer. Zum Vergleich: In Deutschland sind es seit Jahren recht konstant mehr als drei Millionen pro Jahr.

Indien wächst im Unterschied zu China wegen der insgesamt niedrigeren Kaufkraft nicht ganz so schnell, kommt aber immerhin schon auf eine Zahl von jährlich drei Millionen Pkw, also fast schon so viel wie Deutschland. Unternehmen wie Volkswagen reagieren darauf: In diesem Jahr kommt der Kleinwagen Ameo auf dem indischen Subkontinent auf den Markt, der in Indien produziert und speziell für dieses Land entwickelt worden ist.

Die Automobilhersteller profitieren in Asien und speziell in China von den vergleichsweise hohen Wachstumsraten. Die chinesische Volkswirtschaft wächst zwar nicht mehr mit mehr als sieben Prozent wie in den vorangegangenen Jahren. Aber auch mit einer Rate darunter bleibt immer noch genug für die Autobranche hängen.

In diesem Jahr wächst der Automarkt in China voraussichtlich um 5,2  Prozent, 2017 dürften es  4,5 Prozent werden. 40 Prozent aller Neuwagen werden inzwischen in ganz Asien verkauft, der Anteil allein von China an allen Neuwagenverkäufen weltweit liegt bei gut 27 Prozent. In China werden jetzt die SUV immer populärer, damit gleich der Automarkt dort Europa und Nordamerika an.

Am anderen Ende der Rangliste stehen Brasilien und Russland. Aufgrund der einschneidenden Wirtschaftskrise in beiden Ländern sind dort auch die Automärkte stark eingebrochen. Die CAR-Forscher glauben, dass beide Länder in diesem Jahr ihren ökonomischen Tiefpunkt erreichen werden und dass es danach wieder aufwärts geht. Absatzdellen verzeichne zudem auch Japan, wegen seiner großen Bevölkerung kein ganz unwichtiger Markt für die Automobilindustrie.

Wenn sich Russland und Brasilien tatsächlich im kommenden Jahr erholen sollten, würde das noch einmal einen neuerlichen Aufschwung für die Automobilindustrie bedeuten. 2017 könnten die Verkaufszahlen um 2,4 Millionen (plus drei Prozent) auf insgesamt 82,7 Millionen Fahrzeuge anwachsen.


Deutschland ist nur noch ein kleiner Markt

Im Unterschied zu Asien geht es in allen etablierten Automärkten vergleichsweise langsam voran. In den USA wächst die Zahl der Neuwagenverkäufe nur noch leicht, auch in Westeuropa gehören größere Wachstumsraten schon lange der Vergangenheit an. Gerade in Europa bleibt den Herstellern gar nichts anderes übrig, als die Flucht in andere Regionen der Welt und damit besonders nach Asien anzutreten.

„Deutschland braucht die Automobilindustrie, die Automobilindustrie braucht aber Deutschland nicht“, betont Automobilprofessor Dudenhöffer. An der Höhe des Gesamtbestandes von Fahrzeugen werde sich nicht mehr besonders viel ändern, es würden praktisch nur noch alte gegen neue Fahrzeuge ausgetauscht.

Die CAR-Forscher kommen zudem zu dem Ergebnis, dass die europäischen Fahrzeughersteller in naher Zukunft im Durchschnitt weniger verdienen werden. Sie müssten zusätzlich investieren, um die ungeklärte Abgasfrage bei  Dieselmotoren zu klären. Da Dieselmotoren nur in Europa eine große Rolle spielten, seien die meisten Konkurrenten aus anderen Erdteilen von dieser zusätzlichen Investitionslast befreit.

Die Wissenschaftler aus dem Ruhrgebiet warnen zugleich vor einem übermäßigen Investitionsaufwand beim Diesel, bei dem Aufwand und Ertrag nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zueinander stünden. Außerhalb Europas spiele der Diesel keine Rolle, daran werde sich nichts mehr ändern.

In Europa gerate der Diesel – ausgelöst durch die Abgasaffäre bei Volkswagen – jetzt ebenfalls unter Druck. Noch mehr Geld in den Diesel zu stecken, könne auch zu einer völligen Fehlinvestition führen. „Man hat den Eindruck, die klassischen deutschen Automobilhersteller rennen einem Phantom hinter, das dem Aktionär wenig Freude bereitet.“

  

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