Clariant und Huntsman Ein neuer Konkurrent für deutsche Chemiekonzerne

Der nächste Milliardendeal in der Chemieindustrie steht an: Die Schweizer Clariant und der US-Konzern Huntsman wollen fusionieren. Für Evonik und Covestro dürfte so ein gefährlicher Wettbewerber entstehen.

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Der neue Konzern wird etwa 40 Prozent seiner Umsätze in Amerika erzielen, ein Drittel in Europa und gut ein Viertel in Asien. Quelle: AP

Frankfurt Die Konsolidierungswelle in der Chemiebranche setzt sich mit dem nächsten Milliardendeal fort. So wollen sich nun der US-Konzern Huntsman und die Schweizer Clariant zu einem neuen Spezialchemiekonzern mit rund 13 Milliarden Dollar Umsatz und 14 Milliarden Dollar Börsenbewertung zusammenschließen. Das neue Unternehmen, das Huntsman-Clariant heißen soll, wäre damit nach Evonik und etwa gleichauf mit Covestro der weltweit zweitgrößte Spezialchemiehersteller.

Hintergrund des Zusammenschlusses ist die generelle Konzentrationswelle in der Branche, die in den vergangenen beiden Jahren bereits zu zahlreichen Übernahmen und Fusionsvorhaben geführt hat. Darunter fallen zum Beispiel der geplante Zusammenschluss der amerikanischen Branchenführer Dow und Dupont sowie das Vorhaben von Bayer, den US-Saatgutkonzern Monsanto zu übernehmen. Auch der bislang abgewehrte Übernahmeversuch von PPG beim niederländischen Farbenhersteller Akzo beleuchtete zuletzt den Fusionstrend in der Branche.

„Wir sind überzeugt, dass in nächsten fünf bis zehn Jahren vor allem solche Firmen den Trend treiben werden, die mindestens 13 bis 14 Milliarden Dollar Umsatz erzielen“, sagte Clariant-Chef Hariolf Kottmann. „Clariant würde zu lange brauchen, um diese Größenordnung zu erreichen.“

Kottmann soll Verwaltungsratsvorsitzender des neuen Unternehmens werden, die Position des CEO will Peter Huntsman, der Chef des amerikanischen Fusionspartners, übernehmen. Offizieller Firmensitz wird Pratteln nahe Basel sein, das operative Hauptquartier soll dagegen in The Woodlands im US-Bundesstaat Texas angesiedelt sein. „Die Kombination wird uns erlauben, stärker und profitabler zu wachsen“, zeigte sich Huntsman überzeugt.

Die neue Fusionswelle in der Chemie konzentrierte sich zunächst auf den Agrochemiesektor, hat inzwischen aber auch weitere Sektoren der Branche erfasst. Einerseits geht es dabei darum, bestehende Geschäftsfelder zu ergänzen. Evonik etwa verstärkte sich im Additivgeschäft mit dem Kauf der entsprechenden Sparte des US-Industriegase-Konzerns Air Products. Lanxess kaufte das US-Spezialchemieunternehmen Chemtura, BASF schluckte Ende des vergangenen Jahres den Oberflächen-Spezialisten Chemetall.

Zum anderen geht es aber auch darum, die strategischen Positionen gegenüber möglichen neuen Wettbewerbern, etwa aus Asien zu stärken. So versuchen etwa Chemieproduzenten aus Asien verstärkt in die Spezialchemie vorzudringen. In China wird über einen Zusammenschluss von Chemchina und Sinochem spekuliert. Chemchina ist zudem gerade dabei, die Schweizer Pflanzenschutzfirma Syngenta zu übernehmen.


Die Fusionswelle dürfte sich fortsetzen

Getrieben wird die Fusionswelle zudem durch eine gewisse Wachstumsschwäche bei den westlichen Chemiefirmen. Über die Fusionen und Akquisitionen versuchen sie, neues Potenzial zur Verbesserung von Margen und Gewinnen zu erschließen.

Branchenexperten gehen daher davon aus, dass sich der Fusionstrend in der Chemie vorerst fortsetzen wird. Vir Lakshman von KPMG etwa schätzt, dass sich ähnliche Konzentrationstendenzen wie in der Agrochemie auch in Segmenten wie Farben oder in der Bauchemie zeigen werden.

Im Falle Clariant und Huntsman entsteht ein Spezialchemiekonzern mit einem relativ breiten Angebot, das unter anderem Katalysatoren, Kunststoffzusätze, Vorprodukte für die Kosmetikindustrie sowie Kunststoffe, insbesondere Polyurethane, umfasst. Der neue Konzern wird etwa 40 Prozent seiner Umsätze in Amerika erzielen, ein Drittel in Europa und gut ein Viertel in Asien. Die beiden Gesellschaften planen, innerhalb der ersten beiden Jahre rund 400 Millionen Dollar an Synergien aus der Fusion zu realisieren und rechnen dabei mit Einmalkosten von rund 500 Millionen Euro.

Der Zusammenschluss ist ähnlich wie im Falle Dow und Dupont als „merger of equals“ angelegt und soll liquiditätsschonend komplett über einen Aktientausch realisiert werden. Die bisherigen Clariant-Aktionäre sollen dabei 52 Prozent an der neuen Gesellschaft halten, die Huntsman-Eigner 48 Prozent.

Huntsman ist mit bisher 9,6 Milliarden Dollar Umsatz zwar formal größer als Clariant mit rund sechs Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2016. Der US-Konzern will jedoch wie bereits geplant seine Pigment-Sparte im Vorfeld der Fusion ausgliedern und wird daher nur rund 7,3 Milliarden Dollar Umsatz in die neue Firma einbringen.

Sowohl Huntsman als auch Kottmann sehen breiten Rückhalt bei den Aktionären für die Transaktion. „Es gibt großen Enthusiasmus bei allen Aktionären in der Familie“, berichtete der Amerikaner. Und vor allem auch meine Mutter, die eigentlich der Boss von Huntsman ist, ist glücklich. Das ist okay für mich.“

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