Clemens Tönnies Von der Schlachtbank zum Fanblock

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Fleisch für China

Ferkel in einer Farm Quelle: AP

Ist Ihnen Ihr großer Wettbewerber Vion da nicht voraus? Der niederländische Großschlachter steht seit vergangener Woche unter dem Verdacht, Fleisch falsch deklariert zu haben, streitet die Vorwürfe jedoch ab. Gleichwohl bringt Vion Fleisch mit einem Siegel der Deutschen Tierhilfe in die Regale.

Es gibt viele namhafte Vertreter in der Branche, die gemeinsam mit mir in hohem Maße skeptisch gegenüber Insellösungen sind. Der Tierschutz ist eine Aufgabe der gesamten Branche...

...deren Image es doch aber nur gut tun kann, wenn einer vorprescht und die anderen unter Druck setzt, nachzuziehen.

Deshalb machen ja auch wir Druck, verfolgen aber eine ganz andere Strategie. Wir haben eine Stabsstelle direkt unter dem Vorstand eingerichtet. Dieser Mitarbeiter macht nichts anderes als Tierschutz. Er sagt uns, wie die Haltungsbedingungen in der idealen Schweineproduktion, -mast und -zucht sein müssen. Mit diesen Vorgaben gehen wir zu den Bauern und sagen: Wir verarbeiten 15 Millionen Schweine pro Jahr, und wir haben die Zusage von allen großen Handelsketten, dass sie höhere Kosten durch höhere Standards mittragen. Dann erhöhen wir alle gemeinsam die Standards. Nicht aber wenn ein einzelnes Unternehmen mit bunten Tierwohl-Werbeslogans vorprescht, tatsächlich aber nur drei Produkte im Markt hat und von diesen kaum mehr als zwei Tonnen pro Woche verkauft.

Was sind für Sie höhere Standards?

Wir wollen mit allem aufhören, was uns, den Handel, die Tierschutzorganisationen und natürlich die Verbraucher stört: mit der Ferkelkastration, dem Kürzen der Schwänze, dem Schleifen der Zähne oder dem Dauereinsatz von Medikamenten. Wir wollen den idealen Stall mit Modellcharakter. Und dann werden wir aufklären und sagen: Das ist das Programm der deutschen Fleischwirtschaft. Ich denke, in zwei Jahren können wir so weit sein.

Werden die Schnitzel dadurch teurer?

Das sind am gesamten Schwein vielleicht 20 Euro. Dann wird das Fleisch ein klein wenig teurer. Tatsächlich ist es doch sowieso eher zu günstig.

Sie haben in China ein Joint Venture mit einem dortigen Unternehmen geschlossen. Warum?

Wir wollen die Fleischverteilung vom Großmarkt zu den nachgelagerten Stellen neu organisieren. In China läuft das zurzeit so: Das Fleisch landet als Schweinehälften in Zerlegeeinrichtungen. Das sind große Hallen mit 200 bis 300 kleinen Kabinen, in denen Zwischenhändler die Hälften verkehrsfertig zuschneiden und verkaufen. Dann kommen Tausende Kleinhändler, packen sich 10 bis 15 Kartons aufs Moped und gurken dann damit bei 35 Grad Celsius stundenlang durch die Gegend. Die haben keine Kühllaster oder Kühltheken. Das sind hygienische Bedingungen, da fällt uns nichts mehr ein.

Was ist Ihre Rolle?

Wir wollen vor allem unser Know-how einbringen, also welche Zerlegemaschinen benötigt werden, welche Hygienestandards nötig sind und so weiter. Rund um Peking sollen so zunächst vier riesige Hallen entstehen, jede mit einer Fläche von 20 Hektar, also Pi mal Daumen so groß wie 20 Fußballplätze. Dann folgt Shanghai, und daraus soll sich ein flächendeckendes Netz entwickeln. In China geht halt nichts in Klein. In jede der Einheiten stecken unsere Partner 60 bis 70 Millionen Euro. Wir sind noch in Gesprächen, wie die Beteiligungsverhältnisse aussehen werden.

Werden Sie auch Fleisch liefern?

Natürlich, Schweinehälften oder Teilstücke, tiefgefroren. Wir bauen dafür hier am Stammsitz in Rheda gerade die neue Verpackungs- und Gefrierlogistik.

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