Mit Colts haben John Wayne und Clint Eastwood ebenso „getötet“ wie die diversen James-Bond-Darsteller. Mit seiner 160-jährigen Geschichte gehört Colt zu den traditionsreichsten amerikanischen Unternehmen. Doch nach etlichen schlechten Geschäftsjahren steht der Firma in West Hartfort im Bundesstaat Connecticut nun das Wasser bis zu Hals: Im Mai blieb sie Pfandbriefinhabern Zinsen von 10,9 Millionen Dollar (9,6 Millionen Euro) schuldig. Bis Montag hatte das Unternehmen eine Gnadenfrist, die Summe zu bezahlen.
Doch Colt blieb die Summe schuldig. Darum wurde am Montag beim U.S. Bankruptcy Court Delaware das Insolvenzverfahren eröffnet. Wie das "Wall Street Journal" am Sonntag in seiner Online-Ausgabe unter Berufung auf eingeweihte Quellen berichtet, soll sich der Schuldenberg auf 355 Millionen Dollar (316 Millionen Euro) belaufen. Laut dem Bericht geht Colt mit der Unterstützung zweier großer Kreditgeber in das Verfahren. Nach einer Umstrukturierung sollen die Geschäfte weitergeführt werden.
Der Niedergang der Kult-Waffenschmiede überrascht zunächst. Firmengründer Sam Colt galt als einer der modernsten Fabrikanten des Landes, als er 1855 sein Unternehmen gründete. 19 Jahre zuvor hatte er das Patent für eine revolutionäre Waffe erhalten: den Revolver mit Drehtrommel. Damit wurde es erstmals möglich, bis zu fünf Schuss ohne Nachladen abzufeuern.
Coltsville sollte deutsche Arbeiter locken
Berühmtheit erlangten Colts Waffen zuerst im Wilden Westen, wo sie als Standardausstattung amerikanischer Soldaten massenhaft in den Kriegen gegen die Ureinwohner Einsatz fanden. Colt brauchte schnell effiziente Fabriken, um die hohe Nachfrage bedienen zu können, seine Fließbandproduktion war eine der besten. Colt setzte als eines der ersten Unternehmen möglichst viele gleiche Teile bei verschiedenen Produkten ein und senkte so die Kosten.
Diese Länder haben die meisten Handfeuerwaffen
In Frankreich kommen 24 Handfeuerwaffen auf 100 Einwohner.
36 von 100 Menschen in Deutschland besaßen 2007 eine Handfeuerwaffe.
Mit 38 Handfeuerwaffen pro 100 Einwohner in 2007 liegt Kanada auf dem achten Platz.
Im Jahr 2007 nannten 40 von 100 Schweden eine Handfeuerwaffe ihr Eigen.
In Serbien hatte mit 49 von 100 Einwohnern nahezu jeder Zweite eine Handfeuerwaffe.
Im Irak besaßen 2007 etwa 50 von 100 Einwohnern eine Handfeuerwaffe.
In der Schweiz hatten 2007 statistisch gesehen 61 von 100 Einwohnern eine Handfeuerwaffe.
In Finnland betrug die Zahl der Waffen pro 100 Einwohner 69 Stück.
Im Jemen kamen 2007 auf 100 Einwohner 90 Handfeuerwaffen.
Spitzenreiter sind die USA mit 97 Handfeuerwaffen auf 100 Einwohner.
Colt zog drei Fabrikgebäude in West Hartfort, das rund 200 Kilometer nordöstlich von New York City liegt, hoch und umgarnte seine Mitarbeiter dort mit einem für damalige Verhältnisse attraktiven Zehn-Stunden-Tag, einer einstündigen Mittagspause und einem Club, wo Angestellte bei Zeitungslektüre und Konversation entspannen konnten.
Weil er technisch versierte deutsche Arbeiter anlocken wollte, baute er in der Nähe der Fabrik eine Arbeitersiedlung namens Coltsville, der Potsdam als Vorbild diente, und pflanzte dort deutsche Weiden.
Colt bleibt wertvoll - trotz finanzieller Probleme
Wann immer Amerika im Krieg war – vom Mexikanisch-Amerikanischen Krieg, über den Bürgerkrieg bis hin zum Zweiten Weltkrieg, Vietnam und den Kalten Krieg – blühte das Geschäft in West Hartfort, weil das Unternehmen im großen Stil die US-Armee ausrüstete.
Nur von den Nahost-Kriegen konnte Colt nicht mehr so recht profitieren. Seit dem Ende des Kalten Krieges kriselte das Geschäft wegen Qualitätsmängeln, einer falschen Produktpolitik, einem Mangel an Großaufträgen von Militär und Polizei und verpassten Chancen auf Auslandsmärkten.
Nicht zuletzt wurden politische Aussagen des Managements zur Belastung: Ende der 90er-Jahre sprach sich Firmenchef Ron Stewart für strengere Waffengesetze in den USA aus. Daraufhin boykottierten viele private Waffenkäufer die Marke.
Versuche der Firma mit „smarten“ Waffen, die nur in der Hand des rechtmäßigen Eigentümers funktionieren, scheiterten. Solche Waffen werden von US-Politikern gefordert, werden aber von den Käufern bislang weitgehend ignoriert. 2002 ging es Colt so schlecht, dass schonmal über eine Insolvenz spekuliert wurde.
Colt muss schlanker werden
Dass Colt Insolvenz anmeldet hat, bedeutet nicht zwangsläufig, dass das Unternehmen mit rund 670 Mitarbeitern vom Markt verschwindet. Es geht wohl um eine Planinsolvenz nach Kapital 11 im US-Insolvenzgesetz, das Unternehmen dabei hilft, Ansprüche von Gläubigern abzuschütteln.
Unternehmen können sich in der Planinsolvenz verschlanken, neu ausrichten und dann gestärkt an den Markt zurückkehren. Erfolgsbeispiele kommen aus der Auto-Industrie: Die Autobauer General Motors und Chrysler haben nach der Finanzkrise erfolgreich von diesem Verfahren Gebrauch gemacht.
Colt ist mit seiner bekannten Marke nach Einschätzung von amerikanischen Waffenmarktexperten trotz der finanziellen Probleme zu wertvoll, um das Unternehmen einfach abzuwickeln.
Wahrscheinlich ist eine Sanierung in Eigenregie oder ein Verkauf an Wettbewerber, die in den vergangenen Jahren mehr Glück hatten: Der österreichische Hersteller Glock etwa, das italienische Unternehmen Beretta, der US-Marktführer für Handfeuerwaffen Smith & Wesson oder die deutsche Heckler & Koch-Gruppe.
SIG Sauer, ein deutscher Hersteller bekannter Pistolenmodelle, kommt dagegen als Käufer wohl nicht in Frage. Die Firma hat ähnliche Probleme wie Colt.