Coty-Chef Peter Harf „Rein auf die Marge zu schauen, ist Bullshit“

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„Unsere Aufgabe ist es, eine Erfolgsspirale in Gang zu setzen“

Was ist Ihr Ziel für Coty? Sie haben mal gesagt, Sie wollen Coty zum Glanz zurückführen, den Coty unter Ihrer Führung hatte.
Das wäre mir zu wenig. Wir wollen Coty nicht in den alten Glanz führen, sondern in einen Glanz, den das Unternehmen nie zuvor hatte. Die Kombination aus Sue und den finanziellen Möglichkeiten, auch durch das Engagement von KKR als neuer Aktionär, machen Coty endgültig zu einem der besten Investments, das wir bei JAB haben.

Wie wollen Sie das erreichen?
Wir haben einen festen Plan, den wir rigoros umsetzen. Wir treffen uns regelmäßig mit dem Vorstand und weiteren Führungskräften. Dabei sehen wir uns jedes einzelne Element an. Liegen wir nicht da, wo wir liegen wollen, stecken wir die Köpfe zusammen und reden sehr offen. So habe ich das mein ganzes Berufsleben lang gemacht.

Bleibt es beim Ziel eines operativen Gewinns von 15 Prozent auf den Umsatz bis 2023, wie es Ihr Finanzchef Pierre-Andre Terisse im Mai versprochen hat?
Das habe ich nie gesagt. Rein auf die Marge zu schauen, ist Bullshit. Es geht nicht um die Margen, es geht um den Unternehmenswert. Natürlich müssen wir Geld verdienen. Aber wir müssen vor allem den alten Glanz erreichen. Das schaffen wir nicht mit Sparmaßnahmen, sondern indem wir investieren und unser Angebot an führenden Marken ausbauen. Wir haben in den USA mit Covergirl bereits die führende Makeup-Marke. Jetzt kommen mit Kylie Jenner und Kim Kardashian zwei fantastische Pflegemarken, die wir weltweit spielen können. Das zu erreichen, ist die Aufgabe der nächsten fünf Jahre, nicht eine höhere Marge. Wenn wir das richtig machen, kommt die dann fast von allein.

Für Anteile die noch sehr jungen Firmen von Kylie Jenner und Kim Kardashian West haben sie insgesamt 800 Millionen Dollar bezahlt. Wie rechnet sich das?
Erstmal sind die Firmen sehr profitabel. Wichtiger ist jedoch, dass Kylie und Kim unsere Lücke schließen bei der Haut- und Gesichtspflege. Es war der große Baufehler von Coty, dass wir da bisher kein gutes Angebot hatten. Das habe ich durch den Kauf von Kylie Cosmetics gelöst, lange bevor ich CEO geworden bin. Bei Pflegeprodukten wird nicht nur das meiste Geld verdient. Ohne sie wird kein Unternehmen in den großen Märkten in Asien wie China, Japan oder Korea Erfolg haben. Denn dort machen diese Produkte rund 80 Prozent des Branchenumsatzes aus. Dazu haben Kosmetikmarken die größte Kundentreue. Wenn eine Frau einmal ihre Marke gefunden hat, bleibt sie loyal. Jetzt werden wir mit Kylie und Kim auch in dem Feld zu den Marktführern gehören. Mit beiden können wir im Jahr jeweils bis zu einer Milliarde Dollar im Jahr zusätzlich umsetzen. Kylie Cosmetics spricht vor allem Mädchen ab zwölf Jahren und junge Frauen bis Mitte Zwanzig an, wogegen Kim sich an Frauen über 30 Jahre wendet. Dazu kommt im Premiumsektor die Marke Orveda, die Sue erfolgreich aufgebaut hat. Die werden wir ebenfalls übernehmen. Das wird neben Kim und Kylie unser nächster großer Umsatzbringer.

In den vergangenen Investorenterminen schienen Sie weniger siegessicher. Da haben sie gezweifelt, ob Coty je zu L’Oréal, Shiseido oder Estée Lauder aufschließen kann.
Das bezog sich vor allem auf den Markenwert. Das heißt nicht, dass wir nicht vorankommen. Gerade weil wir jetzt erste Erfolge sehen, wollte ich klar machen, dass noch viel Arbeit vor uns liegt. Ich will keinen unserer Wettbewerber angreifen oder gar überholen. Wir werden erstmal unser Geschäft solide aufstellen und haben unser Schicksal wieder selbst in die Hand genommen. Wir können nicht davon abhängig sein, ob L’Oréal etwas tut oder nicht.

Das klingt nicht sehr ehrgeizig.
Das täuscht. Ich habe natürlich große Pläne und wir sind auch schon wieder erfolgreich. Aber ich denke nicht im Traum daran, uns bereits mit L’Oréal oder Estée Lauder zu vergleichen. Die machen das jetzt seit 100 Jahren und sind supergut. Zu glauben wir könnten in fünf oder zehn Jahren in deren Nähe kommen ist Traumtänzerei.

Sie gehören gerade trotz Corona zu den Vielreisenden. Wie schaffen Sie das angesichts der immer neuen Reisewarnungen und anderer Hindernisse?
Ich reise trotz der vielen Videokonferenzen vielleicht mehr als andere, aber ich bin weniger, dafür kontrollierter unterwegs als früher und immer nur kurz an einem Ort. Dabei hilft mir natürlich, dass ich 50 Jahre Erfahrung habe, wie man effizient reist. Und ich habe das Privileg, dass ich mir alle Möglichkeiten aussuchen kann vom Auto bis zum Flugzeug.


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Wie sehr behindern Sie die ständig wechselnden Auflagen wie Reisewarnungen oder vorgeschriebene Coronatests?
Das ist natürlich lästig und ich lasse es notgedrungen über mich ergehen. Ich bin den vergangenen Wochen mindestens acht Mal getestet worden und wundere mich über die Unterschiede. In Deutschland geht es etwas gefühlvoller zu, während einem in Italien die Stäbchen oft brutal in den Rachen oder die Nase geschoben werden und man einen starken Würgereiz bekommt. Aber nach 50 Jahren „On the Road“ bin ich abgehärtet.

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Manager Peter Harf hat für die Unternehmerfamilie Reimann ein Firmenreich aufgebaut. Die Probleme beim Kosmetikkonzern Coty bekommt er bisher nicht in den Griff. Nun sollen Social-Media-Stars und ein Sparprogramm helfen. Wie es mit Kylie Jenners und Kim Kardashians Hilfe wieder bergauf gehen soll.

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