Covestro Immer nach oben

Covestro blüht seit der Loslösung von Bayer auf. Die Gewinne steigen mit jedem Quartal. Vorstandschef Patrick Thomas erhöht nun die Prognose – das war aber nicht der Grund, warum er Dienstagmorgen durchs Büro hüpfte.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Wieder einmal gute Zahlen in Leverkusen. Quelle: dpa

Düsseldorf Die Mitarbeiter von Covestro kennen ihren Chef als humorvoll und quirlig. Doch am Dienstagmorgen überraschte sie Patrick Thomas mal wieder. „Ich bin im wahrsten Sinne des Wortes durchs Büro gehüpft“, erzählt der Vorstandschef des Leverkusener Kunststoffherstellers im Gespräch mit dem Handelsblatt.

Es waren nicht die guten Quartalszahlen und erst recht nicht die eher mäßige Börsenreaktion, die den Briten zu dem Gefühlsausbruch verleiteten. Er sei sehr aufgeregt gewesen, weil das Solarflugzeug Solar Impulse 2 seine Mission geschafft habe: einmal um die Welt zu fliegen ohne eine Tropfen Sprit.

Covestro war vom Start weg an dem Projekt beteiligt. Es ist für das Unternehmen eine Art Leistungsschau: Die Leverkusener bauten praktisch das gesamte Cockpit aus einer Spezialdämmung, die extrem leicht ist, aber zugleich die Piloten vor Hitze und Kälte schützt. Und auch die Sichtscheibe des Fliegers ist einer Spezialanfertigung aus Leverkusen.

„Die Hightech-Werkstoffe für Solar Impulse haben längst den Weg in tägliche Anwendungen gefunden“, sagt Thomas – etwa in moderne Kühlschränke oder in Lebensmittelverpackungen.

Die Beteiligung am Solar-Impulse-Projekt steht beispielhaft für die Mission von Covestro: Das Unternehmen setzt darauf, dass weltweit immer mehr Metalle und veraltetes Plastik durch moderne Kunststoffe ersetzt werden. „Um diesen Austausch dreht sich unser ganzes Geschäftsmodell“, erläutert Thomas.

In Elektroautos wird zunehmend Polycarbonat eingesetzt, um die Fahrzeuge leichter zu machen. Bei der Dämmung von Häusern kommen heute leichte Polyurethan-Schäume statt klassische Dämmstoffe zum Einsatz. Die moderne Medizin setzt auf Spezialkunststoffe für Behandlungsgeräte und Therapien.

Von diesem Trend hat Covestro bisher stark profitiert. Im August 2015 hat die Bayer AG ihren Teilkonzern Material Science abgespalten und wenig später unter dem Namen Covestro an die Börse gebracht. Noch immer hält Bayer 64 Prozent der Aktien. Einst war die Sparte eher der Underperformer im Konzern, doch seit der Eigenständigkeit blüht das Unternehmen auf.

Das unterstreichen die Ergebnisse des zweiten Quartals: Covestro leidet zwar wie jedes Chemieunternehmen an Preisrückgängen – sie müssen das, was das billige Öl an Einsparungen bringt, direkt an die Kunden weitergeben. Aber die Verkaufsmengen und die Gewinnspannen steigen weiter. Thomas hat deswegen am Dienstag die Prognose für 2016 erhöht: Beim bereinigten Betriebsgewinn (Ebitda) will er nun 1,78 Milliarden Euro erreichen.


Covestro übertrifft die Erwartungen der Analysten

Im zweiten Quartal ist dieser Wert bereits um neun Prozent auf 542 Millionen Euro gestiegen. Grund dafür waren die höheren Mengen an Polyurethan und Polycarbonat, die Covestro verkaufen konnte. Die Absatzmenge stieg um 7,7 Prozent. Wegen der Preisrückgänge gab es aber einen Umsatzrückgang von sieben Prozent auf 2,99 Milliarden Euro.

Insgesamt übertrafen die Leverkusener die Erwartungen der Analysten. Peter Spengler von der DZ Bank sprach von einem starken Quartal. Das sieht auch Analyst Markus Mayer von der Baader Bank so. Weil die starke Entwicklung im Aktienkurs bereits eingepreist sei, hält er Raum für weitere Kurssteigerungen aber für begrenzt.

Tatsächlich ist die Covestro-Aktien seit dem Börsengang beträchtlich gestiegen und blieb unberührt von Erschütterungen wie dem Brexit. Am Dienstagmittag notierte sie um weitere zwei Prozent höher bei 42 Euro. Seit Oktober 2015 hat die Aktie damit mehr als 50 Prozent an Wert gewonnen. Bayer will seine verbliebenen Anteile komplett abgeben – wann dies geschieht, ist unklar.

Covestro profitiert gegenwärtig von einer starken Nachfrage vor allem in Nordamerika und China. In den USA zeige sich die Automobilindustrie in einer starken Verfassung, erläutert Vorstandschef Thomas. Die Autobauer sind einer der wichtigsten Kunden für den Kunststoffhersteller. Um fünf Prozent wuchs der Konzern in dieser Region im zweiten Quartal.

Auch in China laufe das Geschäft mit den Autobauern gut, unterstreicht Thomas. Von eine Konjunkturdelle in diesem Land spürt er wenig: 15 Prozent konnte Covestro in China im zweiten Quartal zulegen. Als weiteren Treiber im Asiengeschäft nannte er die Elektronikindustrie, vor allem die Hersteller von Handys und Smart-Devices wie Fitnessarmbändern.

Weiteres Wachstum erhofft sich Thomas in China vom Fokus auf die Elektromobilität. In den elektrisch betriebenen Kleinwagen werden aus Gewichtsgründen verstärkt Kunststoffe verbaut. Die Entwicklung stehe zwar erst am Anfang. „Ich bin aber sicher, dass die Elektromobilität ganz schnell einen signifikanten Teil an Chinas Automobilmarkt erobern wird“, sagt der Covestro-Chef.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%