
Die große Jammerarie ertönt erst am Nachmittag. Da hat Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Rede längst gehalten, auch Wirtschaftsminister Philipp Rösler. Doch Zusagen dürften die beiden den deutschen Reedern und Schiffbauern in Kiel kaum machen, wo an diesem Montag das größte Treffen der Branche mit der Bundesregierung beginnt. Dabei stecken die maritimen Unternehmer bereits im fünften Jahr in der Krise. Acht Werften mussten in dieser Zeit Insolvenz anmelden, Traditionswerften wie Blohm+Voss in Hamburg oder HDW in Kiel wurden zerschlagen und Teile an ausländische Investoren verkauft. Die Reeder mussten Schiffe stilllegen oder gar verschrotten, weil die Frachtraten nicht mehr die Betriebskosten und Tilgungen deckten. Allein im vergangenen Quartal wurden 27 Schiffe abgewrackt.
Trotzdem wuchs seit Jahrzehnten die deutsche Handelsflotte – bis zu Beginn dieses Jahres. Da schrumpfte sie auf rund 3670 Frachter – 110 weniger als ein Jahr zuvor. An der Position der deutschen Handelsflotte in der Welt hat das bisher nichts geändert: Sie liegt immer noch auf Platz drei. Nur Japaner und Griechen verfügen über noch mehr Handelsschiffe. Doch verliert Deutschland, wenn seine Flotte kleiner wird? Die USA und China, die bedeutendsten Exportnationen neben Deutschland, gehören nicht zu den drei großen Flottenstaaten. Ein Nachteil ist das offenbar nicht.





Nur 530 Frachter hissen die deutsche Flagge
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Zudem fahren die meisten deutschen Frachter nicht unter deutscher Flagge: Nur 530 hissen Schwarz-rot-gold. Deutsch sind auf den meisten Schiffen nur die Besitzer und mitunter die Führungskräfte. Zwar haben die Reeder der Bundesregierung mehrfach versprochen, mehr Schiffe deutsch zu beflaggen. Im Gegenzug versprach die Regierung Hilfen. Die kamen auch. Aber erfüllt haben die Reeder ihr Versprechen nicht. Unterstützung fordern sie in Kiel trotzdem wieder ein.