




Die Prügel waren heftig: Zu langsam, zu teuer, nicht effizient genug. Die Rüstungsbranche musste nach den Problemen bei der Bundeswehr einiges einstecken. Trotz aller Kritik hielten die Konzerne lange still. Jetzt aber keilt die Rüstungsindustrie zurück.
„Den Schwarzen Peter nun allein bei uns abzuladen, wird der Sache nicht gerecht“, erklärt Airbus-Chef Thomas Enders im Interview mit dem Magazin „Cicero“ und teilt ordentlich aus. „Ich kenne keine Rüstungsbürokratie, die risiko- und verantwortungsscheuer agiert als die deutsche.“
Auch auf einer Tagung des Handelsblatts zum Thema Sicherheit und Rüstung trat der Airbus-Chef wortstark als Verteidiger der Rüstungsbranche auf. In zehn Thesen beschreibt Enders, woher die Rüstungsprobleme in seinen Augen stammen: Er kritisiert die mangelnde Kooperation der europäischen Staaten, wirft Deutschland im Hinblick auf Rüstungsprojekte einen "stark 'Germano-zentrischen' Ansatz vor" und bemängelt Einschränkungen beim Export von Rüstungsgütern.
Zentraler Punkt seiner Argumentation bleibt aber das Geld. "Bundeswehr und Streitkräfte vieler weiterer europäischer Länder sind seit Jahren unterfinanziert – bei Forschung und Entwicklung, Beschaffung, Betrieb und Instandhaltung", urteilt der Airbus-Chef.
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Problem-Flieger A400M wird teurer
Es sind markige Worte, mit denen sich Enders zu Wort meldet. Und es ist kein Wunder, dass ausgerechnet er sich äußert. Im vergangene Woche vorgestellten Bericht von KPMG-Experten zum Zustand der Rüstungsprojekte der Bundeswehr wird der Hersteller von Airbus-Transportflieger A400M zum Musterbeispiel eines Problem-Falls.
Nicht nur, dass die Flugzeuge mit mehrjähriger Verspätung ausgeliefert werden, sie leiden noch immer unter technischen Problemen.
Rund acht Milliarden Euro sollten 60 bestellte A400M einst kosten. Trotz der Reduzierung der Liefermenge auf 53 überstiegen die Kosten für das Rüstungsprojekt die Planung wohl um rund 15 Prozent – mindestens.
Aufgrund der Probleme lautet der Ratschlag der Prüfer an die Regierung: „Einforderung von Kompensationsleistungen wegen des reduzierten Bauzustands bei bestehender Verpflichtung zur Nachbesserung des A400M.“ Airbus soll also gefälligst die Verantwortung übernehmen und zahlen.
Einsatzbereitschaft der Waffensysteme der Bundeswehr
Ein nicht unerheblicher Teil des Materials der Bundeswehr ist momentan nicht einsatzfähig. Es fehlt auch an Ersatzteilen. Besonders beim Fluggerät sind die Ausfälle gravierend. Das geht aus einem Bericht der Bundeswehr hervor.
Quellen: Bundeswehr/dpa
Bestand: 31
Nicht einsatzbereit: 21
In Wartung / Instandsetzung: 0
Einsatzbereit: 10
Bestand: 33
Nicht einsatzbereit: 25
In Wartung / Instandsetzung: 0
Einsatzbereit: 8
Bestand: 21
Nicht einsatzbereit: 6
In Wartung / Instandsetzung: 12
Einsatzbereit: 3
Bestand: 22
Nicht einsatzbereit: 4
In Wartung / Instandsetzung: 14
Einsatzbereit: 4
Bestand: 83
Nicht einsatzbereit: 40
In Wartung / Instandsetzung: 27
Einsatzbereit: 16
Bestand: 109
Nicht einsatzbereit: 35
In Wartung / Instandsetzung: 32
Einsatzbereit: 42
Bestand: 89
Nicht einsatzbereit: 23
In Wartung / Instandsetzung: 28
Einsatzbereit: 38
Bestand: 5
Nicht einsatzbereit: 3
In Wartung / Instandsetzung: 0
Einsatzbereit: 2
Bestand: 11
Nicht einsatzbereit: 3
In Wartung / Instandsetzung: 1
Einsatzbereit: 7
Bestand: 4
Nicht einsatzbereit: 3
In Wartung / Instandsetzung: 0
Einsatzbereit: 1
Bestand: 406
Nicht einsatzbereit: 126
In Wartung / Instandsetzung: 0
Einsatzbereit: 280
Bestand: 180
Nicht einsatzbereit: 110
In Wartung / Instandsetzung: 0
Einsatzbereit: 70
Die Ursache für die Termin-, Liefer- und Kostenprobleme sehen die KPMG-Prüfer hauptsächlich in Fehlern von Airbus und dessen Marktmacht. Weil sich die beteiligten Regierungen aus Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien mangels europäischer Alternativen frühzeitig auf den Flugzeug-Spezialisten als Partner festlegten, sei der bei den Verhandlungen im Vorteil gewesen.
Besonders pikant: Im Prüfungsbericht ist grundsätzlich davon die Rede, dass auf Seiten der Bundeswehr die personelle Ausstattung der Projektteams „weder quantitativ noch qualitativ ausreichend“ sei. Bei den Vertragsverhandlungen mit Rüstungsunternehmen saßen also nicht unbedingt die besten Köpfe der Bundeswehr am Tisch. Der Verdacht, dass Industrie-Vertreter hier Verträge zu ihren eigenen Gunsten ausgelegt haben, liegt zumindest nahe.