Dienste, Programme und Unternehmen Die größten Fehlschläge des Jahres

Ein Stück Papier wird in einen Papierkorb geworfen Quelle: Tim Scott - Fotolia

Das 20.000-Dollar-Telefon floppt, Berlin verliert seine Fluglinie und die USA ihre Netzneutralität: 2017 ist vieles gescheitert - manchmal erwartungsgemäß, oft überraschend. Was 2017 eingestellt und geschlossen wurde.

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Das Jahr 2017 geht zu Ende und mit ihm diverse Projekte, Unternehmen und Produkte in der IT-Branche. Nicht nur die Jamaika-Koalition scheiterte und Deutschlands ehemals zweitgrößte Fluglinie meldete Insolvenz an, auch viele kleinere Projekte wurden vorzeitig beendet oder vor der Marktreife eingestellt. Ein Überblick:

Lily Camera wird nicht gebaut

Kaum hat das Jahr begonnen, scheitert bereits das erste vielversprechende Unternehmen. Die Selfie-Kameradrohne Lily Camera des Startups Lily Robotics galt als recht erfolgreiches Projekt. Es sollte eine linsenförmige Flugdrohne mit vier Rotoren werden, die in die Luft geworfen werden, ihre Nutzer anschließend verfolgen und Fotos schießen können sollte. Das Gerät wird allerdings nicht einmal fertig entwickelt. Am 12. Januar muss das Unternehmen seinen 60.000 Vorbestellern das Aus des Projektes verkünden. Der Grund: Die Firmengründer Antoine Balaresque und Henry Bradlow haben keinen weiteren Investor gefunden. Die Ware wird nicht ausgeliefert. Allerdings erhalten die mehr als 60.000 Erstkunden wenigstens ihr eingezahltes Geld zurück - 500 Euro pro Exemplar.

Diese Autos haben uns 2017 verlassen
Audi A3 Dreitürer Quelle: Audi
BMW 5er GT Quelle: BMW
Citroen C3 Picasso Quelle: Citroën
Citroen C4 Aircross Quelle: Citroën
Citroën C5 Quelle: Citroën
Hyundai Genesis Quelle: Hyundai
Hyundai i30 Coupé Quelle: Hyundai

Zum Jahresende gibt es einen Hoffnungsschimmer für das Projekt: Das Unternehmen Mota Group, das bereits andere Quadrocopter und Flugdrohnen auch für den Enterprise-Markt herstellt, hat die Idee der Lily Camera übernommen und weiterentwickelt. Hinzugekommen sind eine 4K-Kamera und einklappbare Rotoren. Der Preis für die neue Drohe ist mit 700 US-Dollar allerdings noch einmal höher.

Googles Solardrohnen bleiben am Boden

Google will das Internet in die ganze Welt bringen und entwickelt dazu bereits diverse Projekte. Besonderes Aufsehen erregen sollten die solargesteuerten Drohnen. Schon 2014 überboten sich Google und Facebook für das Unternehmen Titan Aerospace gegenseitig. Google machte letztlich das bessere Angebot: mehr als 60 Millionen US-Dollar. Titan Aerospace entwickelte die Solara 50, eine Flugdrohne mit Propellerantrieb, die durch Solarzellen auf den Tragflächen mit 50 Metern Spannweite geladen wurde. Das Fluggerät sollte bis zu fünf Jahre autonom in bis zu 19.800 Meter Höhe fliegen und dort als Internet-Hotspot dienen können.

Doch stürzte bei einem Testflug im Mai 2015 eine Solara 50 auf einem Flugfeld ab. Die daraus resultierende negative Berichterstattung war ein Rückschlag für Googles Pläne des weltumspannenden Internets und ein möglicher Grund dafür, dass Google das Vorhaben am 16. Januar einstellte.

Ein anderer Grund könnte Google Loon gewesen sein, ein Forschungsprojekt, das ähnliche Ziele verfolgt. Statt Propellerseglern sollen dabei Wetterballone als fliegende Access Points genutzt werden. Diese sind preiswerter und nicht so wartungsintensiv.

Welche Ideen taugen wirklich für die Paketzustellung?
KofferraumzustellungDer Kunde sitzt oben im Büro und muss arbeiten, der Paketbote legt das Paket deshalb einfach schon mal in den Kofferraum des Kundens in der Tiefgarage? Die Idee hört sich gut an, und wird von DHL und Amazon bei einigen Autotypen auch schon getestet. Aber ob sie Erfolg hat? Viele Verbraucher scheint die Idee eher abzuschrecken: In einer Umfrage der Unternehmensberatung PwC gaben 68 Prozent der Befragten an, dass sie "auf keinen Fall" eine solche Lösung nutzen wollen. Quelle: dpa
Wohnungsschlüssel für die PaketbotenWürden Sie ihrem Paketboten den Wohnungsschlüssel geben? Genau das plant nun Amazon in den USA. Dort hat der Onlinehändler sein Projekt "Amazon Key" vorgestellt. Der Zusteller öffnet mit einem Code per App die Wohnungstür - und kann das Paket dort hinterlassen. In Deutschland stößt diese Idee wohl eher auf unbehangen. Nach einer Umfrage des Dienstleisters Civey wollen sich mehr als 77 Prozent auf keinen Fall auf eine solche Lösung einlassen. Quelle: obs
Packstation3400 Packstationen hat DHL in Deutschland. Sie stehen am Supermarkt oder am Bahnhof, an Orten, an denen die Kunden unkompliziert und oft vorbeischauen. Klingt doch nach einer guten Idee, oder nicht? Mittlerweile ahmt auch Amazon die Schließfachsysteme nach, und Hermes, DPD und GLS arbeiten gemeinsam an einem offenen System, den Parcellock-Stationen. In der Praxis aber stoßen die Packstationen schnell an ihre Grenzen. Die Fächer sind oft blockiert, weil Kunden ihre Pakete erst vor Ende der Frist oder gar nicht abholen. Deshalb können dort längst nicht so viele Lieferung untergebracht werden, wie es Paketdienste und Kunden gerne hätten. Dafür ist die Packstation teuer im Betrieb. Quelle: dpa
DrohnenDHL hat einen Paketkopter, Amazon entwickelt eine Drohne, auch DPD und UPS testen fleißig. Medienaufmerksamkeit ist ihnen damit sicher. Doch werden uns bald tatsächlich Drohnen die Pakete bringen? Wohl kaum. Sie haben viele Nachteile: In der Innenstadt werden Drohnen zum Sicherheitsrisiko. Sie können immer nur ein Paket tragen, und es ist unklar, wer das Paket in Empfang nehmen kann. Und wenn der Empfänger nicht da ist, soll die Drohne dann auf ihn warten? Ein echter Vorteil ist die Drohne deshalb nur in schwer zugänglichem Gelände. Sie kann Lieferungen - vor allem im Notfall - schnell und unkompliziert auf Berge oder Inseln transportieren. Das Weihnachtsgeschäft aber ließe sich mit den surrenden Fluggeräten nicht anstatzweise bewältigen. Quelle: dpa
PaketboxDie Deutsche Post hat deshalb auch die Paketbox eingeführt. Diesen Paketkasten können sich Privatleute in ihren Vorgarten stellen. Doch dafür braucht es erstens einen Vorgarten und zweitens auch das nötige Budget. Ein Paketkasten kostet ab 200 Euro aufwärts. Und dann können ihn nur DHL-Boten nutzen. Pakete von Hermes oder DPD können dort nicht abgeladen werden. Die beiden Konkurrenten gründeten deshalb gemeinsam mit GLS das Unternehmen Parcellock, eine Art offenen Paketkasten. Quelle: dpa
LieferroboterDieser kleine Roboter von Starship fährt auf Straßen und Bürgersteigen, und über Kamera und Mikrofon können Passanten auch mit einem Mitarbeiter, der die Roboter von einer Zentrale aus steuert, sprechen. Hermes hat diese Roboter in Hamburg getestet. Doch der kleine Transporteur mit Kühlbox-Optik hat einige Nachteile: Sein Fassungsvolumen ist begrenzt, er kann keine Treppen steigen und ist bisher in den Tests von Hermes auch immer von einem Paket-Boten begleitet worden. Und was wäre, wenn der Empfänger gerade doch unpässlich ist, wenn der Roboter vor seiner Tür steht? Zu lange Wartezeiten wären ineffizient. Experten sprechen Starship daher wenig Potenzial aus, den Paketboten ihre Jobs wegzunehmen. Quelle: dpa
LieferroboterDer Postbot von DHL hingegen soll den Postboten gar nicht ersetzen, sondern unterstützen. Der Postbot ist größer als Starship und hat daher auch mehr Fassungsvolumen. Er folgt der Paketbotin "wie eine kleine Ente der Mama-Ente folgt", so drückte es kürzlich Post-Vorstandschef Frank Appel aus. Vorteil für die Paketboten: Sie müssen nicht mehr so viel Gewicht tragen, das nimmt der Postbot ihnen ab. Solange der Postbot schnell genug ist und auch mit unwegsamen Gelände gut klar kommt, ist das ein wahrer Vorteil für die Paketboten, von denen viele im Alter Gesundheitsprobleme haben. Quelle: AP

20.000-Dollar-Telefon floppt

Teuer muss nicht besser sein: Das trifft auf das Solarin-Smartphone des israelischen Startups Sirin Labs zu. 20.000 US-Dollar kostete das Smartphone, das besonders sicher und gut sein sollte. Kunden erhielten für ihr Geld eine Art Wundertüte, denn Details zum Telefon wollte Sirin nicht bekanntgegeben.

Im Laufe der Zeit wurde bekannt, dass das Smartphone einen Snapdragon-810-Prozessor hatte, der oftmals durch Hitzeprobleme auffiel. Es verfügte über eine 24-MP-Kamera für 4K-Bildaufnahmen, ein 1440p-Display und einen großen 4.000-mAh-Akku. Das Telefon konnte in 24 verschiedenen LTE-Frequenzbändern funken und war damit in vielen Ländern auf der Welt nutzbar. Ein Schalter auf der Rückseite konnte einen Sicherheitsschild aktivieren, der Anrufe und Nachrichten per AES256 verschlüsselte. Die Zielgruppe: Behörden und hochrangige Regierungsangestellte oder leitende Angestellte in Unternehmen.

Allerdings wurden vermutlich nur rund 700 Geräte des Solarin verkauft. Selbst der reduzierte Preis von 14.000 US-Dollar war den meisten Kunden offenbar zu hoch, zumal völlig unklar blieb, wie groß der Sicherheitsgewinn wirklich war. Am 15. März entlässt Sirin Labs ein Drittel seiner Mitarbeiter, anschließend ist nichts mehr vom Solarin-Smartphone zu hören. Der Hersteller versucht es mittlerweile mit einem anderen Konzept: einem Smartphone, das auf Blockchain setzt. Dessen Preis: 1.000 US-Dollar.

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