
Berlin Wie man Selbstvertrauen ausstrahlt, das weiß man bei Daimler wieder. Die Länge eines gefühlten Fußballfeldes misst der Silberbogen, der sich über die Bühne spannt. Der Silberlook ist das neue Corporate Design, erklären die Konzernstrategen. Noch besser für die Stimmung ist aber ein Vorstandsvorsitzender, der anders als früher über gute Zahlen spricht.
„Meine wichtigste Botschaft lautet: Alle Anzeichen sprechen dafür, das auch 2016 ein gutes Jahr für Daimler wird“, verspricht Dieter Zetsche seinen Aktionären. Alleine im ersten Quartal habe Mercedes fast 13 Prozent mehr Autos verkauft als im Vorjahr berichtet der Konzernchef. Dass Mercedes damit zum ersten Mal seit zehn Jahren wieder an BMW vorbeiziehen dürfte, sorgt bei den Anteilseignern für tiefe Genugtuung.
Dabei sei die neue E-Klasse in den ersten drei Monaten noch gar nicht im Handel gewesen, betont Zetsche. Die Businesslimousine, Herzstück der Daimler-Produktpalette, werde dann im zweiten Halbjahr auch für einen ordentlichen Sprung im Ergebnis sorgen, verspricht der Konzernchef. Dass die Mercedes-Aktie im vergangenen Jahr ein Viertel an Wert verloren hat, lässt sich so leichter verschmerzen.
Das liegt auch daran, dass Daimler sich nicht Recht von der Dieselaffäre lossagen kann, die der Konkurrent Volkswagen mit seiner Schummel-Software ausgelöst hat. Zwar beteuert Zetsche immer wieder, dass in Mercedes-Motoren keine illegalen Abschaltprogramme arbeiten, doch Zweifel bleiben. Passend zum Aktionärstreffen verklagte die Deutsche Umwelthilfe Daimler wegen Verbrauchertäuschung, bestimmte Mercedes-Motoren hätten bei niedrigen Außentemperaturen zu hohe Stickoxidemissionen.
Alles im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben heißt es bei Daimler. „Wir sehen enorme Klagerisiken für die gesamte Autoindustrie“, sagt dagegen Ingo Speich von Union Investment. Tatsächlich hat Daimler, wie der Rest der Branche, ein Klumpenrisiko: Der Diesel-Anteil von Mercedes in Europa beträgt stolze siebzig Prozent.
Wie Daimler 2015 abgeschnitten hat
Absatz: 2,9 Millionen Fahrzeuge(2014: 2,5 Millionen Fahrzeuge)
Umsatz: 149,5 Milliarden Euro (2014: 129,9 Milliarden Euro)
Ebit: 13,5 Milliarden Euro (2014: 10,8 Milliarden Euro)
Überschuss nach Steuern: 8,9 Milliarden Euro (2014: 7,3 Milliarden Euro)
Dividende: 3,25 Euro je Aktie (2014: 2,45 Euro je Aktie)
Quelle: Geschäftsbericht Daimler
Absatz: 1,99 Millionen Fahrzeuge (2014: 1,722 Millionen Fahrzeuge)
Umsatz: 83,8 Milliarden Euro (2014: 73,6 Milliarden Euro)
Ebit: 8,226 Milliarden Euro (2014: 5,853 Milliarden Euro)
Umsatzrendite: 9,8 Prozent (2014: 8,0 Prozent)
Absatz: 502.500 Fahrzeuge (2014: 495.700 Fahrzeuge)
Umsatz: 37,6 Milliarden Euro (2014: 32,4 Milliarden Euro)
Ebit: 2,576 Milliarden Euro (2014: 1,878 Milliarden Euro)
Umsatzrendite: 6,9 Prozent (2014: 5,8 Prozent)
Absatz: 321.000 Fahrzeuge (2014: 294.600 Fahrzeuge)
Umsatz: 11,5 Milliarden Euro (2014: 10,0 Milliarden Euro)
Ebit: 0,9 Milliarden Euro (2014: 0,682 Milliarden Euro)
Umsatzrendite: 7,8 Prozent (2014: 6,8 Prozent)
Absatz: 28,100 Fahrzeuge (2014: 33.200 Fahrzeuge)
Umsatz: 4,1 Milliarden Euro (2014: 4,2 Milliarden Euro)
Ebit: 0,214 Milliarden Euro (2014: 0,197 Milliarden Euro)
Umsatzrendite: 5,2 Prozent (2014: 4,7 Prozent)
Verleaste oder finanzierte Fahrzeuge: 3,7 Millionen Fahrzeuge (2014: 3,3 Millionen Fahrzeuge)
Gesamtes Vertragsvolumen: 116,7 Milliarden Euro (2014: 99,0 Milliarden Euro)
Ebit: 1,619 Milliarden Euro (2014: 1,387 Milliarden Euro)
Eigenkapitalrendite: 18,3 Prozent (2014: 19,4 Prozent)
Dass Daimler zu stark auf den Diesel gesetzt hat, weiß auch Zetsche.
Sprung ins nächste Zeitalter wird Daimler viel abverlangen
Erst am Wochenende hat der Elektropionier Tesla gemeldet, für das neue „Model 3“ mehr als 270.000 Vorbestellungen eingesammelt zu haben. Bei Daimler setzt man zunächst auf Hybridfahrzeuge, einem Zwitter aus Verbrennungs- und Elektromotor. Tausende Vorbestellungen für seine Hybriden kann Zetsche aber nicht vermelden.
Einen echten Tesla-Gegner, ein Elektroauto mit einer Reichweite von mehr als 500 Kilometern, will Zetsche noch „vor Ende des Jahrzehnts“ auf den Markt bringen. Das Forschungs- und Entwicklungsbudget wird kräftig erhöht, die Batterieproduktion ausgebaut.
Zetsche will das Unternehmen ja noch lange führen, sein Vertrag ist bis Ende 2019 bereits verlängert. Und auch sein Ziehvater, der 73-jährige Manfred Bischoff lässt sich auf der Hauptversammlung sein Mandat um weitere fünf Jahre verlängern. 2021, so die Regie, könnte Zetsche Bischoff als Aufsichtsratschef ablösen, der designierte Entwicklungsvorstand Ola Källenius dann Konzernchef werden.
Dass der Sprung in die Elektromobilität, in die Digitalisierung und in das Autonome Fahren Daimler in den kommenden Jahren viel abverlangt, macht Zetsche den Aktionären klar. Möglicherweise sucht Daimler dabei die Zusammenarbeit mit großen US-Techkonzernen. Beim Kartendienst Here, den die Stuttgarter zusammen mit BMW und Audi von Nokia übernommen hatten, sprechen die drei Autobauer mit Amazon und Microsoft über eine Kooperation, sagte Daimler-Entwicklungschef Thomas Weber am Dienstagabend.





Dass die aktuellen Rekordzahlen das Unternehmen zu einer gewissen Trägheit verführen, dagegen will Zetsche vorbauen. „Es geht nun umso mehr darum, hungrig zu bleiben“, sagt der Daimler-Chef.