Drupa 2016 Gutenbergs digitale Erben

Die Druckmaschinenhersteller wollen mit Print 4.0 die langen Jahre der Krise endlich hinter sich lassen. Der Trend geht zu kleineren Auflagen und individuell bedruckten Produkten – mit ersten Erfolgen.

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Anbieter wie Heidelberger Druckmaschinen wollen die Jahre der Krise hinter sich lassen. Quelle: dpa

Düsseldorf Die neuen Möglichkeiten sind schier grenzenlos: Ob Fußbälle, Eishockeyschläger oder Motorradhelme – alles lässt sich mit persönlichen Motiven, Fotos oder Schriftzügen bedrucken. Vorbei die Zeiten, als die Unterlage möglichst plan und aus Papier bestehen sollte: Neu entwickelte Maschinen und Techniken eröffnen für die seit Jahren gebeutelte Druckbranche neue Perspektiven. „Wir kommen aus einer Tradition, in der immer das Gleiche schnell und günstig zu drucken war“, sagte am Montag Gerold Linzbach, Chef des weltgrößten Druckmaschinen-Herstellers Heidelberger Druckmaschinen in Düsseldorf. „Doch inzwischen hat sich bei den Kunden ein radikaler Wandel vollzogen.“

Denn der Trend geht hin zu deutlich kleineren Auflagen, Individualisierung und Schnelligkeit sind gefragt. Wie der Fußball, der kurz vor dem Geburtstag des Sohnes dessen Namen tragen soll und nur Stunden später fein bedruckt abgeholt werden kann. Das alles ist nur mit digitalen Druckverfahren und der Digitalisierung der gesamten Produktionskette vom Auftragseingang über Produktion und Logistik möglich: „Print 4.0“ nennt die Branche das und die Parallelen zu anderen Branchen, die an vernetzte Abläufe rund um „Industrie 4.0“ arbeiten, ist durchaus gewollt. Entsprechend hat Linzbach Heideldruck in den vergangenen drei Jahren stark auf Digitaldruck getrimmt. Erstmals zeigt der Konzern auf der am Dienstag startenden Messe Drupa seine komplette Digitaldruckfamilie, darunter als Spitzenmodell die erste Maschine im A1-Format, die zusammen mit Partner Fujifilm entwickelt wurde. Bis zu 1,5 Millionen Bögen druckt „Primefire“ pro Monat für die Verpackungsindustrie, dem inzwischen stärksten Wachstumsmarkt für die Druckbranche.

Noch tragen die digitalen Druckmaschinen nur rund drei Prozent zum Umsatz bei Heideldruck bei. Doch Linzbach erhofft sich hier neben dem Servicegeschäft überdurchschnittliche Wachstumsraten: In wenigen Jahren sollen die Maschinen, die auch einzelne Bögen zu vertretbaren Kosten drucken können, zehn Prozent des Umsatzes erwirtschaften. Damit will Heideldruck wie andere Anbieter die langjährige Krise mit Umbau, roten Zahlen und Jobabbau endgültig hinter sich lassen.


Erste Anzeichen für den Aufwärtstrend

Linzbach bekräftigte seine Prognose, künftig zwischen zwei und vier Prozent beim Umsatz zulegen zu wollen, die Ebitda-Marge erwartet er zwischen sieben und acht Prozent: „Unsere Weichen sind auf Wachstum und nachhaltige Profitabilität gestellt.“ Zuletzt erwirtschaftete Heideldruck 2,4 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2014/15.

Auch Konkurrent Koenig & Bauer bestätigt den jüngsten Aufwärtstrend: „Der Auftragseingang ist in diesem Jahr deutlich im Plus“, sagte Vorstandschef Claus Bolza-Schünemann, jüngst dem Handelsblatt. Er erwartet steigende Umsätze. Denn die Druckereien müssen nach Jahren der Abstinenz wieder investieren, um technologisch nicht zurückzufallen. Allein für 2016 erwartet der Branchenverband bvdm eine Zunahme der Investitionen um sieben Prozent. „Die Motive für den teilweise kräftigen Anstieg sind primär Ersatzbeschaffung, Kapazitätserweiterung und Rationalisierung“, heißt es bei den Druckern.

So steht auf der Drupa alles im Zeichen der Digitalisierung. Auf der inzwischen im Turnus von drei und nicht mehr vier Jahren stattfindenden Messe stellen von Dienstag an bis zum 10. Juni rund 1800 Firmen aus 54 Ländern aus der Druckereibranche aus.

Der jüngste Trend auf der Messe ist analog zum autonomen Fahren das autonome Drucken: Die Maschine wickelt alles eigenständig ab - vom Auftragseingang bis zur Papierbestellung oder den anstehenden Service. Der menschliche Kollege greift nur noch ein, wenn plötzlich Änderungswünsche auftauchen.

Denn nicht nur die Maschinenbauer, auch deren Kunden stecken im digitalen Wandel. So ging in den vergangenen 15 Jahren die Zahl der meist mittelständischen Betriebe in Deutschland bereits drastisch von 14.000 auf 8.500 zurück. Experten gehen davon aus, dass der Zwang zur Größe anhalten wird. „Unsere Kunden“, sagte auch Linzbach, „sind mehr und mehr Industriebetriebe und nicht mehr der Handwerker, der eine Kunst beherrscht.“

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