Erst ein als strahlender Erfolg gefeierter Verkauf, dann das Störfeuer aus Brüssel, von der Wettbewerbskommission der EU: ThyssenKrupp geht geschäftlich durch ein Stahlgewitter. Es ist erst ein paar Wochen her, da verkündete ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger den bevorstehenden Verkauf der gesamten Edelstahlsparte von ThyssenKrupp, zu dem beispielsweise die Traditionsmarke Nirosta gehört. Das Unternehmen will damit seine Gesundung einleiten, im vergangenen Geschäftsjahr häufte ThyssenKrupp unter dem Strich einen Verlust in Höhe von 1,8 Milliarden Euro auf.
Grund dafür war die Fehlinvestition von zwei Stahlwerken in Übersee, eines in Brasilien und eines in Alabama (USA). Aber auch die Edelstahlsparte mit ihren schwankenden Nickelpreise, den hohen Energiepreisen und die bisher nicht bereinigten Überkapazitäten drückte das Ergebnis des Essener Traditionskonzern unter Wasser.
Der Verkauf des Edelstahlgeschäfts an den staatlich dominierten, ebenfalls rote Zahlen schreibende Edelstahlkonzern Outokumpu sollte zumindest einen Ausweg aus dem Gewinn-Dilemma von ThyssenKrupp weisen. Der andere Ausweg ist erst vor wenigen Tagen bekannt gegeben worden. Die amerikanischen Stahlwerke stehen ab sofort zum Verkauf. Der brasilianische Erzkonzern Vale soll einer der Interessenten sein. Mit Outokumpu hatten die ThyssenKrupp-Manager einen Investor gefunden, der sich zutraute, das Geschäft zu sanieren.
EU-Kommission prüft eventuelle Monopolbildung
Die EU-Kommission bremst nun das Geschäft empfindlich aus. Der insgesamt 2,7 Milliarden schwere Deal mit den Finnen steht nun wieder in den Sternen, in diesen Tagen läuft eine vertiefte Prüfung des Geschäfts durch die Brüsseler Bürokraten an. Die EU-Kommission hegt den Verdacht, dass mit dem ThyssenKrupp-Edelstahlverkauf der finnische Konzern zu einem marktbeherrschenden Unternehmen in Europa wird, das künftig die Edelstahlpreise diktieren kann. Edelstahl befindet sich in fast allen Haushalts- und Gebrauchsgütern, würde also als Kostentreiber die Endkunden empfindlich treffen.
Bei ThyssenKrupp und Outokumpu hält man den Ball flach, „das war zu erwarten“, heißt es professionell nüchtern und bemüht unberührt. Doch eine Verzögerung des Deals könnte ThyssenKrupp schmerzlich treffen. Die Essener erwarten die Überweisung von einer Milliarde Euro in ihre Konzernkasse, dieser Baranteil war mit Outokumpu verhandelt worden.
Bei einem Schuldenstand von 6,5 Milliarden Euro benötigen die ThyssenKrupp-Manager jeden Cent für das Abschmelzen ihrer schweren Last. Das Unternehmen benötigt Geld für die Renovierung des Wachstumsgeschäfts, um praktisch den einzigen Motor, der noch läuft, warm zu halten. Das ist besonders das Technologie, das Anlagenbau- und das Aufzugsgeschäft. Große Verzögerungen aus Brüssel, die weit über den Herbst hinausgehen, kann sich ThyssenKrupp nicht leisten.