Elektroindustrie Kleine Firmen fallen bei der Digitalisierung zurück

Eine aktuelle Studie zeigt: In der Elektroindustrie beschleunigen die Großkonzerne die Digitalisierung, während sich die mittelständischen Unternehmen zurückhalten. Der Branchenverband fordert den Breitbandausbau.

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Eine Studie zeigt: Viele mittelständische Betriebe halten sich noch bei der Digitalisierung zurück. Quelle: dpa

Frankfurt Siemens hat es gerade erst vorgemacht: Am Montag gab der Elektrokonzern den Kauf des amerikanischen Industriesoftware-Spezialisten Mentor Graphics für 4,5 Milliarden Dollar (4,2 Milliarden Euro) bekannt. Die Neuerwerbung aus den USA soll den Umbau des Münchner Traditionskonzerns in ein Digital-Unternehmen noch einmal beschleunigen. Bei diesem Tempo der Konzerne wie Siemens oder Bosch - und deren finanziellen Möglichkeiten - kommen viele kleine Firmen der Elektroindustrie nicht mit. Das ergab eine am Dienstag in Frankfurt vorgelegte Studie von Fraunhofer ISI und IW Consult im Auftrag des Branchenverbandes ZVEI. „Die Digitalisierung des Mittelstandes ist eine große Herausforderung“, sagte der Präsident der ZVEI, Michael Ziesemer. Es bestehe die Gefahr, dass sich die Schere zwischen kleinen und großen Unternehmen öffne.

Mit gut 90 Prozent der Firmen unter 500 Beschäftigten ist die deutsche Elektroindustrie sehr mittelständisch geprägt. Schaffen diese Unternehmen den Anschluss nicht, drohen sie auch im internationalen Wettbewerb zurückzufallen. Wer sich dem Wandel nicht stelle, bekomme ein Problem, sagte Ziesemer. „Wir müssen dafür sorgen, dass die digitale Herausforderung auch von den kleinen Unternehmen angegangen wird. Die Digitalisierung ist eine Schicksalsfrage für die gesamte deutsche und europäische Industrie.“

Noch ist diese Botschaft bei vielen kleineren Firmen nicht angekommen. So richten gerade einmal 20 Prozent von ihnen laut der Studie ihre Firmenstrategie auf die digitale Transformation aus – gegenüber 45 Prozent bei den großen Unternehmen. Und während weniger als zehn Prozent der Großen den Nutzen der digitalen Vernetzung infrage stellt, sind es bei den kleinen Mittelständlern noch rund ein Fünftel.

Sie haben auch die größeren Bedenken, wenn es um das Thema Datensicherheit geht. Interessanterweise tun sich diese Unternehmen mit dem Wandel auch deshalb nicht leicht, weil die Konjunktur schon seit Jahren sehr stabil läuft. „Da fällt es schwerer, solche Hemmnisse zu überwinden“, sagte Klaus Mittelbach, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung. „Schließlich geht es darum, eine Technologie mit einer völlig neuen Denkweise einzubauen.“

Trotz dieser Widerstände sieht sich die deutsche Elektroindustrie insgesamt gut für das neue digitale Zeitalter gerüstet. So macht die Branche derzeit schon ein Fünftel ihrer Umsätze mit digitalen Produkten und Dienstleistungen – in fünf Jahren sollen es schon gut 40 Prozent sein. „Damit liegen wir im Branchenvergleich weit vorn, wir sind zudem wichtiger Impulsgeber für andere Industriezweige wie die Autoindustrie oder den Maschinenbau“, sagte Ziesemer. „Doch gesamtwirtschaftlich tröstet es nicht, besser als die anderen zu sein.“ So werden zwar schon jede Menge Maschinen und Automatisierungsanlagen mit Sensoren gespickt, um Daten zu generieren. Daraus jedoch neue digitale Geschäftsmodelle zu entwickeln – damit tut sich die Branche nach wie vor schwer.

Aber auch externe Probleme bremsen die digitale Transformation: So mahnte ZVEI-Präsident Ziesemer vor allem einen stärkeren Breitbandausbau mit deutlich höheren Daten-Übertragungsraten an, als derzeit von der Bundesregierung geplant. Die Unternehmen bräuchten ein industrietaugliches Internet, die von der Politik favorisierte Lösung, die alten Kupferkabel technologisch aufzurüsten um wenigstens Bandbreiten bis zu 100 Mbit pro Sekunde zu ermöglichen, sei „eine Sackgasse.“ „Wir brauchen eine gute Glasfaser-Infrastruktur für schnelle Latenzzeiten“, sagte Ziesemer. Diese unzureichende Infrastruktur schreibe das Ungleichgewicht zwischen großen und kleinen Unternehmen nur fest: „Konzerne können sich Standleitungen leisten, die kleinen Firmen sind auf das öffentliche Netz angewiesen.“

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