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Energiekonzern EnBW-Chef Villis verliert das Vertrauen und geht

Die Zahlen waren schlecht und die Chemie mit den staatlichen Eigentümern stimmte nicht. EnBW-Chef Hans-Peter Villis wirft hin. Jetzt braucht Deutschlands drittgrößter Versorger einen Nachfolger - und eine Neuausrichtung.

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Chef auf Abruf: Hans-Peter Villis in Stuttgart. Quelle: dpa

Karlsruhe Aus für Hans-Peter Villis. Nach monatelangen Gerüchten und heftiger Kritik an seiner Person verlängert der EnBW-Chef seinen Vertrag nicht. Am Schluss stolperte er nicht über die schlechten Zahlen nach dem Atomausstieg, sondern über den Unmut der grün-roten Landesregierung. Dabei sah es zum Anfang seiner Amtszeit als Chef des drittgrößten Energieversorgers in Deutschland noch gut aus.

Villis war Finanzchef der skandinavischen Konzerntochter EON Nordic in Malmö, bevor er im Oktober 2007 zur Konkurrenz nach Karlsruhe wechselte. Er folgte dem als laut und krawallig geltenden EnBW-Sanierer Utz Claassen. Sein ruhiger und pragmatischer Führungsstil wurde daher geschätzt. Zunächst versuchte er, die Interessen der beiden damaligen Hauptanteilseigner - des französischen Stromkonzerns EDF und des kommunalen Zweckverbands OEW - unter einen Hut zu bringen. Seine erste Jahresbilanz fiel beeindruckend aus.

Aus seiner Begeisterung für die Atomkraft hat der 53-Jährige nie einen Hehl gemacht: Sein Traum sei es, einmal ein Atomkraftwerk zu bauen, sagte er. Gleich nach seinem Amtsantritt war Villis bei der Bundesregierung vorstellig geworden, um für einen Aufschub des Atomausstiegs zu werben. Er forderte immer wieder deutlich längere Laufzeiten für Kernkraftwerke. „Ohne Atomkraft geht es nicht“, postulierte er in schöner Regelmäßigkeit. Zunächst hatten er und die anderen großen Energieversorger Erfolg: Die Bundesregierung beschloss im Oktober 2010, die Laufzeiten zu verlängern. Villis war zufrieden.

Ende 2010 kaufte das Land Baden-Württemberg unter Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) der EDF in einem ebenso spektakulären wie umstrittenen Deal deren EnBW-Aktienpaket für rund fünf Milliarden Euro ab. Damit wollte Schwarz-Gelb verhindern, dass der Energieversorger mit rund 21 000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 17,5 Milliarden Euro in ausländische Hände gerät.

Doch drei Monate später machte die Reaktorkatastrophe von Fukushima die hochfliegenden Pläne von Mappus zunichte. Der Wert der Aktien sank deutlich. Nach den Landtagswahlen übernahm Grün-Rot die Regierung.

Drei Tage nach der Reaktorkatastrophe in Japan verkündete die Bundesregierung zunächst ein Moratorium, danach das Aus für acht Atomkraftwerke und den stufenweisen Ausstieg aus der Atomenergie bis 2022. Block I der EnBW-Kraftwerke Neckarwestheim und Philippsburg wurden in der Folge stillgelegt. EnBW rutschte tief in die roten Zahlen.

Villis gab nun den geläuterten Befürworter der erneuerbaren Energien. Auf der Suche nach Rendite wollte er stark in Offshore-Windparks investieren. Bis zuletzt bemühte er sich intensiv um den Einstieg ins Gasgeschäft. Auf der Suche nach Kapital für dringend notwendige Investitionen in die Energiewende brachte er zuletzt einen Zuschuss der Hauptanteilseigner ins Spiel. Das Land und die OEW sollten mit einer Finanzspritze von je 400 Millionen Euro die Schlagkraft des Unternehmens stärken. Es gelang ihm zunächst, die OEW erneut auf seine Seite zu ziehen, das Vertrauen des Betriebsrats und der Arbeitnehmer sowie das gute Rating für EnBW zu behalten.

Nur mit der grün-roten Landesregierung wurde Villis nicht so recht warm. Auf seine Avancen bezüglich einer Kapitalerhöhung reagierten Kretschmann und Co. kühl. Seine Wandlung vom Atom-Saulus zum Öko-Paulus nahmen ihm seine Kritiker nicht ab. „Keine glaubwürdige Strategie“, lautete über Monate der Vorwurf. Wer als sein Nachfolger die neue Strategie ausarbeiten soll, ist offen.

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