Aktionäre verweigern Zustimmung Wieso Baumann wohl trotz Entlastungs-Desaster Bayer-Chef bleibt

Trotz Nicht-Entlastung kann Werner Baumann Vorstandsvorsitzender von Bayer bleiben. Auch viele Aktionäre selbst sehen das Votum als Denkzettel. Quelle: dpa

Einen solchen Fall hat es noch nie gegeben. Erstmals verweigerten Aktionäre – auf der gestrigen Bayer-Hauptversammlung – einem amtierenden Dax-Chef die Entlastung. Die Chancen, dass Bayer-Chef Werner Baumann seinen Job behält, stehen dennoch gut.

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Die Abstimmung geriet zum Desaster: 55 Prozent des anwesenden Grundkapitals verweigerten gestern Abend, kurz vor Mitternacht, Bayer-Chef Werner Baumann die Entlastung. Zuvor hatten die Anteilseigner auf der Hauptversammlung den massiven Kursverfall der Bayer-Aktien aufgrund der Glyphosat-Prozesse in den USA beklagt: Krebskranke Amerikaner machen den Unkrautvernichter für ihr Leid verantwortlich; Bayer ist deswegen in zwei Prozessen erstinstanzlich zu Millionenzahlungen verurteilt worden. Bayer bestreitet die Vorwürfe und geht gegen die Urteile in Berufung. Die Bayer-Aktie verlor im vergangenen Jahr um mehr als ein Drittel an Wert.

Das Votum gegen Baumann ist nun eine Zäsur; im vergangenen Jahr hatte die Zustimmung noch bei 97 Prozent gelegen. Dennoch stehen die Chancen gut, dass Baumann zumindest vorerst seinen Job behält. Eine rechtlich bindende Wirkung hat die Nicht-Entlastung nicht; sie gilt eher als Formalie. Baumann kann sich auch der Unterstützung des Aufsichtsrats, insbesondere des Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Wenning, sicher sein. Gleich nach dem Abstimmungsergebnis stellte sich der Aufsichtsrat geschlossen hinter den Vorstand.

In der Hauptversammlung hatten zudem mehrere Aktionärsvertreter klargemacht, dass sie der Bayer-Führung zwar einen Denkzettel verpassen, aber keine Personaldebatte auslösen wollten. „Ein neues Management würde das Chaos nur noch vergrößern“, sagte Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der Fondsgesellschaft Deka Investment. „Wir wollen keine Personaldebatte“, sagte auch Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz und forderte stattdessen: „Herr Baumann, ziehen Sie den Karren wieder aus dem Dreck.“

Drogeriemilliardär Dirk Roßmann, der privat gern in Aktien investiert, hat sich schon 2016 wegen der Monsanto-Übernahmepläne von seinen Bayer-Anteilsscheinen verabschiedet.
von Christian Schlesiger

Baumann wies den Vorwurf zurück, dass der Vorstand die Risiken der Monsanto-Übernahme nicht hinreichend geprüft habe – der Konzern legte dazu zwei Gutachten vor. Die Aktionäre sprachen indes im Zusammenhang mit der Monsanto-Übernahme und dem anschließenden Kurssturz von „Scherbenhaufen“, „Albtraum“ und „Katastrophe“.

Etliche Redner gingen auch Baumann direkt an. Der Konzernchef gilt nach dem Votum als angeschlagen. Und obwohl vieles dafür spricht, dass er seinen Job behält – ganz sicher darf er sich nicht fühlen. Manche Aktionärsvertreter verwiesen bereits in den Tagen vor der Hauptversammlung auf ähnliche Vorkommnisse bei der Deutschen Bank. Dort traten 2015 die damaligen Co-Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen kurz nach der Hauptversammlung zurück. Sie hatten lediglich 61 Prozent Zustimmung erhalten.

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