Mit dem Rückzug des schwer erkrankten ehemaligen Bundeswirtschaftsministers Werner Müller aus dem Evonik-Aufsichtsrat ist am Mittwoch der „letzte große Ruhrbaron“ abgetreten. Evonik-Chef Christian Kullmann würdigte in einer Rede die „strategische Weitsicht“ und „soziale Verantwortung“ des 71-Jährigen, der als bisheriger Vorstandschef des Evonik-Großaktionärs RAG-Stiftung das Kontrollgremium geleitet hatte.
Müller hatte im Februar vor dem Hintergrund seiner Erkrankung angekündigt, seine Ämter in der Revier-Wirtschaft niederlegen zu wollen. Als Anerkennung für seine Leistungen war er unter anderem zum Ehrenvorsitzenden des Aufsichtsrats ernannt worden. „Damit geht der letzte Ruhrbaron“, stellte Aktionärssprecher Ulrich Hocker von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz fest. Evonik-Chef Kullmann betonte: „Ohne Sie, Herr Müller, würde es Evonik nicht geben.“ Müller sei „Gründervater“ des Konzerns. „Sie sagten in Vorbereitung der Hauptversammlung zu mir, das Leben sei Dienst.“ Müller habe diesen Dienst auch für Evonik und das Ruhrgebiet „auf herausragende Art geleistet“.
Als Nachfolger für Müller im Kontrollgremium des Essener Chemiekonzerns stellte sich der bisherige Chef des Kohlekonzerns RAG, Bernd Tönjes, zur Wahl. Tönjes wechselt auch an die Spitze der RAG-Stiftung, die unter anderem dafür zuständig ist, dass nach der Beendigung des Bergbaus die dauerhaften Folgekosten nicht von der öffentlichen Hand bezahlt werden müssen. Tönjes würdigte, sein Vorgänger sei der „Architekt der Neuausrichtung“ gewesen.
Evonik-Chef Christian Kullmann will den Spezialchemiekonzern weiter umbauen. Er werde den „Weg des aktiven Managements unseres Konzernportfolios weiter beschreiten“, sagte er am Mittwoch bei der Hauptversammlung in Essen. Evonik war in den vergangenen Jahren auf Einkaufstour. Aktuell sucht er auch mit Hilfe der Investmentbank Barclays einen Käufer für das Methacrylat-Geschäft der Firma mit über 3000 Mitarbeitern. Kullmann hat angekündigt, Evonik zum „besten Spezialchemiekonzern der Welt“ machen zu wollen. Dazu will er das Unternehmen auch profitabler machen - die Ebitda-Marge soll mittelfristig von zuletzt 16 bis 18 Prozent auf 18 bis 20 Prozent steigen.
Wesentlich geformt hat Evonik der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Werner Müller. Er hatte ein Modell entwickelt, das vorsieht, dass die Essener RAG-Stiftung vor allem mit ihrer Beteiligung Evonik für Folgekosten des auslaufenden Steinkohlebergbaus in Deutschland aufkommt. Die Stiftung hält rund 68 Prozent der Aktien des Konzerns.