Expansion im Schweinsgalopp Der Aufstieg der Zur-Mühlen-Gruppe

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Angeschlagene Unternehmen kaufen, sanieren und schnelle Umsätze generieren

2006 macht zur Mühlen den nächsten großen Schritt auf dem Weg zum Wurstprimus: Er schluckt den Bremer Hersteller Könecke mit Fabriken in Bremen, Delmenhorst, Satrup und im polnischen Slubice. Könecke wiederum hatte erst wenige Jahre zuvor Redlefsen (Slogan: „Die Würstchen mit dem Reißverschluss“) übernommen.

Zur Mühlens Geschäftsmodell: insolvente oder angeschlagene Unternehmen kaufen, sanieren und über seine großen Kunden aus dem Lebensmittelhandel schnell Umsätze generieren. Bis auf die Könecke-Übernahme seien fast immer nur sehr niedrige Kaufpreise bezahlt worden, weiß ein Kenner der Branche. So zimmert zur Mühlen, der im August 70 Jahre alt wird, in weniger als einem Jahrzehnt aus dem Nichts einen der führenden europäischen Wursthersteller mit einem Umsatz von heute rund 700 Millionen Euro und 2200 Mitarbeitern.

Rohstoffe wie Schweinehälften kaufen die Wurstfabriken der Zur-Mühlen-Familie von den Schlachthöfen der Tönnies-Gruppe. Mit wachsender Unternehmensgröße wird zur Mühlen zu einem der wichtigsten Kunden von Fleischkönig Clemens Tönnies. Doch mit der rasanten Expansion verhebt sich zur Mühlen Mitte der 2000er-Jahre. Der Shootingstar ist schwer angeschlagen.

Tönnies erkennt das Risiko: Ihm droht einer seiner wichtigsten Abnehmer wegzubrechen. Daraufhin soll er seine Neffen und Miteigentümer Robert und Clemens jr. informiert haben. Finanziell zu riskant, befand der Testamentsvollstrecker von deren 1994 verstorbenem Vater Bernd Tönnies und lehnte eine Übernahme ab.

Fortan steckt Clemens sein eigenes Geld in den Wurstladen und löst damit für seinen Freund und Geschäftspartner Peter zur Mühlen gleich zwei Probleme. Er hilft ihm aus der akuten Klemme und regelt ihm dabei auch noch die Unternehmensnachfolge: Zur Mühlens Kinder sind zu jung oder zeigen kein Interesse.

2011 veröffentlicht zur Mühlen ein kurzes Statement. Darin kündigt er an, er wolle in drei Jahren die Weichen für ein auch in der Zukunft erfolgreiches und im Sinne der Kunden starkes Unternehmen gestellt haben. „Mit dem weiteren Engagement von Clemens Tönnies sehe ich die Unabhängigkeit meines Unternehmens gesichert.“ Mittlerweile hat Tönnies die Zur-Mühlen-Gruppe komplett übernommen, Peter zur Mühlen ist Geschäftsführer. Und die Expansion im Schweinsgalopp geht weiter: Vor wenigen Wochen verspeiste zur Mühlen den Geflügelwursthersteller Nölke aus dem westfälischen Versmold mit der Marke Gutfried.

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