Expansion im Schweinsgalopp Der Aufstieg der Zur-Mühlen-Gruppe

Für das Wurstkonglomerat der Zur-Mühlen-Gruppe mit Marken wie Böklunder, Redlefsen und Gutfried war ein Umbau überfällig – der nun auch die Flucht vor der 120-Millionen-Euro-Kartellstrafe ermöglichen könnte.

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Peter zur Mühlen Quelle: Presse

Marktführer bei verpackter Wurst in den Theken deutscher Supermarktketten und Discounter ist die Zur-Mühlen-Gruppe. Böklunder, Könecke, Redlefsen, Gutfried und Co. sind aber zugleich ein unüberschaubares Sammelsurium aus zusammengebastelten Fabriken, Verwaltungen, Einkaufsgesellschaften oder Vertriebsorganisationen.

„Die Zur-Mühlen-Gruppe war ein über Jahre zusammengekauftes Konglomerat mit einem verschachtelten Konzernaufbau. Dieser Aufbau war nicht mehr flexibel und zeitgemäß“, sagt Matthias Blaum, Partner in der Anwaltskanzlei Hengeler Mueller in Düsseldorf. Synergien blieben ungenutzt, Einsparmöglichkeiten ebenso.

Die größten Kartelle

Die Kanzlei hat die ehemaligen und jetzigen Eigentümer, Peter zur Mühlen und Clemens Tönnies, bei der gesellschaftsrechtlichen Renovierung der Gruppe beraten, die Anfang 2014 startete und schon Ergebnisse brachte: Mittlerweile gibt es eine zentrale Einkaufsgesellschaft, eine Gesellschaft für das Markengeschäft und ein zentrales Unternehmen für den Verkauf. Und alle Wurstfabriken können nun für die Produktion aller Marken und Handelsmarken genutzt werden. „Zur Mühlen ist jetzt anders aufgestellt und kommt dem Idealbild eines modernen Konzerns schon sehr nahe“, sagt Blaum.

Nebeneffekt der Umbauten im Konzern: Die gegen Könecke und Böklunder verhängte Kartellstrafe in Höhe von rund 120 Millionen Euro könnte ins Leere laufen, da die Adressaten des Bußgeldes aufgelöst sind (siehe Grafik). Denn sonst könnte es für Zur Mühlen eng werden. Die Eigenkapitalquote lag 2012 – neuere Zahlen sind nicht verfügbar – nur noch bei knapp über fünf Prozent, die Verbindlichkeiten summierten sich auf mehr als 220 Millionen Euro.

Wurstfabrikant Tönnies will Bußgelder des Kartellamts umgehen.

Peter zur Mühlen, der Mann, der dem Würstchenimperium seinen Namen gab, ist ein Urgestein in der Fleischbranche und einer der großen Unbekannten in der deutschen Lebensmittelindustrie. Von ihm gibt es kaum Fotos, keine Interviews und nur spärliche Informationen über seinen beruflichen Werdegang.

Mit Mitte 20 heuert zur Mühlen beim westfälischen Wursthersteller Stockmeyer an. Rund 20 Jahre arbeitet er dort, 10 Jahre davon im Vorstand. 1991 wechselt zur Mühlen zum Joghurthersteller Onken nach Moers, an dem er sich mit zehn Prozent beteiligt. Sieben Jahre später, Anfang 1998, trennen sich Knall auf Fall die Wege von zur Mühlen und Onken. Wenige Monate später übernimmt zur Mühlen den Bockwursthersteller Böklunder-Plumrose aus Böklund bei Flensburg. 2002 kommt der Salami-Spezialist Schulte aus Dissen am Teutoburger Wald hinzu. Der wiederum hat den ostdeutschen Wursthersteller Zerbster im Gepäck.

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