Exportstopp von Palmöl Kommt jetzt die große Keks-Krise?

Das Aachener Unternehmen Lambertz verwendet nachhaltiges Palmöl für Schokolade und Gebäck. Quelle: dpa

Indonesien will kein Palmöl mehr exportieren. Noch haben die Hersteller von Nutella, Schokoladen und Keksen genügend Vorräte. Doch ein längerer Exportstopp könnte zu Produktionsausfällen führen – und die Preise treiben.

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Für Nutella ist Palmöl die zweitwichtigste Zutat, nach Zucker. Rund 20 Prozent der Nutella-Gläser sind mit dem Pflanzenfett gefüllt. Und auch bei Schokolade, Keksen, Tiefkühlpizzen, Fertigsuppen, selbst bei Hautcreme und Waschmittel tauchen in der Zutatenliste häufig Palmöl oder daraus gewonnene Fettsäure und Fettalkohole auf. Und auch als Energiequelle, etwa für Biotreibstoffe, spielt Palmöl eine entscheidende Rolle.

Die Industrie hat nun Grund zur Sorge: Denn Indonesien, der weltgrößte Lieferant von Palmöl, will den Export des begehrten Rohstoffs ab heute teils stoppen. Das Land ist das wichtigste Anbaugebiet für Ölpalmen, aus deren Kernen das begehrte Pflanzenfett gewonnen wird. Indonesien dominiert 58 Prozent des weltweiten Handels – und ist auch für Konzerne in Deutschland ein wichtigerer Zulieferer.

Dabei hat Palmöl keinen guten Ruf. Für Ölpalmenplantagen muss häufig Regenwald weichen, damit schwindet auch der Lebensraum für viele Tiere. Und bei der Raffinerie des Öls können Schadstoffe entstehen, die möglicherweise krebserregend sind, warnt auch die Verbraucherzentrale.

Trotzdem importierten deutsche Unternehmen nach Daten des Statistischen Bundesamts im Jahr 2020 rund 350 Millionen Tonnen rohes Palmöl. Die Mengen sind damit zwar stark gesunken – noch vor neun Jahren lag der Import bei etwa einer Milliarde Tonnen. Doch noch immer ist Palmöl einer der wichtigen Rohstoffe für Süßwarenhersteller und Fertigprodukte – und Indonesien eins der wichtigsten Exportländer.

Obwohl der Exportstopp bereits am Donnerstag in Kraft tritt, herrscht Unklarheit bei den Unternehmen, welche Produkte der Bann trifft. Ursprünglich hatte Indonesien angekündigt, nur den Export von verarbeitetem und gebleichtem Palmöl zu stoppen, sogenanntes Palmolein. Am Mittwoch erklärte der indonesische Wirtschaftsminister jedoch, dass sowohl unverarbeitetes Palmöl, als auch raffinierteres Palmöl und gebrauchtes Kochfett von dem Bann betroffen sind, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters.

Für die Lebensmittelindustrie ist das keine gute Nachricht. Allein der Keksproduzent Lambertz verbraucht im Jahr über 1000 Tonnen Palmfett. Das Palmöl stamme ausschließlich aus nachhaltigem Anbau, versichert der Keksbäcker und komme sowohl aus Indonesien als auch aus Malaysia.
Trotzdem warnt Lambertz: „Sollte es jedoch zu einem Exportstopp von Palmöl kommen, hätte dies sicherlich auch dramatische Folgen für unsere Produktionen und Sortimente, da Palmöl ein wichtiger Grundstoff für viele unserer Rezepturen und Produkte ist.“ Auch mit Produktionsausfällen wäre dann zu rechnen.

Die Ankündigung Indonesiens, kein Palmöl mehr auszuführen, hat weltweit für Aufruhr gesorgt. Auch andere Speiseöle erklimmen ungeahnte Preisniveaus. Die neue Ölkrise auf einen Blick.
von Andreas Menn

Der Schokoladenkonzern Alfred Ritter, Hersteller von Ritter Sport setzt zwar in seinen Tafeln kein Palmfett ein, sondern ausschließlich Kakaobutter. Doch für Schokoladenfüllungen verwendet das Unternehmen durchaus zertifiziertes Palmfett. „Das betrifft rund ein Drittel unserer Sorten“, erklärt der Konzern. „Im Moment sehen wir für uns die Versorgungssicherheit gewährleistet“, so eine Sprecherin. „Wie sich die Beschränkungen gegebenenfalls langfristig auswirken können, bleibt abzuwarten.“

Auch Nutella-Hersteller Ferrero sieht noch keine Engpässe: „Indonesien ist zwar weltweit ein wichtiges Herkunftsland für Palmöl, aber Ferrero bezieht derzeit mehr als zwei Drittel seines Palmöls aus Malaysia“, so der Konzern. Der britische Konsumriese Unilever, der in Deutschland etwa Langnese-Eis, Knorr-Tütensuppen oder Dove-Duschgel verkauft, prüft bereits den Bezug von Alternativen. „Derzeit verfügen wir über ausreichende Vorräte, um unseren Bedarf zu decken. Wir rechnen nicht mit unmittelbaren Produktionsengpässen“, erklärt Unilever.

Mit höheren Preisen aber rechnen viele Hersteller. Etwa Nivea-Produzent Beiersdorf, der Palmöl etwa zu Fettsäuren für Kosmetikprodukte verarbeitet: „Die Lage in Indonesien ist dynamisch und wir gehen davon aus, dass das Exportverbot zu signifikant steigenden Preisen für Palmöl und andere Pflanzenöle führen kann“, so Beiersdorf.

Und auch der Printen- und Keksbäcker Lambertz warnt vor höheren Preisen. Indonesien als Palmöllieferant zu ersetzen, sei kaum möglich. Denn auch andere pflanzliche Öle sind knapp. „Aufgrund des Ukraine-Krieges stellt Sonnenblumenöl zurzeit keine mengenmäßige Alternative dar. Dies gilt auch für Rapsöl, da viele Abnehmer von Sonnenblumenöl auf Rapsöl ausgewichen sind.“ Höhere Kosten „sind vorprogrammiert“, warnt der Konzern.

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Das ist auch das Hauptargument der indonesischen Regierung für den Exportstopp. Die Regierung will damit die Preise für Speiseöle im eigenen Land senken. Und zwar schnell. Die Mehrheit der 270 Millionen Einwohner und Einwohnerinnen des Landes ist muslimischen Glaubens, für einen Großteil der Bevölkerung endet am Wochenende der Fastenmonat Ramadan. Für das Fastenbrechen, einen der höchsten islamischen Feiertage, steht bei den meisten Familien ein Festmahl an. Und zum Kochen, Braten und Frittieren verwenden die Indonesier Palmöl. Die Regierung kündigte daher an, der Exportstopp solle so lange gelten, bis der Preis für Speiseöle wieder auf unter 14000 Rupiah pro Liter gesunken sind – umgerechnet sind das etwa 90 Cent.

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