Es geht weiter bergab. Seit neun aufeinanderfolgenden Quartalen schrumpft der Gewinn bei Exxon Mobil. Der nach Marktwert weltgrößte börsennotierte Ölkonzern hat im vergangenen Jahr nur noch einen Ertrag von rund 7,8 Milliarden Dollar erwirtschaftet. Im Vergleich zu 2015 hat sich der Gewinn des Ölmultis damit halbiert. Einer der Gründe: Der Konzern musste Wertminderungen in der Höhe von rund zwei Milliarden Dollar auf Gasexplorationsprojekte in den Rocky Mountains im Westen Nordamerikas vornehmen.
Parallel zum Gewinnschwund ist der Umsatz von Exxon 2016 um gut 15 Prozent eingebrochen. Die Bilanz des Konzerns, der ganz Amerika mit Öl und Benzin versorgt und in Deutschland mehr als 1000 Tankstellen unter der Marke Esso betreibt, leidet weiterhin darunter, dass ein Barrel Rohöl (159 Liter) mit rund 55 Dollar nur mehr halb so viel wert ist wie noch Mitte 2014. Seit Herbst vergangenen Jahres haben sich die Ölpreise aber zumindest auf einem Niveau von mehr als 50 Dollar stabilisiert. Die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) hatte damals beschlossen, ihre Fördermengen zu kürzen, um die Talfahrt der Preise zu stoppen.
Darren W. Woods, der erst Anfang Januar an die Konzernspitze von Exxon gerückt ist, sieht das Unternehmen trotz allem „gut positioniert“, um die eigenen Aktionäre auf lange Sicht mit hohen Dividendenauszahlungen beglücken zu können. Auch wenn es Woods nicht direkt anspricht, dürfte sein Optimismus auch darauf beruhen, dass seit Kurzem Donald Trump im Weißen Haus das Sagen hat. Denn der neue Präsident ist ein Glücksfall für Exxon Mobil.
Nicht nur sitzt mit Rex Tillerson bald der ehemalige Vorstandschef des Konzerns als Außenminister im Kabinett. Mit Rick Perry hat Trump zudem einen Energieminister berufen, der einst Gouverneur des Bundesstaates Texas war – der Hochburg der US-Ölindustrie schlechthin, in der auch Exxon beheimatet ist. Alle Drei – Trump, Tillerson und Perry – sind erklärte Anhänger von fossilen Energieträgern wie Öl, Gas und Kohle. Erneuerbaren Energien wie Solar- und Windkraft steht das Trio hingegen skeptisch gegenüber.
Exxon kann nun darauf hoffen, von einer sehr industriefreundlichen Politik des neuen US-Kabinetts zu profitieren – zumal Trump keinerlei Zeit verliert. Der 45. Präsident der Vereinigten Staaten erließ bereits in seiner ersten Amtswoche eine Rekordanzahl von 17 sogenannten „Executive Orders“ oder „Presidential Memoranda“. In beiden Fällen handelt es sich um Anweisungen des Präsidenten an die Regierungsbehörden, die sich nur hinsichtlich von Formalitäten unterscheiden. Zum Vergleich: Frühere Präsidenten wie Bill Clinton oder George W. Bush unterschrieben in ihrer ersten Amtswoche lediglich eine Handvoll solcher Erlässe.
Wie viele Deutsche Trumps Vorschläge auch bei uns gerne verwirklicht sähen
Die Deutschen mögen Donald Trump nicht. Nur wenige Prozent hätten für den Republikaner gestimmt, ergaben Umfragen vor der US-Wahl. Doch ist ihnen womöglich nur der Mensch zuwider, nicht sein Programm? Und fürchtet die überwiegende Mehrheit, dass Trump ein gefährlicher Präsident wird? Eine aktuelle Ipsos-Umfrage im Auftrag der WirtschaftsWoche liefert dazu erstaunliche Erkenntnisse.
Auf die Frage, welche Trump-Vorhaben die Deutschen auch hierzulande gerne umgesetzt sähen, antworteten satte 56,3 Prozent, sie wollten die Abschiebung aller illegalen Ausländer.
34 Prozent der Befragten stimmen Trumps Forderung nach mehr Durchgriffsrechten für die Polizei zu.
Immerhin 30,6 Prozent wünschen sich weniger Einkommensteuer.
26,2 Prozent wünschen sich gar eine strikte Einreiseregulierung für Muslime.
Die Ablehnung der Deutschen gegen Freihandelsabkommen wie TTIP oder TPP zeigt sich auch in dieser Umfrage. 19 Prozent sähen auch hierzulande gerne ein Ende/Neuverhandlung der Freihandelsabkommen.
15 Prozent der Befragten sind für den Aufbau engerer Beziehungen zu Putins Russland.
Die Erbschaftsteuer sähen 13 Prozent der Befragten auch in Deutschland gerne abgeschafft.
Immerhin 4 Prozent wünschen sich eine Einführung von (Schutz-)Zöllen für Importe.
Mehrfach drohte der designierte US-Präsident mit dem Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen. Nur 2 Prozent der Befragten sind für einen Austritt beziehungsweise Rückzug aus dem Klimavertag.
17 Prozent der Befragten ist nicht nur die Person Donald Trump zuwider. Auch das Programm des Republikaners stößt auf Ablehnung.
Gemessen an der Ablehnung seiner Person, sehen die Bundesbürger Trumps Rolle in der Welt noch vergleichsweise milde. 57,2 Prozent der Deutschen gehen davon aus, Trump werde vom Weißen Haus aus die Welt politisch destabilisieren.
55,9 Prozent erwarten negative Auswirkungen für Deutschland.
Zu den möglichen Folgen für die USA ist die Skepsis viel größer: Nur 12,2 Prozent sagen, Trump werde die internationale Position seines Landes nachhaltig verbessern.
Nicht wenige von Trumps Dekreten drehen sich um Wirtschaftsfragen. So sollen Infrastrukturprojekte schneller abgesegnet werden und Umweltfragen eine geringere Rolle spielen als bisher. Das Gleiche gilt für die verarbeitende Industrie. Fabriken sollen schneller grünes Licht erhalten. Zudem hob Trump das Nein seines Vorgängers Barack Obama zum Bau von umstrittenen Ölpipelines wie Dakota Access oder Keystone auf. Insgesamt legt Trump seinen Fokus voll auf billige Energie als Jobmotor und hat angekündigt, weitere Regulierungen im Energiebereich zu lockern oder temporär völlig aufzuheben.
„Amerikanische Ölindustrie würde massiv profitieren“
Amerikanische Unternehmen will Trump mit einer Steuerreform stärken und so vor unliebsamen Konkurrenten aus dem Ausland schützen. Konkret soll der Unternehmenssteuersatz von derzeit 39 auf 20 Prozent abgesenkt werden. Exporte von US-Firmen sollen zudem von der Steuer völlig ausgenommen werden.
„Sollte US-Präsident Donald Trump seine Steuerpläne umsetzen können, würde die amerikanische Ölindustrie davon massiv profitieren“, sagte Jan Edelmann dem Handelsblatt. Der Ölmarkanalyst der HSH Nordbank ist überzeugt, dass jedes Unternehmen, das in den USA Öl oder Gas aus dem Erdboden pumpt, schlagartig wettbewerbsfähiger wäre, wenn die Unternehmenssteuern sinken, Genehmigungsverfahren beschleunigt und regulatorische Auflagen teils entfallen würden.
Da nur der Bezug von Rohöl aus dem Inland steuerlich absetzbar wäre, hätten Konsumenten und weiterverarbeitende Gewerbebetriebe einen hohen Anreiz, statt auf importiertes Öl auf Rohstoffe zurückzugreifen, die in den USA produziert werden. Insbesondere die amerikanische Schieferölindustrie, die mithilfe neuer Fördermethoden Öl aus dem Boden presst, dürfte überproportional von Trumps Deregulierungs- und Steuervorhaben profitieren.
„Weil die Fracking-Industrie schneller auf sinkende Kosten oder steigende Preise mit einem Ausbau der Förderkapazitäten reagieren kann, ist diese dazu in der Lage, die Förderung sehr kurzfristig hochzufahren“, erklärt Edelmann. Für den Branchenkenner ist aber klar: „Auch vertikal integrierte Ölkonzerne können auf positive Effekte hoffen“.
Nicht zuletzt für Exxon Mobil sind das sehr erfreuliche Nachrichten. Schließlich nimmt die Bedeutung der USA als Produktionsland für den texanischen Ölriesen stetig zu. Bereits 2009 kaufte Exxon mit XTO Energy einen der führenden amerikanischen Schiefergasproduzenten. Und im Januar 2016 erwarb Exxon für 5,6 Milliarden Dollar Schieferölunternehmen, die im Permischen Becken in Texas und New Mexico wertvolle Bohrrechte besitzen.
„Fracking wird zu Amerikas Unabhängigkeit von ausländischer Energie führen“, schrieb Donald Trump schon 2012. Unter seiner Ägide soll die amerikanische Energiewirtschaft wieder erstarken. Setzt Trump seine Pläne weiter wie angekündigt um, steht Exxon und der amerikanische Ölindustrie insgesamt ein Aufschwung bevor.
Die Leidtragenden von Trumps Plänen lassen sich freilich ebenso schnell beim Namen nennen: russische Ölkonzerne oder Opec-Förderländer wie Saudi Arabien. „Im Vergleich zu ihren amerikanischen Konkurrenten würden sie an Wettbewerbsfähigkeit verlieren“, hält HSH-Nordbank-Analyst Edelmann fest.