FDA rügt Pharmaproduktion US-Arzneiaufsicht verwarnt Bayer wegen zahlreicher Qualitätsmängel

Qualitätsprobleme in der Produktion könnten das Ergebnis von Bayer belasten. Das kann der Konzern vor der Monsanto-Übernahme gar nicht gebrauchen.

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US-Arzneiaufsicht verwarnt Bayer wegen einiger Qualitätsmängel Quelle: dpa

Leverkusen, Frankfurt Das Schreiben aus den USA an Werner Baumann hat es in sich: Mitte November 2017 bekam der Bayer-Chef Post von der amerikanischen Arzneiaufsicht. In dem Schreiben, das die FDA jetzt veröffentlichte, werden zahlreiche Qualitätsmängel in der Bayer-Produktion in Leverkusen aufgelistet. Die US-Behörde wirft dem Konzern vor, er habe nach einer ersten Beanstandung nicht ausreichend für Besserung gesorgt.

Einen „Warning Letter“, wie ihn Bayer nun erhalten hat, ist die zweite von drei Eskalationsstufen, mit denen die FDA auf Qualitätsmängel bei Pharma- oder Nahrungsmittelhersteller reagieren kann. Fällt auch die Reaktion auf den Warnbrief unbefriedigend aus, kann die Behörde den Import der betroffenen Produkte in die USA stoppen und auch die Zulassung von neuen Arzneien verweigern. Das würde Bayer empfindlich treffen. Denn der US-Markt hat erhebliche Bedeutung für das Pharmageschäft des Konzerns.

Bayer bestätigte am Mittwoch den Erhalt des Warning Letters. Derzeit liefen in den Produktionsanlagen an der Kaiser-Wilhelm-Allee in Leverkusen „Korrekturmaßnahmen und Modernisierungsarbeiten“, wie der Konzern mitteilte. Deswegen könne es „zu vorübergehenden Versorgungsunterbrechungen kommen, die unser reifes Produktportfolio betreffen“, heißt es weiter.

Betroffen sind vor allem die Herstellung des Potenzmittels Levitra und des Blutdrucksenkers Adalat Oros. Beides gehören nicht zu den Hauptumsatzbringern des Pharmageschäfts. Doch allein mit Adalat erzielte Bayer im Jahr 2016 einen Umsatz von 624 Millionen Euro. Der Konzern will die Unterbrechungen in der Versorgung möglichst gering halten.

Dennoch geht der Konzern selbst von negativen Folgen für den Gewinn 2018 aus. Eine Prognose für das laufende Jahr wird Bayer bei der Bilanzpressekonferenz Ende Februar abgeben. Darin sollen die „wirtschaftlichen Auswirkungen“ der aktuellen Produktionsprobleme berücksichtigt werden. Die Schätzungen der Analysten variieren. Die Schweizer Bank UBS hält die Auswirkungen für überschaubar. Peter Verdult von der amerikanischen Citibank geht dagegen davon aus, dass die Belastung für den Betriebsgewinn (Ebitda) in diesem Jahr bis zu 300 Millionen Euro betragen könnte.

Das wäre für Bayer zwar locker verkraftbar. Schätzungen zufolge lag der Betriebsgewinn von Bayer im vergangenen Jahr bei neun Milliarden Euro. Dennoch wäre es ein Nadelstich für die erfolgreiche Pharmasparte, die schon länger die tragende Säule für das Wachstum von Bayer ist. Sie soll diese Rolle auch im kommenden Jahr tragen, wenn Bayer die Übernahme von Monsanto stemmen will. In den nächsten sechs Wochen wird mit einer Entscheidung der Kartellbehörden über die Fusion gerechnet.

In ihrem Blauen Brief listet die FDA „signifikante Verletzungen geltender Standards für die gute Herstellungspraxis von Arzneien auf“. Inspektoren der Behörde hatten diese Qualitätsmängel bei einem Besuch in Leverkusen bereits im Januar 2017 festgestellt. Seitdem arbeitet Bayer an der Behebung.

Die Mängel werden darin detailliert aufgelistet: So monieren die FDA-Inspektoren, dass die Reinigungspraxis unzureichend sei. Sie fanden Rückstände auf Oberflächen von Produktionsmaschinen. Zudem bemängeln sie, dass Bayer in ihren Augen keine adäquate Einheit zur Qualitätskontrolle installiert habe. Bayer selbst betont, dass keinerlei Hinweise vorliegen, nach denen die Patientensicherheit gefährdet war oder ist.

Mit ähnlichen Problemen kämpfte vor fünf Jahren auch der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim, die Nummer zwei der deutschen Arzneimittelindustrie. Auch bei Boehringer beanstandete die FDA schwerwiegende Mängel in der Produktion und der Qualitätskontrolle. Der Vorfall kostete damals den Produktionschef von Boehringer den Job und zwang den Ingelheimer Konzern zu einer aufwendigen Restrukturierung seines Qualitätssicherungs-Systems.

Insgesamt stellt die FDA jährlich mehrere Hundert solcher Warning Letters aus. Betroffen davon sind überwiegend kleinere Firmen und Vorlieferanten der Pharmahersteller. Aber auch bei großen Pharmakonzernen wie Pfizer, Glaxo-Smithkline und Sanofi hat die FDA in den vergangenen Jahren mehrfach gravierende Mängel moniert. Unter den deutschen Herstellern erhielt im Dezember auch Fresenius Kabi einen Warnbrief wegen Mängeln in der Qualitätssicherung. Allerdings ging es dabei um eine kleinere Produktionsstätte in Indien, nicht wie im Falle Bayer um das Stammwerk in Deutschland.

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